Ich sehe rot. Und damit meine ich nicht das satte Rot nebst des Tannengrünes des weihnachtlichen Ambientes in unserer Wohnung. Mein rot bedeutet die Pyrolyse im Ofen. Wenn die Tage rot auflodern ist der Ofen fest verschlossen. So für einen Tag mindestens. Dann braucht es einen Fachmann, um das wiederhinzubekommen. Wir haben den 31. Dezember. Den Kalender habe ich gerade abgehängt. Stand sowieso nichts mehr drin. Mein Google Kalender erinnert mich daran, dass ich vor einem Jahr in Dresden den Urlaub im Fernen sehr glücklich erlebt habe und fragt mich in einer ungenierten Direktheit, die nur eine künstliche Intelligenz rüberbringen kann, ob diese Erinnerung hilfreich war. War sie nicht! Ich swipe sie so energisch weg, wie es mein Daumen nur imstande ist dies zu bewerkstelligen, ohne sich zu selbst weh zu tun. Ich versuche meine Fingerspitzen abzulenken und krümele am Tisch die verstreut umherliegenden Nadeln auf den Adventskranz in der Hoffnung, dass wieder etwas grüne Frische hineinkommt und der Müll entsorgt ist, ohne extra dafür aufstehen zu müssen. Das ähnelte dem Versuch Haare auf ein fast glatzköpfiges Haupt zu legen, um Lücken zu kaschieren. Die metallenen Sternchen und der Nikolaus, der von Haus aus flachgepresst einen anlächelte, hielten das runde Teil eisern zusammen wie eine freundliche Zahnspange. Matteo sitzt mir gegenüber. Wir haben eine lange Zeit nur für uns. Er streichelt meine Hand und besänftigt mich mit einem belustigten Lächeln über meinen erfolglosen Versuch meine Tage zu kaschieren. Wir wissen beide, es muss etwas passieren, um mich wieder geschmeidig werden zu lassen und aus der Starre zu lösen.
Seit Tagen haderten wir in der Zeit zwischen dem alten und neuen Jahr damit die ganze Deko und alles, was dazugehört wegzuräumen. Einen open space zu schaffen für neue Gedanken und Ideen. Andererseits genießen wir die arbeitsfreie Hängematte der nachweihnachtlichen Zeit. Die Verwandtschaft ist besucht und man kann sich wieder ganz seinem Ego widmen. Nebst der Kur von den ganzen Verhaltensauffälligkeiten, die man sich im Kontakt mit anderen in einem Maß antun musste und die aus einer dunklen Kammer des Schreckens in einem selbst wachgerüttelt wurden, dass es keine Freude ist. In meinem Achtsamkeitskalender habe ich nachgelesen, wie ich noch besser reflektieren kann. Das war definitiv ein After-Party-Gefühl. Doch ohne je eine großartige Party gehabt zu haben. Es bedarf einer separaten Erholung. Als ich zum ersten Mal abends den Grinch streamte, fühlte ich mich verstanden. Ich glaube er wäre eines Tages ein zumindest guter bis bester Freund geworden. Warum hatte ich es jahrelang ohne diese Kreatur ausgehalten? Ach so, ja jetzt habe ich es verstanden. Er wird mit allen möglichen Unansehnlichkeiten ausgestattet. Als wäre es etwas komplett Abstoßendes sich nicht zwangsmäßig in die Konsumgesellschaft zu stürzen, sich durch die Kaufhausabteilungen zu boxen, um ein Geschenk zu finden, dass es vielleicht sowieso nicht gebraucht hätte. Oder einen Lieferknecht brav zu uns mit vielen, vielen Paketen radeln zu lassen, deren Verpackung wir dann ins überfüllte Müllhäuschen stopfen würden. Das Ganze muss man natürlich gut finden, um im seichten Small Talk Gelaber überleben zu können.
Matteo setzt sich in seinem Wochenend-Hoodie dicht neben meine Hüfte, legt mir eine Wärmflasche auf den Bauch und streicht verständnisvoll mit den Fingern an meinem Nacken entlang und spielt mit den unteren Haaren, die aus meinem Dutt herausfallen. Er lacht entspannt über die vielen Nachrichten. Ich bekomme eine wohlige Gänsehaut. Lange Zeit, bevor das eigentliche Fest anstand, wurde mindestens zweimal wöchentlich abgefragt, was man an diesen Tagen machen, ungefragte Nachrichten von Alleinstehenden trudelten in mein Postfach, dass sie bei ihrer Familie seien und was wir eigentlich so machen würden. So als würde ein Krieg ausbrechen und jeder müsste aus seiner sicheren Warte abfragen, ob man auch versorgt sei. Die Botschaften enthielten nicht selten den besorgten Zusatz „Ihr feiert aber nicht wieder allein, oder?“, wie oft lag mir auf der Zunge, dass man in mancher Familie doch auch allein ist, obwohl sie um einen physisch herumsitzen. Ich mache mir teilweise mehr Sorgen um die Menschen, die mit ihrer Familie feiern müssen. Natürlich freue ich mich über alle, die es schaffen ihre Individualität in dem Einklang mit der Familie zu bringen und einen neuen Moment der Gemeinsamkeit zu kreieren. Das ist eine hohe Kunst, an die ich versucht hatte, mich dieses Jahr heranzuarbeiten. Eigentlich müsste es mein Umfeld gewohnt sein, wie ich diese Zeit sehe. So gestaltete ich sie etwas aufgelockert, seitdem ich zwanzig war. Mindestens ein Tag war für andere als die Familie reserviert. Die Familie des Herzens und der Seele.
Jedes Jahr aufs Neue zerriss, das die Wahrnehmung der anderen und sie mussten, sich ausleben mitzuteilen, wie sehr das von ihren Vorstellungen abwich. Als würde es einen bezahlten Missionierungsberufungsaufruf fürs Volk geben. Meine christlich geprägte Nachbarin ließ mir sogar rechtzeitig voller herzenswarmer Worte einen Adventskalender zukommen mit Bibelversen. Wohldosiert jeden Tag eine Einheit. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben. So öffnete ich brav jeden Tag einen Beutel, um zu lesen, wirken zu lassen und dann wöchentlich zu entsorgen. Ich dachte, vielleicht brauche ich die ja die volle Dröhnung. Deshalb habe ich mich auch bereit erklärt, in die Christmette der Dorfkirche meiner Heimat zu gehen. Doch das werde ich die nächsten zehn Jahre nicht mehr tun, das ist gewiss. Das war mehr aus einem Anstandsgefühl der Kirche gegenüber, die Feiertage geschenkt zu bekommen. Wobei wenn ich überlege, wie viel ich an Kirchensteuer vor dem Austritt gezahlt habe, habe ich das fast als Dienstausfall kompensiert.
Matteo hielt es ähnlich mit dem Glauben und hielt mich mit seiner behandschuhten Hand, als wir in das Kirchenschiff eintraten. Mein Neffe wies uns den Platz zu, an dem das Weihwasser gab. Ich hatte alle Mühe ihn davon abzulenken, um nicht unnötig Zeit zu vergeuden. Denn Zeit bedeutete von der Dorfsippe observiert und begutachtet zu werden. Wenn sie einen einmal erblickten, ließen sie nicht mehr von den Blicken ab, bis man grüßte. Falls man auch nur überlegte dies zu unterlassen, gab es die Ellenbogen meiner Eltern in meine Rippen oder eine andere Maßnahme, die wieder klar machen sollte, dass man sich als Schaf unterzuordnen hatte. Ich schritt mit gesenktem Blick zur Kirchenbank, konnte in Ruhe denken und versuchen offen zu bleiben, was den Inhalt anging. Der dröhnende, mahnende Bass der Kirchenorgel drang durch meinen Körper. Christentum bis zum Anschlag. Leere. Es hatte wieder nicht funktioniert. Ich fühlte mich wie auf einer Schlagerparty, in der alle mit Begeisterung den eingängigen Takten und Liedinhalten folgten, nur ich war der unnachgiebige Stein, der auf Klassik stand und sich nicht anpassen konnte. Dann war jetzt zumindest ich wieder um eine Erkenntnis reicher.
Wir sind nach zwei Tagen wieder zuhause. Beim Bowling konnte ich vormittags Kugel für Kugel die Gedanken an das weihnachtlich dörfliche Zeremoniell wieder abgeben und in die Kegel donnern lassen. Die brechend volle Bowlingbahn gibt mir wieder das Gefühl, dass alternative Weihnachten gute Weihnachten sein können. Vertraut sitzen wir zusammen im trauten Heim bei Kerzenlicht. Matteo lässt mich seine Wärme spüren. Er nimmt mir, nachdem ich ihm zugenickt habe das Handy ab und küsst mich sanft und forschend. Es dauert keine zwei Minuten da wird mein Kopf gehalten und ich kann mich fallen lassen. Seine Finger finden sich an dem Ansatz meiner Brüste wieder. Sie sind etwas angespannt und es dauert eine Zeit bis sie Lust haben berührt zu werden. Wie als ob ein Schalter umgelegt wird ist mein Blick gedämmt und mit viel Lust getränkt. Er nimmt mich sogar auf seine Arme und trägt mich ins Bett. Vorsichtig erlöst er mich von den vielen herumschwirrenden Gedanken und gibt mir einen angenehmen Grund auf 180 zu kommen. Er küsst meine Halsbeuge. Ich fühle die Gier und aufwallende Lust. Er wird mich nicht mehr in diesem angefixten Zustand belassen, das ist meine sichere Gewissheit. In einer Engelsgeduld zieht er meine Feinstrumpfhose nach unten und legt sie auf den Hocker neben dem Bett. Er verreibt das beruhigende Lavendelöl zwischen seinen Händen uns knetet mich weich. Nichts lässt er aus. Ich fühle mich angenommen und warm. Eine Flut von Erregung überkommt mich ein paar Sekunden später als eine lang zurückgehaltene Naturgewalt. Ich möchte ihn jetzt. Als er sich auskleidet, entferne ich meinen Tampon und wickle ihn in ein Taschentuch. Das weiche rote Handtuch fühlt sich gut unter meinem Po an. Matteo hatte es bereits bereitgelegt und mir lächelnd untergeschoben. Ich zucke zusammen, als das Öl auf meinem Bauch und der Scheide verteilt wird. Mit der Außenkante seiner Hand streift er beide äußeren Labien entlang, bis die kleine Erbse einen Spalt weit herauslugt. Nochmal kommt Öl direkt auf die kleine Öffnung meiner Schamlippen. Fließt die Spalte entlang. Sein Zeigefinger lässt meine Klitoris spitz werden als sie umgarnt und dann direkt mit ganzer Aufmerksamkeit des Fingers erregt wird. Ein Raunen entfährt mir. Ich führe seinen erigierten Schwanz an meiner Scheide entlang. Blicke in die schwarze Iris seiner Augen. Lecke die Eichel und schiebe seinen Schaft vorsichtig hoch und runter. Sein Atem und der steifer werdende Penis, der mittlerweile zwei Drittel mehr Volumen aufweist erinnern mich an seine und meine Mission. Er fingert mich, sodass es nur ein Ziel gibt. Die Vollendete Verschmelzung zweier heißblütiger Seelen. Die gemeinsame Feier des Andersseins. Teuflisch gut.
Feiertagsjetlag
Ehemann und Liebhaber - Teil XIX
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