Felizitas

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Felizitas

Felizitas

Michael Müller

"Ich hörte Gäste in einem Lokal darüber reden," gab er zur Antwort.
"Oft machen sich Leute nur wichtig mit solchen erfundenen Geschichten. Sind sie neu im Job?"
"Knappe drei Wochen," log Martin.
"Sie werden noch öfter über solche Stories stolpern," meinte der Beamte und fügte hinzu: "Viel Erfolg noch bei ihrer Arbeit."
Dann war die Verbindung unterbrochen.
Er überlegte. Sollte er die Spitäler anrufen? Nein, entschied er. Wenn jemand nackt und ohne Ausweis und Geld in einem Spital aufgenommen wird, würde dieses sicher die Polizei verständigen. Bei dieser wurde aber "kein solcher Vorfall protokolliert" wie ihm der Pressedienst versichert hatte.
Wieso war er so davon überzeugt, dass sie nackt sein musste? Er öffnete den Kleiderschrank im Vorraum. Hosen, Jacken, Hemden waren vollzählig vorhanden. Bei seinen T-Shirts konnte er nicht wirklich sicher sein. Bei seinen Socken noch weniger – gab es überhaupt Menschen welche die genaue Anzahl ihrer Socken wussten? Seine Unterwäsche ignorierte er. Nichts davon kann einen Körper, auch wenn dieser zierlich und maximal 160cm groß war, so umhüllen, dass nicht sofort die Menschen auf der Strasse nach der Polizei riefen und der oder die Person in der psychiatrischen Klinik landen würde.
Die psychiatrische Klinik! Hier wollte er es noch versuchen. Er suchte die Telefonnummer, wählte, ließ sich mit der Aufnahmekanzlei verbinden.
"Oberschwester Steininger" meldet sich eine Frauenstimme.
Er log wieder über seine Beschäftigung bei der Lokalzeitung und frug nach der nackten Frau, welche heute morgen eingeliefert oder aufgenommen worden war.
"Wir haben in den vergangen Stunden überhaupt keine Frau aufgenommen. Nur zwei Männer, Alkoholiker. War eine ruhige Nacht," sie begann über die Arbeit auf ihrer Station zu sprechen. Ob er nicht einmal einen Bericht über die Arbeit in der Abteilung schreiben wolle? Sie könne ihm viele interessante Geschichten erzählen. Sie findet es wichtig, die Öffentlichkeit über die hier geleistete Arbeit zu informieren. Er unterbrach ihren Redefluss. Er sei heute sehr in Eile, würde sich aber in den kommenden Tagen wieder bei ihr melden.
Er atmete tief durch nachdem er das Gespräch endlich beenden hatte können.
Felizitas schien verschwunden, aufgelöst.
Die Katze fiel ihm wieder ein. Er versuchte sie unter dem Bett hervor zu locken. Kein Resultat. Mit dem Besen wollte er sie vorziehen. Die Katze sprang über diesen und versteckte sich unter dem Tisch.
Er gab die Jagd auf. In der Küche trank er seinen Morgenkaffee. Er hatte keinen Appetit. Aß nichts, rauchte nur.
Es war kurz vor 10h.
Er wusch sich, zog sich an und machte sich auf den Weg ins Büro. Das Zimmerfenster ließ er offen stehen. Um die Katze wollte er sich am Abend kümmern.
Er verließ das Haus. Im Bus entschied er, seinen Freunden seine Geschichte nicht zu erzählen.
Als er abends nach Hause kam war die Katze fort. Sie musste aus dem offenen Zimmerfenster gesprungen sein.
Katzen können aus großer Höhe fallen ohne sich zu verletzen, erinnerte er sich.

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