Der Fall des Engels in die Untiefen Sodoms - Kapitel 9

10 7-12 Minuten 0 Kommentare
Der Fall des Engels in die Untiefen Sodoms - Kapitel 9

Der Fall des Engels in die Untiefen Sodoms - Kapitel 9

Cyraxis

Mein Handy piepste und riss mich aus meinem Schlaf. Schlaftrunken sah ich auf die Uhr: Kurz nach Acht. Oh man. Widerwillig krallte ich mir mein Handy. Eine Sms war gekommen.

„Aufwachen, Du fauler Bastard. Dein Engel wird in einer knappen Stunde munter. Und ich glaube, Du solltest noch ein wenig einkaufen gehen, wenn Du sie adäquat stärken willst. Hihihi.“
Drunter war noch ein Download-Link mit dem Kommentar: „Ich hoffe, Du hast genug Speicherplatz. Wir liefern schließlich nur in Full HD :).“

„Guter Mann“, dachte ich bei mir, „Guter Mann.“

Mit einem Schwung war ich aus dem „Bett“, schaltete meinen PC ein und ging ins Bad. Knapp 20 Minuten später war ich frisch geduscht, rasiert und für alle möglichen Schandtaten bereit. Ein Blick in meinen Kühlschrank bestätigte die Aussage meines kleinen Helfers. Grummelnd machte ich mich auf den Weg ins benachbarte überteuerte Supermärktchen,
schließlich hätte ich mich viel lieber von der „Doku“ über gestern Nacht inspirieren lassen. Aber man war ja ein Gentleman und als solcher war es schon moralisch meine Pflicht, meinem Engelchen eine Stärkung zuzubereiten.

Eine gute Viertelstunde später war ich wieder da. Ich hatte mich aus Zeitknappheit heraus für Crepés mit Nougat und Vanilleeis entschieden. Als der Teig gerührt und der Tisch gedeckt war, hörte ich Geräusche aus meinem Schlafzimmer. Ausgezeichnet!
Kurze Zeit später wurde die Tür geöffnet. Ich gab mich beschäftigt und wandte mich meiner Kaffeemaschine zu, stellte 2 Tassen drunter. Hinter mir huschte ein Schatten vorbei. Bevor ich mich umdrehen konnte, knallte die Badtür und wurde von innen verriegelt.

Nun, ich hatte ja Zeit. Entspannt kramte ich eine Pfanne hervor, ließ ein Stückchen Butter drin schmelzen. 4 Crepés waren in kurzer Zeit fertig. Und ich begann, jeweils 2 davon mit Eis zu füllen und mit Nougatcreme und Mandelsplittern zu dekoriert auf 2 Tellern anzurichten. Kurze Zeit später tauchte auch Eva auf und sah irgendwie...fertig aus.

„Alles in Ordnung, mein Engel? Hast Du schlecht geträumt? Du siehst müde aus.“ flötete ich.

Eva hob ihren müden Kopf und blickte mich mit schlaftrunkenen Augen an. „Nein ich...,“ sie zupfte nervös an ihrem/meinem Bademantel herum, „ich habe nicht so viel Schlaf bekommen. Ich...“ Für den Bruchteil einer Sekunde schlossen sich offensichtlich genussvoll ihre Augen. „Ich...es tut mir leid, ich bin einfach müde...und...irgendwie...wegen Dir Teufel komm ich nicht zur Ruhe.“

„Nicht nur wegen mir Teufel, mein Engel,“ grinste ich innerlich, aber äußerlich gab ich mich zurückhaltend.

„Es tut MIR leid, mein Engel. Ich dachte, es hätte Dir auch...naja...Friedensangebot?“ Ich gab den Blick frei auf den gedeckten Tisch. Ein schon allzu gut bekanntes Leuchten umspielte Evas Augen. Sie blickte mich versöhnlich an.

„Da hat wohl wer ein schlechtes Gewissen?“

„Wegen was denn?“ stichelte ich.

„Weil Du mich gestern...ohh...Du weißt ganz genau warum. Weil Du...weil Du eben...“

„Dir ganz neue Seiten des Menschseins gezeigt habe?“

Die Erinnerung verzerrte kurz den Blick Evas. „Weil...ach, weil ich wegen Dir nicht schlafen konnte. Nun lass uns essen, du Mephisto.“

Ich nickte ihr zu und wir setzten uns. Eva bemühte sich angestrengt, keine Gefühlsregungen beim Essen zu zeigen, obwohl es ihr sichtbar ausgezeichnet schmeckte.

„Schmeckt´s Dir, Eva?“ fragte ich scheinheilig, um eine Konversation zum Laufen zu kriegen.

„Wirklich lecker.“ antwortete sie mir tonlos. Sie war wohl wirklich durcheinander. Und überdies nicht wirklich gesprächig. Dafür schlug sie wenigstens kräftig zu. 2 solcher Kalorienbomben zum Frühstück sind doch eine beachtliche Leistung.

„Freut mich. Sag mal, was möchtest Du denn heute machen?“

Eva sah auf und ein blickte mich fast scheu an.

„Weil wenn Du keinen bestimmten Wunsch hast“, nahm ich ihr das Wort quasi ab, „dann könnten wir heute in den Tiergarten. Es ist ein schöner Tag, wir bummeln ein wenig herum und nehmen unser Mittagessen zwischen Tiergestank und Fliegen ein. Na, wie klingt das?“ grinste ich sie gewinnend an.

„Das...das klingt nach einem soliden Vorschlag.“ Eva war wirklich neben sich, es war wie wenn ich mit einer Projektion mit ihr am Tisch säße. Nichtsdestotrotz machte ich gute Miene. Kommt Zeit kommt Rat, heißt es doch so schön.
Nach dem Essen dirigierte ich meinen Engel auf die Couch und räumte den Küchentisch ab. Nachdem wieder einigermaßen „klar Schiff“ in meiner Küche war, gesellte ich mich zu ihr. Sie war die ganze Zeit auf meiner Couch sitzen geblieben. Als ich mich neben sie setzte, blickte sie mich freundlich an, ließ aber ansonsten keine Reaktion durchkommen.

„Na komm, Engelchen. Starten wir los? In der ärgsten Mittagshitze ist es nämlich nicht so angenehm, herumzuwandern.“

Eva nickte mir zu und erhob sich. Verdammt, wenn ich nur wüsste, was sie gestern da geträumt hat. Aber jetzt war einfach nicht die Zeit, sich das Video anzusehen. Aber runterladen konnte ich es ja inzwischen. Während Eva sich die Schuhe anzog, ging ich schnell zum PC, um mir den Film zu saugen, wie man so schön sagt.
Kurz darauf war ich bei ihr und wir machten uns auf den Weg.

Um ehrlich zu sein, machte ich mir eigentlich nicht allzuviel aus einem Tiergarten. Als Kind mag es ja noch ganz spannend gewesen sein, eingesperrte Viecher zu beobachten, aber mit der Zeit erkennt man dann halt doch die, nun ja, mangelnde Abwechslung.
Trotzdem war es wichtig, sozusagen ein neutrales Gebiet aufzusuchen. Es war klar, dass Eva bei mir zu Hause viel zu befangen sein würde für eine anständige Konversation. Somit schien mir der Tiergarten mit seinem ganzen Trubel eine hervorragende Lokation zu sein.
Nachdem wir uns alles, was da kreucht und fleucht mal angesehen haben, lotste ich meinen Engel in ein kleines Cafe mit Selbstbedienung.
Eva hatte bereits Platz genommen, als ich mit 2 großen Soda-Zitrone gegen den Durst kam und mich ihr gegenüber hinsetzte.

„In Ordnung, meine Engel. Wir müssen reden. Was ist los mir mit Dir?“
Ich hatte mich für den direkten, schnörkellosen Weg entschieden. Eva, die bisher verträumt gewirkt hatte, richtete einen glasigen Blick auf mich.
„Was meinst Du?“

„Komm Eva. Rede mit mir!“

„Ich…ich weiß nicht, wie…was…ach, es ist so kompliziert. DU bist kompliziert. Und Du machst alles kompliziert. Ich…weiß nicht, was ich…wie ich…“

„Hast Du wieder Ärger bekommen?“

Der Hauch eines seligen Lächelns hellte für einen Sekundenbruchteil ihr Gesicht auf:
„Nein, das nicht. Ach verdammt!“

Evas Krallen schlugen sich fast schmerzhaft in meinen Handrücken:
„Du hast mich gestern fast wahnsinnig gemacht, hörst Du? Kannst Du Dir das nicht denken? Du verdammter…“

„Mit was?“

„Das weißt Du…“

Blitzschnell hatte ich meine Hand umgedreht und damit Evas Hand geschnappt. Mein Engel keuchte überrascht auf:

„Sag es, Eva. Mit was?“

„Ich…ich“ Sie lief rot an. Ihre Stimme wurde fast zu einem Flüstern.

„Ich…wie Du mit Deiner Zunge…meine…meinen Körper und meine…Wie Du mich verwöhnt hast und…Ich…ich wollte im Schlafzimmer drüber nachdenken, aber ich…konnte mich nicht konzentrieren und dann bin ich eingeschlafen und dann…habe ich geträumt…wie wir in Sünde…und dann…es war so schrecklich…und schön…und…mein Körper“ Eva haspelte, atmete schnell.

„Eva…beruhige Dich.“

Eva sah mich an. Eine einzelne Träne hatte sich aus ihren glasigen Augen gelöst und rann an ihrer linken Wange hinab.

„Ich weiß nicht, was ich machen soll. Es ist alles so viel. Emotionen. Gefühle. Mein Körper, der mich in den Wahnsinn treibt, wenn Du seinen Hunger beschwörst. Ich weiß einfach nicht…Was…was machst Du?“

Diese einzelne Träne hatte etwas beinahe schon Bestürzendes an sich. Wortlos war ich aufgestanden und hatte mich neben meinen Engel gesetzt. Und als sie mich mit ihren großen, glasigen Augen ansah, nahm ich sie einfach in die Arme, drückte sie an meine Brust, streichelte ihr seidiges Haar. Nach kurzem Sträuben umschlang auch sie mich, gab sich ganz dem süßen Gefühl des Getröstet-Werdens hin. Hin und wieder hörte ich ein leises Schluchzen, doch mit der Zeit beruhigte sie sich.
Schließlich entwand sie sich aus meiner Umarmung, sah mich mit leicht geröteten Augen an.
„Was hast Du geträumt, Eva? Was war so schrecklich? Und schön?“

„Wir…“, Eva zog mich eng zu sich ran, um in mein Ohr flüstern zu können: „wir…haben stundenlang uns den sündigsten Ausschweifungen hingegeben. Ich war…hilflos meiner Gier ausgeliefert und Du…ich…wir haben gekuschelt und…es war alles so falsch…aber wunderschön…und ich wollte das Alles…aber irgendwie…ach.“

Ich küsste meinen Engel sanft auf die Stirn. „Also für mich klingt das gar nicht so schrecklich.“ Lächelte ich ihr zu. Eva sah beschämt auf den Boden.
„Weder die Ausschweifungen noch das Kuscheln danach.“
Eva sah ruckartig auf. Das hatte sie nicht erwartet. Sie suchte in meinen Augen den Ausdruck von Hohn oder Spott, fand aber wohl keinen. Ein leichtes Beben umspielte ihre Lippen.

„Das…das meinst Du ernst?“

„Natürlich Eva. Ich meine, bleiben wir realistisch. Bei einem besoffenen One-Night-Stand wäre es wohl was Anderes, aber bei richtigem, verbindendem Sex zweier Partner? Klar kuschelt man da.“

„Das…klingt schön.“

„Kuscheln oder Partner?“ stichelte ich. Eva schwieg, aber sie lächelte mich versöhnlich an.

„Na komm Engelchen. Lass uns etwas essen. Und heute Abend gehen wir ins Kino.“

Der restliche Tag war ein harmonisches Miteinander, welches nicht einmal durch die Trash-Komödie im Kino nachhaltig erschüttert werden konnte.
Ich hatte Eva erklärt, dass ich ihr doch noch keinen Action-Blockbuster zumuten wollte, und so blieb leider nur Trash übrig. Immerhin hatte meine Engel seinen Spaß, als wir Händchenhaltend billigen Slapstick über uns ergehen ließen.

Als wir um kurz vor 11 Uhr bei mir zu Hause waren, wollte Eva sofort zu Bett gehen. Sie hatte wohl wirklich ein anständiges Schlaf- und Ruhedefizit. Mir sollte es recht sein, ich hatte immerhin noch eine wichtige „Doku“ vor mir.
Ich umarmte meinen Engel noch einmal und wünschte ihr eine „Gute Nacht“, unterstrichen von einem liebevollen Kuss auf ihre 2 Augenlider.
Eva seufzte wohlig, als meine Lippen sie berührten, dann wandte sie sich ab und verschwand im Schlafzimmer.

Merkwürdig. Sie hatte entgegen ihrer Gewohnheiten nicht zugesperrt. War das…? Ich verwarf den Gedanken. Vielleicht war es wie bei den Pferden. Die legen sich halt nur hin, wenn sie sich wohlfühlen.
Ich machte mich jedenfalls auf zu meinem PC. Eigentlich ein riskantes Ding. Wenn Eva aus welchem Grund auch immer aus dem Schlafzimmer rauskommt und das Video sieht, wird sie meiner Kollaboration mit quasi ihrem „Noch-Feind“ gewahr.

Das Video war jedenfalls ein Wahnsinn. Unterm Strich war es eine Ansammlung diverser ausschweifender Erfahrungen meinerseits gepaart mit ein paar wirklich verdammt guten Ideen. Der Gedanke der Hölle verlor irgendwie Stück für Stück den negativen Beigeschmack. Die Vorstellung, die Dinge mit Eva anzustellen, die ich so wunderschön plastisch vor mir hatte, war irgendwie eine Art Preja-vu-Porno. Eine faszinierende Idee, für die ich allerdings keine Zeit hatte.
Mir selber bei, naja, ausschweifenden Handlungen zu sehen war zwar genial, aber letzten Endes nicht wirklich wichtig. Ich scrollte also das Video immer wieder ein paar Minuten vor.
Irgendwann würde ich es mir sicherlich mal ganz und in Ruhe ansehen, aber Business first, wie es so schön heißt.

Endlich lagen beide Charaktere schweratmend nebeneinander im Bett. Nun wurde es spannend. Eva rollte sich gerade in meine Arme und legte den Kopf auf meine Brust, kuschelte sich so eng wie möglich an mich. Ich küsste ihre verschwitzen Haare. Verschwitzte Haare? Verdammt, ich musste mir das Video doch mal genauer ansehen. Jedenfalls lagen wir eng miteinander verschlungen im Bett, atmeten beide schwer, beruhigten uns nur langsam.

Schließlich blickte Eva auf zu mir:

„Du bist wirklich ein Schwein. Aber ich liebe es.“

„Das habe ich gemerkt.“ Grinste ich zurück.

„Ich wünschte, wir könnten das jeden Tag machen. Aber ich muss bald wieder weg und Dich verdammen, Du wildes Tier.“

„Aber warum gehst Du? Bleib doch bei mir. Du musst doch einfach nur…“ Krchhhh, Testbild!

Was im Namen aller Höllen war jetzt los?

Dann wurde das Video schwarz und eine Schrift erschien:

„Es tut mir leid, der Kameraspeicher war leider voll. Außerdem soll es ja nicht zu leicht werden, oder? Gruß „Paul“

So ein Mistkerl! Naja, was hatte ich erwartet. Er war schließlich der teuflischste Typ, den ich kannte. Frustriert schaltete ich meinen PC ab und legte mich auf meine Couch.
Beim Einschlafen versuchte ich, die letzten Tage noch einmal zu rekapitulieren. Es hatte sich viel getan in meinem Leben. Ein paar Meter Luftlinie neben mir lag ein Engel, der sich in mich verliebt hatte. Oben war ein griesgrämiger alter ……, mit dem ich es mir gewaltig verscherzt hatte. Unten war eine undurchschaubare Machtquelle. Irgendwie kam ich mir gerade wie ein Spielball vor.
Das Vernünftigste war wohl, den ganzen verrückten Christentum-Blödsinn einfach auszublenden und einfach auf mein Inneres zu hören, so wie ich es immer getan hatte.
Unterm Strich war ja nicht mal klar, was die Zukunft alles beinhalten konnte, geschweige denn, was Eva eigentlich zu tun gedachte.
Eigentlich musste ich mir nur über eine Sache klar werden, der Rest war nur Makulatur. Wollte ich, dass Eva bei mir bleibt und war ich bereit, alle möglichen Konsequenzen dafür in Kauf zu nehmen? Und machte es für den Lauf der Dinge überhaupt einen Unterschied, ob sie ich sie bei mir haben oder einfach nur ficken wollte?

Aber warum belog ich mich selber? Natürlich wollte ich, dass sie bei mir bleibt. Genauso natürlich wollte ich aber auch meine kleine „Doku“ und noch wesentlich mehr mit ihr ausleben.
Schluss mit dem Nachdenken! Befahl ich mir. Bisher hatte ich einfach nur Spaß in jeglicher Hinsicht mit ihr gehabt und dabei entdeckt, dass sie wesentlich mehr sein konnte als der „himmlischste Sex“ meines Lebens. Und genau so würde ich es weiterhin machen. Irgendwie kam mir die Idee, meine Schritte und Handlungen zu planen, schäbig vor. Und vor allem Unehrlich. Außerdem wollte ich im Gegensatz zu deren Vertretern auf Erden nicht Wasser predigen und Wein saufen.
Ich wollte das Menschsein nicht durch seine Gefühle und seine Begierden definiert darstellen, aber dann meinerseits das Hirn dazu einschalten müssen. Also back to the roots, sozusagen. Doch die Ereignisse sollten sich überschlagen und mich beinahe zum Statisten im eigenen Spiel machen.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 5307

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben