Der Fahrstuhl

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Der Fahrstuhl

Der Fahrstuhl

Yupag Chinasky

Er war ein seriöser Mann, einerseits zuverlässig und pünktlich, anderseits prüde und langweilig, jedenfalls einer mit sehr festen Gewohnheiten. Alles was er tat war von Kantscher Präzision, man hätte die Uhr danach stellen können. Erst vor kurzem war er mit seiner Familie in diesen mehrstöckigen Altbau gezogen, alles andere als ein Schmuckstück, aber die Wohnung im sechsten Stock war renoviert und modernisiert und vor allem bezahlbar. Die Wohnlage, na ja, man konnte ihr entkommen, die Straßenbahn hielt fast vor der Haustür.

Sein Alltag verlief nun wieder nach einem Rhythmus, den er als gut befand. Dazu gehörte das Zeitungslesen nach dem Frühstück. Wenn Frau und Kinder die Wohnung verlassen hatten, fuhr er mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss und holte die Zeitung. Der Gang durch den dunklen, schlecht beleuchteten und immer muffig riechenden Flur und die Fahrt in dem uralten Fahrstuhl, der, so schien ihm, genauso alt war wie das Haus, war ihm unangenehm, weil es ihm immer schmerzhaft zum Bewusstsein kam, was er alles hatte aufgeben müssen. Dennoch hielt er eisern an der Gewohnheit fest, die Zeitung zu lesen, bevor er sich auf den Weg zur Arbeit machte. Der einzige Luxus dieses Fahrstuhls, mit seinen grau lackierten Außentüren war ein großer Spiegel in der geräumigen Kabine, der fast bis auf den Boden reichte und der ihm jeden Morgen die Überraschung bot, sich selbst vor sich stehen zu sehen. Um diese Zeit musste er nie lange auf das Rumpeln warten, mit dem der Aufzug sein Kommen ankündigte. Die Hausbewohner waren entweder schon zur Arbeit gegangen oder sie hielten sich noch in ihren Wohnungen auf. Diese Hausbewohner, die er so gut wie gar nicht kannte und die kennen zu lernen, er auch nicht vor hatte. Alle, die er im Haus traf, grüßte er knapp und frostig. Zu einem Plausch, selbst über ein banales Thema wie das Wetter, hätte er sich nie hergegeben. Die Mitbewohner blieben für ihn eine anonyme, diffuse Masse, allerdings mit einer Ausnahme.

Schon ein paar Tage nach dem Einzug fiel ihm eine Frau auf, die eine Etage tiefer in den Fahrstuhl zugestiegen war. Eigentlich fiel sie ihm nur auf, weil sie einen voluminösen, hochgeschlossenen Morgenmantel aus blassrotem Stoff an hatte, der, von einem verknoteten Gürtel geteilt, bis an ihre Knöchel reichte. Darunter sah man bei jedem Schritt bunt bestickte Pantoffeln hervorlugen. Und sie fiel ihm auf, weil sie auf dem Arm einen kleinen Hund hielt, einen Pinscher, der ihn anknurrte. Er nickte der Frau kurz zu, murmelte etwas, das wie „guten Morgen“ klang und damit war für ihn die Konversation beendet. Die Frau wünschte ihm ebenfalls „einen schönen guten Morgen“ und hätte vermutlich ganz gerne mehr geredet, aber er ignorierte sie demonstrativ und starrte verbissen in den Spiegel. Daraufhin schwieg sie auch und blickte in eine vage Ferne. Im Erdgeschoss gingen beide zum Briefkasten und entnahmen die Zeitung, aber während er sofort wieder zum Fahrstuhl zurück kehrte, öffnete sie die Haustür, ließ den Hund auf den Gehweg und blieb, die Zeitung durchblätternd, in der offenen Tür stehen. Wenn er eine halbe Stunde später zur Arbeit ging, konnte es sein, dass sie immer noch dort stand.

Ein paar Tage später traf er die beiden erneut im Aufzug, der Hund knurrte wieder, aber, wie ihm schien, deutlich verhaltener. Er hatte sich so hingestellt, dass er, höchst unhöflich, der Frau den Rücken zu wandte, sie aber um so eingehender im Spiegel mustern konnte. Sie war nicht groß, reichte ihm, der hager und mickerig und selbst gerne größer gewesen wäre, gerade mal bis an die Schulter. Ob sie schlank, vollschlank oder gar dick war, konnte er wegen des voluminösen Morgenmantels nicht beurteilen. Sehr gut erkannte er dagegen, dass ihre wuscheligen, rötlichen Haare gefärbt und ihre Augen grün waren. Und er bemerkte auch die vielen kleinen Fältchen um die Augen und den Mund und schloss daraus, dass sie wohl schon in den besten Jahren war, obwohl sie noch sehr jugendlich aussah. Zu dieser frühen Stunde entdeckte er auf ihren Lippen Reste des Lippenstifts vom Vortag und folgerte, dass sie sowohl etwas eitel als auch etwas schlampig sein musste. Nach einigen dieser Begutachtungen musste er sich widerstrebend eingestehen, dass diese seltsame Frau eine höchst anziehende Wirkung auf ihn ausübte und dass ihm besonders ihr leicht versonnenes Lächeln und der Blick in die Ferne gefiel. Als ihn jedoch dieser Blick bei einer seiner Betrachtungen unvermittelt traf und sie ihn neugierig und leicht abschätzig anschaute, lief er rot an und sah erschrocken auf den Boden.

Am Anfang waren die Begegnungen im Fahrstuhl zufällig, manchmal sahen sie sich mehrere Tage nicht, dann wieder an zwei oder drei aufeinanderfolgenden. Sie lächelte auf ihre seltsame Art und schickte sich das eine oder andere Mal an, etwas zu sagen, da aber seine ganze Haltung pure Ablehnung ausdrückte und keinerlei Bereitschaft für eine Kontaktaufnahme erkennen ließ, schwieg sie ebenfalls und ihr Blick verlor sich in der Ferne. Dabei entging ihr jedoch nicht, dass er sie trotz des zur Schau gestellten Desinteresses mittels dieser indirekten, indiskreten Spiegelmasche unverhohlen, ja geradezu lüstern anstarrte. Und sie schien das Interesse an ihrer Person zu genießen, denn sie wandte sich keinesfalls ab, sondern stellte sich immer so hin, dass sie voll im Spiegel zu sehen war. Auch der Hund war mittlerweile zutraulich, ja richtig vertraut geworden. Er wedelte freudig mit dem kurzen Schwanz und stieß leise Fieplaute aus. Der Mann, hin und her gerissen zwischen Interesse und Ablehnung, Neugier und peinlichem Berührtsein, war jedes mal froh, wenn der lahme Fahrstuhl endlich im Erdeschoß hielt und er die Kabine hastig verlassen konnte.

Als sich die Begegnungen häuften und an Arbeitstagen nun regelmäßig stattfanden, kam er zu dem Schluss, dass die Frau wohl auf ihrem Stockwerk wartete, bis sie das Rumpeln des Aufzugs hörte, dann den Halteknopf drückte und es so schaffte, im richtigen Moment zuzusteigen, um ihn abzupassen. Eigentlich ärgerte ihn dieses penetrante Verhalten, da er diese morgendlichen Zusammentreffen jedoch nicht vermeiden konnte und weder gewillt war, seine Gewohnheiten zu ändern noch sie auf ihr Verhalten anzusprechen, nahm er es resigniert hin. Doch zu seinem eigenen Erstaunen stellte er nach einiger Zeit fest, dass er die Anwesenheit dieser ihn auf so seltsame Weise verwirrenden Frau sogar herbeiwünschte und dass er sich freute, wenn die begegnungslosen Wochenenden vorbei war und die Zwangstreffen wieder einsetzten. Bei seinen verstohlenen Betrachtungen merkte er auch, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hatte. Ihr Make-up war nun sehr sorgfältig aufgetragen, leuchtend rote Lippen, ein dezentes Puder zum Kaschieren der Fältchen, die Augen manchmal dunkel umrandete, manchmal mit einem schlichten, farbigen Lidschatten versehen und ihre Haare immer tipp-top frisiert, ja hin und wieder richtig kunstvoll arrangiert. Bald kannte er auch die unterschiedlichen, meist leider sehr aufdringlichen Duftnoten ihrer Parfüms. Nur der unsägliche Morgenmantel war immer der selbe.

Eines Tages sah er, dass sich der Gürtel ihres Morgenrocks etwas gelöst hatte und als sie das Hündchen von einer Brust auf die andere schob, öffnete sich das Kleidungsstück und in dem entstandenen, schmalen Spalt konnte er Teile eines hellblauen, tiefausgeschnittenen Nachthemds erkennen und er sah zum ersten Mal ihr üppiges Dekolletee. Über den Umweg Spiegel starrte er auf ihren Busen und er war sich sicher, dass sie dieses unhöfliche Benehmen sehr wohl bemerkte und dennoch änderte sie nichts, weder an ihrer Stellung noch an ihrem Morgenrock. Im Gegenteil, am nächsten Tag öffnete sich der Mantel wieder, fast wie von selbst, kaum dass sie den Fahrstuhl betreten hatte. Der Spalt wurde in den folgenden Tagen immer breiter und ihm schien, dass sie sich sogar leicht nach vorne beugte, gerade so weit, dass er eine perfekte Sicht auf das tiefe, dunkle Tal zwischen ihren Brüsten hatte und dieses mit seinen gierigen Blicken bis zum Grund ausloten konnte. Und auch unterhalb des immer noch lose verknoteten Gürtels kam nacktes Fleisch zum Vorschein. Ein recht strammes Bein lugte bis zur Mitte des Oberschenkels aus der roten Glocke des Morgenmantels. Eigentlich hätte er, seinem Naturell gehorchend, über diese neue Variante ihrer nonverbalen Annäherung empört sein und sie zurechtweisen müssen, aber er nahm ihr frivoles Verhalten nicht nur hin, er genoss mehr und mehr dieses morgendliche, wohlige Prickeln. Das Ritual mit dem offenen Morgenmantel fand nun regelmäßig statt und beide hatten offensichtlich Vergnügen daran, obwohl er weiterhin mit seiner Körpersprache krampfhaftes Desinteresse heuchelte. Und sie, ermutigt durch seine Passivität, trieb das Spiel weiter und steigerte ihre Provokationen. Irritiert entdeckte er bald darauf, dass sie gar kein Nachthemd mehr anhatte. Eine impulsive Neugier überwand seine Verlegenheit und er dreht sich zum ersten Mal um und sah sie direkt an. Und sie, sie holte daraufhin zunächst ihren Blick aus der imaginären Ferne, schaute ihm ihrerseits in die Augen und knüpfte dann mit ihrer freien Hand, die andere hielt ja das Hündchen, den Gürtel des Morgenmantels ganz langsam vollends auf und schlug, als der Aufzug für das Erdgeschoss abbremste, die Revers auf die Seite. Sie hatte in der Tat nichts darunter an, nur ihre Pantoffeln. Und er sah ihre Figur, die so lange verborgen geblieben war in ihrer ganzen Nacktheit.

Nachdem der Fahrstuhl still stand, schloss sie rasch den Mantel, öffnete die innere Falttür, stieß die Außentür auf und wartete, dass er als erster aussteige. Höchst verlegen ging er mit hochrotem Kopf dicht an ihr vorbei, wobei er sie zwangsläufig berühren musste. Als er vom Briefkasten zurück kam, stand sie immer noch neben der Fahrstuhltür und hielt diese lächelnd für ihn auf. Hastig betrat er die Kabine, bemüht, sie weder anzustarren noch gar zu berühren.

Ab diesem Tag hatte jedoch seine Heuchelei ein Ende. Er konnte sein Interesse an dieser Frau und ihrem Tun nicht mehr unterdrücken und verzichtete auf das Hilfsmittel Spiegel, an den er sich jetzt mit seinem Rücken anlehnte, um sie direkt und unverhohlen anzuglotzen. Sie führte nun jeden Tag ein neues, kurzes, jedoch varianten- und einfallsreiches Programm vor. Sie war eine professionelle Künstlerin, die das wort- und berührungslose Anmachen von Männern, das atemberaubend gekonnte Verführen perfekt beherrschte, selbst in einer engen Fahrstuhlkabine und in der kurzen Zeitspanne von vielleicht einer Minute. Als erstes knotete sie, kaum dass sie eingetreten war, mit einer Hand den Gürtel auf, öffnete den Morgenmantel und führte dann mit dieser Hand zahlreiche erotische Gesten aus. Mal war sie die primitive Straßenhure, die ihren Busen zur Präsentation anhob, sich zwischen die Beine griff und mächtig mit dem Hintern wackelte. Mal war sie die unterkühlte Nightclub-Stripperin, die ihre Geschlechtsmerkmale gekonnt verdeckte hielt und nur soviel zeigte, dass er wild darauf war, mehr zu sehen. Mal war sie die sinnliche, emotionale Bauchtänzerin, die Po, Hüfte und Taille rasend schnell kreisen und den Busen zugleich in wechselnde Richtungen rotieren ließ. Und dann war sie wieder die träge, laszive Haremsdame, die mit sehr sparsamen, sehr gekonnten, sehr wirkungsvollen Gesten einen Mann zum Kochen brachte. Bei allen Stellungen und Verrenkungen war sie jedoch stets darauf bedacht, mit der anderen Hand das Hündchen sicher zu halten. Dieses war in keiner Weise durch die schlingernden Bewegungen und abartigen Haltegriffe, denen es manchmal ausgesetzt war, irritierte. Im Gegenteil, es unterstütze den wilden Tanz durch eigene windende Bewegungen und die Phasen der lasziven Ruhe durch ein schier wollüstiges Anschmiegen an den nackten Busen. Man musste annehmen, dass diese gemeinsame Artistik von Frauchen und Hündchen schon seit langem sorgfältig einstudiert war und vielfach zur Anwendung kam. Die kurze Show endete jedes Mal auf dieselbe Weise. Kurz bevor der Aufzug im Erdgeschoss hielt, verschloss sie den oberen Teil des Mantels und verknotete den Gürtel. Wenn der Fahrstuhl stand, schob sie die Falttür auf und drückte mit dem nackten Knie, das aus der Morgenmantelglocke ragte, die Außentür auf. Sie blieb in dieser Haltung, mit gespreizten Beinen in der geöffneten Tür stehen und er musste beim Verlassen des Fahrstuhls sich ganz dicht an ihr vorbei drücken. Seine Verlegenheit hatte er inzwischen abgelegt und es kam vor, dass er den Moment des Vorbeigehens bewusst verlängerte und ihr dabei in die Augen schaute, ohne sie jedoch mit seinen Händen zu berühren oder gar ein Wort zu sagen.

Doch selbst diese hohe Kunst der Prostitution und Selbstinszenierung erfuhr noch eine Steigerung. An einem Montag, der Tag blieb in seinem Gedächtnis haften, schloss sie am Ende der Fahrt zwar wie gewohnt den Morgenmantel, öffnete jedoch nicht die Falttür, sondern deutete stattdessen auf den Knopf für das Kellergeschoss und sah ihn dabei fragend an. Er wollte zuerst selbst die Tür öffnen, zögerte jedoch und nickte ihr schließlich zu. Sie drückte den Kellerknopf und die Abwärtsfahrt ging weiter. Im Keller angekommen, setzte sie zum ersten Mal den Hund auf den Boden und hielt mit der Hundehand den Schließknopf für die Fahrstuhltür gedrückt, um auf diese Weise nicht nur die Tür sondern den ganzen Fahrstuhl zu blockieren. Mit der Artistenhand öffnete sie dann erneut den Morgenmantel, vollführte jedoch nicht ihre üblichen, kunstvollen Animationsbewegungen, sondern stand nur da, ganz ruhig, breitbeinig, einladend, wollüstig. Dieser unerwartete Stillstand erregte ihn seltsamerweise mehr als all ihre obszönen Bewegungen. Sie standen sich einige Minuten regungslos gegenüber und in dieser kurzen Zeit baute sich in diesem verklemmten Mann ein gewaltiges Verlangen auf. Ein Verlangen nach dieser Frau, die ihn so systematisch verführt hatte, so gnadenlos angemacht hatte. Und er, der sonst so beherrscht, so nüchtern, so sachlich war, warf all seine Hemmungen ab und folgte seinen primitivsten, animalischen Regungen. Er wollte diese Frau, er wollte sie nehmen, jetzt und hier, sofort. Der Druck, der sich nicht nur in den letzten Minuten, in den letzten Tagen und Wochen, nein, der sich eigentlich während seines ganzen Lebens aufgebaut hatte, entlud sich auf eine Weise, die für ihn untypisch und für beide unerwartet war. Er griff mit einer Hand heftig und unvermittelt um ihre Taille, presste ihren Körper an sich, knetete mir der anderen Hand gewaltsam ihre Brüste und versuchte sie dabei auf den Mund zu küssen, was sie aber mit einer Abwendung ihres Kopfes verhinderte. Er keuchte und stöhnte und drückte und rieb und ackerte wie von Sinnen. Sie war durch diese unerwartete Attacke, dieses eruptive Ungestüm total überrascht und schockiert. Sie hatte ihn, bei Gott, provoziert und auch gewollt, dass er zärtlich und intim zu ihr werden solle und sie hatte sogar schon begonnen, an seiner Hose herumzufingern, aber auf diese Weise wollte sie es nicht. So nicht. Erschrocken und angewidert versuchte sie sich heftig aus seiner Umarmung zu entwinden und schrie ihn an, er solle aufhören. Er schrie zurück, sie solle sich nicht so zieren, nach all dem, was bisher vorgefallen sei und sie solle endlich zur Sache kommen. Er öffnete selbst seine Hose, ließ sie halb herunter und war gerade dabei, auch seine Unterhose abzustreifen, als sich der Pinscher meldete, der bisher auf dem Kabinenboden um die beiden herumgesprungen, jedoch stumm geblieben war. Er fing an, laut und wütend zu kläffen. Es war erstaunlich, wie laut und wütend ein solch kleines Tier bellen konnte. Und es war erstaunlich, wie es seine Zähne fletschte, hochsprang und versuchte in die Waden des rasenden Mannes zu beißen, die jedoch durch die herabhängende Hose ausreichend geschützt waren. Das wütende Tier warf den Mann genauso rasch und unvermittelt auf den nüchternen Boden der Erkenntnis zurück, wie er sich vorher in diese unermessliche Wollust gesteigert hatte. Schlagartig setzte die Erkenntnis ein, dass er drauf und dran gewesen war, eine Frau zu vergewaltigen und dass dies höchst unangenehme Folgen für ihn gehabt hätte. Er ließ von ihr genauso plötzlich ab, wie er sie angefallen hatte, fluchte laut, zog die Hose hoch und trat nach dem Köter, der dies mit einem schrillen Jaulen quittierte. Auch die schreiende Frau, die sich in die Kabinenecke gedrückt hatte, war schlagartig ruhig geworden. Sie schloss keuchend den Morgenmantel, verknotete den Gürtel doppelt und dreifach und nahm das immer noch kläffende Tier auf den Arm. Dann sah sie den Mann an, doch seltsamerweise ohne Wut und Groll, ja fast mit einem gewissen Mitleid und Verständnis für dessen emotionales Ausrasten. Sie zuckte, welche Verspottung, bedauernd mit den Schultern und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Dort angekommen, stieg er aus. Er war so verwirrt, dass er vergaß die Zeitung zu nehmen und schon drauf und dran war aus dem Haus zu gehen. Die Frau war sofort mit dem Hund in ihr Stockwerk gefahren. Der erlittene Schock sowie der Verzicht auf den gewohnten Morgenspaziergang schienen das Tier noch wütender gemacht zu haben, man hörte sein Gebelle im Treppenhaus, bis sich endlich die Wohnungstür hinter den beiden schloss.

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