Erwachsenen-Abend

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Erwachsenen-Abend

Erwachsenen-Abend

Anita Isiris

Der Uhrzeiger rückte gegen 16:00 Uhr. Einige Mütter im geräumigen Verpflegungsraum rückten ihren Still-BH zurecht und wickelten ihre Säuglinge liebevoll in Selbstgestricktes. Dann legten sie sie in breiträdrige Kinderwagen, die mit Alpaca-Fell ausgestattet waren. Warm, gemütlich. Währenddessen tobten die älteren Kinder noch um die Tische herum und mussten mühevoll eingesammelt werden. Was zurückblieb, waren klebrige Tischplatten, übersät mit Schokokuchenkrümeln, verunziert mit Cola-Lachen, die auf den Boden zu tropfen drohten. Dieser war ebenfalls klebrig, es lagen Papiertaschentücher herum und Wasserpfützen bahnten sich den Weg zum Ausgang hin. Relikte eines Kindernachmittags in der brandneuen Trampolinhalle. Es schneite. Von da rührten die Pfützen.

Maryam, eine hübsche, etwa 30jährige Mutter, nahm soeben ihre kleine Aneke von der Brust. Der Mann am Tresen tat sich schwer, seinen Blick von der weissen Haut und den üppigen Rundungen von Maryams Milchbusen zu trennen. Ihre Nippel standen wie Bleistifte und glänzten im Neonlicht. Aneke war satt und legte ihren schwarzgelockten Babykopf zur Seite. Maryam war sich des Beobachters nicht bewusst, für sie war Stillen in der Öffentlichkeit das Natürlichste der Welt, und sie war in Gedanken ganz bei Rainer, ihrem Göttergatten, der sie jeden Moment mit dem neuen Auto abholen würde. Auch sie brachte letztlich ihren crèmefarbenen Still-BH in Position, schob ihr Unterhemd über die gewaltigen Brüste und machte sich und ihr Baby bereit für den Nachhauseweg.

Maryam war aber nicht nur wegen ihres Mannes so gedankenverloren. Was sie beschäftigte war die fixe Idee ihres Gatten, sie beide an einen «Trampolinabend für Erwachsene» anzumelden. Die Geschäftsidee war Hermann Hubert, dem Besitzer des Gebäudes, wie ein Blitz durch den Kopf gezogen. Das Konzept der Trampolinhalle war ausgesprochen einträglich: Familien konnten sich einmieten, mit 15 Euro pro Kind. Die Kids durften sich dann für diesen Betrag eine Stunde lang auf unterschiedlichsten Sprungflächen austoben. Die Zeit liess sich natürlich verdoppeln oder verdreifachen, ebenso wie der Preis. Unterdessen sassen die Eltern in besagtem Verpflegungsraum, süffelten Champagner, Kaffee oder Tee und beobachteten ihre Kinder durch riesige Plexiglasscheiben. «Wie Aquariumsbesucher», war die am häufigsten gehörte Bemerkung. Es hatte wohl schon etwas mit diesem Aquarium, in dem sich, Fischen gleich, Kinder zwischen 5 und 14 Jahren auf bunten Sprungmatten, Trampolinen und sonstigen Gerätschaften tummelten, in glitzernden Gymnastik-kleidern, seltenen Zierfischen gleich. Auch ein riesiges Holzrad gab es da, in das man sich einspannen lassen und Runden auf dem quietschenden Hallenboden drehen konnte.

Die Blitzidee, die Hermann Hubert durchzuckt hatte, war folgende: abends, ab 20:00 Uhr, wenn draussen erste Sterne glühten und es bitterkalt war, würde er die Halle für Erwachsene öffnen. Das Geschäftsmodell würde exakt dasselbe sein wie das mit den Kindern, nur würde er pro Stunde nicht 15, sondern gleich 30 Euro verlangen. Dort war allerdings eine Champagner-flûte mit inbegriffen.

«Für Erwachsene» hatte schon im Begriff etwas Anrüchiges, Verruchtes, sexuell Gefärbtes… und das war Hermann Huberts Geschäftsidee: Es würde den Erwachsenen, meist wohl Bewohner der nahegelegenen Agglomeration, gestattet sein, kleiderlos, also nackt, auf den Trampolinen herumzuturnen. Es würde eine einzige goldene Regel geben, wie bei den Kindern auch. Um die Unfallgefahr zu minimieren, durfte niemals mehr als eine Person ein Trampolin bespringen.

Die Belegschaft – es war mittlerweile kurz nach 16:30 Uhr, die Mütter mit ihren Kindern wohl bereits zuhause – schwärmte nun aus und schrubbte die Tische, wischte den Boden auf, richtete in der Halle die Trampoline neu aus und stellte die flûtes auf kleine, dafür vorgesehene Plateaus. Auf die Tische wurden Kerzen gestellt, und in den Garderoben wurde nachgeschaut ob nichts vergessen worden war. Auch dort wurden Kerzen hingestellt und die «Gender»-Plaketten entfernt. Gemischte Garderoben würden die Spannung erhöhen und die Erwachsenen, die um 20:00 Uhr zum ersten Mal erwartet wurden, bereits im Vorfeld des Hüpfens enthemmen. So hatte Hermann Hubert sich das ausgedacht.

Er selber war beflissener Familienvater zweier Töchter, die sich auch schon mehrmals in der Trampolinhalle vergnügt hatten, in Begleitung von Annafrid, seiner drallen, hübsch gelockten Frau, die er über alles liebte. Er hatte alles getan, um den «Abend für Erwachsene» vor seiner Gattin geheim zu halten. Die Mehreinnahmen, die zweifellos hereinzischen würden, wären für eine Karibik-Woche mit seinem Schätzchen zu verbuchen… auf rot-weiss gestreiften Liegestühlen würden sie liegen, Campari Orange trinken, und Annafrid würde ihre Megabrüste der Sonne schenken. Schon nur bei diesem Gedanken bekam Hermann Hubert eine Erektion. Seine Frau war für ihn der heilige Gral des Sex.

Der Zeiger rückte, und um 18:00 Uhr hatte Hubert für die Belegschaft Sandwiches, Cola und Bier bestellt. Er war ein grosszügiger Chef und wusste sehr wohl, was er an Tom, Christine, Helga, Reto und Babs hatte. Sie standen ihm unermüdlich zur Seite und waren schon da gewesen, als es darum ging, in der Trampolinhalle erste Beleuchtungskörper zu montieren und die Gerätschaften anzuschleppen.

Mit gedimmtem Licht, flackernden Kerzen auf den Tischen und dem Duft frisch entstandener Sauberkeit harrten Hubert und sein Team gegen 20:00 Uhr der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen, die Dinge. Im Nu war der Parkplatz pickepackevoll, und nicht nur aus der angrenzenden Agglomeration, sondern auch aus der Stadt standen Neugierige Schlange, sie alle wollten den ersten «Abend für Erwachsene» in der Trampolinhalle miterleben.

Weil die Regeln so einfach waren – im Grunde nicht anders als in irgendwelchen Fitness-Centern dieser Welt – fühlten sich die Gäste rasch zuhause und zögerten lediglich ein wenig, weil die Garderoben nicht geschlechtsspezifisch angeschrieben waren. Die Frauen waren wesentlich mutiger, und die Erste, die die Tür aufstiess, war Rita Hufnagel mit ihrem grosszügigen BMI von 29. Ihr Schwabbelhintern war für Kuno, den Gärtner, der ihr direkt in die Umkleide folgte, schon immer ein Blickfang gewesen.

Es wurden wenig Worte gewechselt, die Stimmung in der Umkleide entsprach etwa der in einer Sauna, wo ja noch nicht einmal geflüstert wird, die Menschen aber dennoch ihr Persönlichstes, nämlich ihre nackte Haut, öffentlich preisgeben.

Kunos Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Rita Hufnagel hatte tatsächlich den Prachtarsch, der ihn schon durch so viele feuchte Träume hindurch begleitet hatte, und er war einer der Männer, die das taten, was sehr viele Männer tun: Für sie sind Frauen eine Projektionsfläche für Träume; sie sehen sie als Prinzessinnen, hübsch und durchsichtig verpackt, und selbst die Fürze, die ihnen entweichen, enthalten eine nach Rosen duftende Essenz. Rita Hufnagel bückte sich, um ihre Schuhe auf ein Regal zu stellen, und Kuno war im Paradies. Welch ein Pfläumchen! Wenn diese Frau erst auf dem Trampolin… Sie hatte Kuno den Rücken zugewandt, und so waren ihre Megabrüste für ihn vorerst noch ein Mysterium.

Die Umkleide füllte sich rasch, so wie auch die Angrenzende, und die Gäste verliessen sie zumeist angezogen, Vereinzelte aber auch splitternackt. Dazu gehörte Rita Hufnagel nicht; ihr Mann war auf Schicht, und sie war nicht hergekommen, um ihren Körper preiszugeben, sondern weil sie ganz einfach die Neugier quälte. In gelben Tights, unter denen sogar die Orangenhaut ihres ausladenden Hinterns auszumachen war, ging sie durch den Korridor, und Kuno konnte nicht anders, als ihr zu folgen, so, wie es etwa ein Hund tut, wenn ihn jemand mit einer Wurst lockt.

In der Zwischenzeit hatte die Crew von Hermann Hubert auch in den Garderoben die Kerzen angezündet, die – feuersicher – auf den Waschschüsseln standen. Das Ambiente muss man sich vorstellen: Simone Bertschy, Leiterin der Kinderkrippe, im Kerzenlichtspiel ihre kleinen, hübschen Brüste entblössend. Nadir Weihmann, seines Zeichens Klempner, an seinem Gürtel nestelnd. Sabea Zürcher, Grundschullehrerin, im weissen, blau gepunkteten Höschen.

Viele kannten einander, zumindest vom Sehen, und hier, in diesem geschützten Rahmen, kam man sich nah, so nah.

Die ersten Erwachsenen vergnügten sich, barfuss, bereits in der ausladenden Trampolinanlage. Sebastian, der korpulente Metzger, brillierte mit Rückwärs-Saltos, die ihm niemand zugetraut hätte. Ute, die grazile Klavierlehrerin an der Musikschule, schien zeitweise gar in der Luft zu schweben, unter sich ein grellgrünes Trampolin. Sie alle waren mehr oder weniger züchtig angezogen – mit Ausnahme eines neu zugezogenen tschechischen Paars – Svetlana und Imir. Sie beide trugen nichts als nackte Haut und rollten, im Spannrad fixiert, über den Hallenboden. Man munkelte, Svetlana verdiene sich ihr Geld mit Youporn-Filmchen und so genannten Czech Castings, in dem Frauen nach ihren Träumen und ihrem Leben befragt werden. Diese Castings enden dann immer mit einem Photoshooting mit anschliessender Oelmassage oder einer Ficksequenz mit dem Photographen. Über Imir wusste man nichts – ausser dass er am Spannrad, mit gestreckten Armen und gespreizten Beinen, eine sehr tolle Figur abgab, mit Sixpack und allem, was dazu gehört.

Wenig später fassten sich auch Simone Bertschy, Nadir Weihmann, Sabea, Sebastian und sogar Ute ein Herz und zogen sich splitternackt aus. Die Party konnte beginnen, der «Abend für Erwachsene» verdiente seinen Namen zusehends.

Was die Menschen, die sich nackt und aktiv an und auf den Trampolinen vergnügten, nicht wussten: Draussen auf den Tischen, um die sich vor allem Männer scharten, befanden sich nicht nur flackernde Kerzen, sondern auch Monitore, auf denen sich – in unterschiedlichen Winkeln - die Trampolin-Turnerinnen und Turner heranzoomen liessen. Das war der Special Effect, der Hermann Hubert Zehntausende Euro gekostet hatte – hoch auflösende Kameras in der Halle waren kostspielig – aber er würde diese Ausgaben wieder hereinholen, und zwar problemlos. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der «Abend für Erwachsene», der erst einmal monatlich, dann alle 14 Tage stattfinden sollte, im ganzen Land herumsprach.
Als Schmankerl konnten die Aufnahmen eingefroren oder in Zeitlupe abgespielt werden. Erst dann zeigten sich die Details, etwa die gepiercten Schamlippen von Sabea Zürcher, der Grundschullehrerin oder das Pendeln von Rita Hufnagels Riesenbrüsten, was vor allem Kuno, ihren Verehrer, erfreute. Im Grunde hatte Rita Hufnagel die Figur eines Butternut Kürbis. Schmaler Oberkörper mit dennoch beachtlicher Oberweite und breite, gebärfreudige Hüften. Als sich Kuno auf dem Monitor an ihrem geilen Body sattgesehen hatte, zog er seine Socken aus und betrat ebenfalls die Halle. Schweigend stand er vor dem Trampolin, auf dem sie hüpfte.

Diese knallgelben Tights aber auch! Die hübsche junge Frau war eine der Wenigen, die noch etwas anhatte. Kuno machte sie auf sich aufmerksam, reichte ihr die Hand und komplimentierte sie auf den Hallenboden. Als sie, schwer atmend, vor ihm stand, konnte er seine Blicke kaum von ihrem wogenden Busen lösen. In diesem Augenblick betraten Maryam, die üppige Maryam, die am Kindernachmittag noch gerade eben ihr Baby gestillt hatte, und deren Ehegatte die Halle. Beide waren sie splitternackt und blickten sich verlegen um. Einen solchen Abend im Kopf zu planen ist eben etwas völlig anderes, als sich dann tatsächlich auszuziehen und sich fremden Blicken preiszugeben.

Kuno fasste sich ein Herz, zog die überraschte Rita Hufnagel hinter eine Holzwand und überzeugte sie dort, ihre Tights abzustreifen, was sie nach längerem Zögern auch tat. Kuno trat hinter sie und umfasste ihren Leib. Rita war hin- und hergerissen zwischen dem Reflex, sich gegen den jungen Mann zu wehren und ihrer Geilheit, von der sie sich hatte anstecken lassen. Sie liess es zu, dass Kuno sich an ihren Hintern drängte. In Kunos Hirn pulsierten Phantasien. Ein Komfort-Fick mit seiner Begehrten, sie würde ihn in elysische Orgasmus-Paradiese entführen können, gleich in mehrere, und er würde lustvoll seinen Samen in sie spritzen, während seine Hände in ins pralle Fleisch ihrer Pobacken griffen.

So geschah es denn auch. Er entledigte sich seiner Turnklamotten, behände wie ein Affe im Zoo, und sein Speer suchte sich den Weg in Ritas Liebesloch fast von allein. Endlich war er in ihr drin, von hinten, stehend, und er hörte ihr Keuchen. Mit jedem Stoss klatschte Ritas Arsch an Kunos Bauch, und alles war gut.

Sie waren beileibe nicht das einzige vögelnde Paar.

Auch Maryam und ihr Mann Rainer konnten nicht verzichten, er pumpte in sie, noch während sie lachend auf dem Trampolin auf und ab sprangen, vor ein paar sprachlosen Zuschauerinnen und Zuschauern, und Sebastian, der korpulente Metzger, nahm die zierliche Ute.

Um Mitternacht war Polizeistunde. Die Erwachsenen zogen sich aus der Trampolinhalle zurück, andere wiederum verliessen still und andächtig den Verpflegungsraum, den sie um einiges ordentlicher zurückliessen als die Kinder am Nachmittag – mal abgesehen von ein paar vollgewichsten Taschentüchern.

Man duschte, zog sich an, fönte und frisierte sich.

Die Dorfbewohner waren einander ein gutes Stück näher gekommen.

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