Mit einem Ruck, begleitet von einem leisen Fluch des Fahrers, hielt der Bus an. Der Fahrer öffnete die Türe und eine Frau stieg ein. Sie hatte hellblonde, fast weiße, schulterlange Haare, die jetzt durchnässt strähnig auf ihren Schultern und zum Teil in ihrem Gesicht klebten. Sie trug nur ein dünnes Sommerkleid und Sandalen. Der Regen hatte den Stoff des Kleides an ihren Körper geklebt. Ihre kleinen, runden Brüste, ihre Taille und ihr flacher Bauch waren deutlich zu sehen.
"Hier ist keine Haltestelle!" schrie sie der Fahrer an. "Sie können doch nicht einfach vor den Bus springen!"
"Ich will nur rasch nach Hause" sagte sie. "Mir ist kalt."
"Haben sie einen Fahrschein?" wollte er von ihr wissen.
"Nein" antwortete sie. "Ich habe auch kein Geld." Sie lächelte den Fahrer an.
"Na soll sein" brummte der Fahrer nach dem er die Frau schweigend angesehen hatte. Er schloss die Türe und ließ den Bus anrollen. "Is’ ja nicht mehr weit" fügte er noch hinzu.
Sie blieb nahe der Türe stehen. Er sah ihr Profil. Ein sehr feines aber markantes Profil mit auffällig flacher Nase. Sie sah bleich und müde aus, war klein und zierlich. Vielleicht 160? Maximal, entschied er. Sehr mädchenhaft, aber sie betrieb offenbar Sport. Ihre Waden waren stark, ihre Fesseln zierlich wie ihr Körper. Das Kleid, das knapp oberhalb der Knie endetet war leicht nach oben gerutscht als sie sich an der Griffstange des Busses festhielt. Auch ihre Oberschenkel schienen muskulös aber wohlgeformt.
Sie sah ihn an und lächelte.
Bei der Endstelle stieg sie vor ihm aus. Der Regensturm war vorbei.
Sie ging langsam. Er hatte den Eindruck, dass sie auf in wartete. Er holte sie ein. Als er an ihr vorbei gehen wollte, lächelte sie wieder.
"Können wir gemeinsam gehen?"
Er blieb stehen.
"Wo wohnen sie?" wollte er wissen.
"Nicht hier," sagte sie.
"Was suchen sie dann hier?"
"Einen Platz. Einen Platz zum schlafen. Haben sie einen?"
"Ja natürlich habe ich einen. Ich wohne hier."
"Und sie haben ein Bett."
"Ja,"
"Ein großes Bett?"
"Ich lebe alleine. Mein Bett ist nur für mich."
"Ich kann auch auf dem Teppich schlafen. Haben sie einen Teppich? Oder eine Bank?"
"Die ganze Wohnung ist ein Teppich. Grundausstattung."
"Fein."
"Was ist fein?"
"Ich werde auf dem Teppich schlafen. Das ist fein."
"Wir gehen in meine Wohnung und ich rufe ein Taxi. Das bringt sie nach Hause."
"Ich habe kein Geld."
"Ich borg ihnen Geld für die Heimfahrt."
"Ich habe keine Wohnung." Nach einer kurzen Pause: "Mir ist kalt. Wir sollten gehen."
Er sah sie an. Sie zitterte. Auch er fühlte wieder die kalten, nassen Kleider an seinem Körper.
"Sie haben keine Wohnung? Obdachlos?"
"Nein. Hier habe ich keine. In dieser Stadt."
"Woher kommen sie?"
"Ist das denn wichtig?"
"Ach woher! Ich unterhalte mich mit einer völlig Fremden, die bei mir übernachten will, weiß weder ihren Namen noch woher sie kommt. Sie haben recht. Ist ja alles nicht wichtig!"
Felizitas
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Felizitas
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