Bis zur Erschöpfung arbeitete Filomena Tag für Tag im Reinigungsdienst eines kleinen Spitals in der Region. Viel zu lachen gab es nicht in ihrem Job – die Bedingungen waren noch härter geworden seit der letzten Inflation, und Filomena wusste kaum mehr, wie sie das Geld für ihre Miete, geschweige denn für die Krankenversicherung zusammenkratzen sollte. Ohnehin fand sie das System höchst ungerecht. Wer in einem Spital nahezu für lau arbeitete, sollte nicht auch noch Geld für eine Krankenversicherung abdrücken müssen, Monat für Monat – Geringverdienerinnen wie sie schon gar nicht. Mit Herzklopfen verfolgte Filomena, die bereits seit über 5 Jahren in Deutschland lebte, die Brandreden von Alice Weidel auf Tiktok. Wie sie diese Frau liebte, diesen genialen Mix aus Scharfsinn, Hellsichtigkeit, Arroganz, Humor und Herzenswärme. Aber irgendwann, tief in der Nacht, hatte Filomena sich durch die ganzen Tiktok Kanäle hindurchgenudelt und liess ermattet die Hand sinken, die gerade eben ihr Smartphone gehalten hatte.
Da waren aber noch ganz andere Dinge zu bewundern auf dieser nicht ganz harmlosen, durchaus süchtig machenden Plattform. Frauen, die ihre geilen Kugelbrüste zur Geltung brachten, in Träger-T-Shirts und TankTops. Man konnte sie auf ihren Kanälen live kontaktieren, diese zumeist sehr jungen Frauen, ihnen virtuelle Blumen schicken und sich in die Diskussionen einklinken. Man konnte mit ihnen über alles reden, ausser über diese appetitlichen, runden Attribute, die sie zur Schau stellten. Sie taten das niemals aus Gründen des Exhibitionismus, sondern eigentlich nur, um Scroller:innen anzulocken, um mit ihnen das zu diskutieren, was sie als Influencerinnen tatsächlich beschäftigte. Und das waren keinesfalls ihre Titten. Sondern Dinge, die, anatomisch betrachtet, weiter hinten lagen. Tief in den Herzen begraben. Sitz der Seele. Intime Einblicke in Frauenleben. Wer den heutigen Zustand der Menschheit erkennen will, der scrolle sich am besten nächtelang durch die TikTok-Plattform.
Filomena stand der Sinn aber nicht nach Philosophie, nicht nach soziologischen Studien, auch anatomische Details ihrer Geschlechtsgenossinnen liessen sie eher kalt. „Brüste sind nun mal Brüste“, dachte sie sich, „ich habe ja auch welche, und die sind gar nicht mal von schlechten Eltern“. Nein – Filomena scrollte, wie wohl die meisten, aus Einsamkeit. Was hätte sie auch sonst tun sollen – nach Arbeitsschluss? In der Bar um die Ecke ein Bier heben? Allein? Als Freiwild? Männer, so ihre Meinung, verstanden es ohnehin immer schlechter, in der Öffentlichkeit mit einer Frau Kontakt aufzunehmen. Sie waren alle derart bildschirmsozialisiert, die Wisch-und-Weg Mentalität von Tinder hatte sie derart ergriffen, dass sie nicht mehr wussten, wie sie sich an eine Frau wenden sollten. Mit was für Worten. Mit was für Gesten. Dabei liebte Filomena Männer. Es gab auf den Stationen, die sie tagtäglich reinigte, doch so einige von ihnen. Den meisten Sahneschnitten begegnete sie auf der Orthopädie. Junge Sportler, hilflos eingegipst, kamen ihr im Korridor entgegen und lächelten ihr zu, was der hübschen Filomena durch und durch ging. Sie ahnte, wie sie wirkte, in ihrem hellblauen Arbeitsdress mit der zu engen Hose, unter der sich ihr Hintern abzeichnete und die Ränder ihres Sloggi Slips auftrugen. Sie mochte sich gar nicht ausmalen, was den Sahneschnitten durch den Kopf ging, wenn Filomena sich in den Krankenzimmern vor ihnen bückte – etwa, um eine Bananenschale aufzuheben. Verbal belästigt wurde sie allerdings nie, kannte aber diese Geschichten vom Hörensagen ihrer Kolleginnen. „Ich war im Lift“, so der Tenor, „und da hat mir ein Besucher einfach so an den Hintern gegriffen. „Geiler Arsch“ gesagt. Und die Kabine im 12. Stock lachend verlassen.
Wieder eine dieser lauen Nächte, in denen Filomena in ihrem geblümten Lieblingsnachthemd auf dem Bett lag und sich durch Tiktok scrollte. Dann atmete sie tief durch und hielt inne. „Corina“ hiess das Mädchen, das sich zeigte. Sie stand einfach da, in einem hautengen weissen Ballett-Trikot, das neckischerweise fein gerippt war. Den linken Arm hielt sich Corina vor die Brüste, die rechte Hand bedeckte ihre Intimregion. Dazu smilte Corina verführerisch in die Kamera. Sie wusste genau, was Männer wollen, was sie von einer Frau im weissen Trikot erwarten. Dann liess Corina für einen Sekundenbruchteil ihre Arme sinken und gab den Blick frei auf ihre spitzen dunklen Nippel – sie trug keine Unterwäsche – und auf die zarte Spalte zwischen ihren Beinen. Dieser Move, vom verschämten Verdecken bis hin zum sekundenschnellen Blosslegen war derart unverschämt, dass Filomena laut seufzte. Filomena wurde sofort heiss, obwohl sie durch und durch auf Männer stand. Aber diese junge, freche Corina hatte es ihr angetan. Und wie! Sie liess das Kurzvideo in Dauerschleife laufen, und eine neue App ermöglichte sogar das Abspielen in Zeitlupe. Corina liess die Arme somit in Zeitlupe sinken, und die Leser:innen konnten die verräterischen sexuellen Merkmale der jungen Frau in aller Ruhe geniessen. Corina hatte langes, rotblondes Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, was die Sequenz noch geiler machte. Sie war barfuss, trug um den Hals eine feine Kette mit einem tropfenförmigen grünen Stein – und eben dieses weisse gerippte Baumwolltrikot. Als ob das nicht schon weitaus genug wäre, drehte sich Corina am Schluss des Videos langsam um und zeigte ihren prallen Hintern. Dann bückte sie sich – und die perfekte kleine Sexshow war beendet. Knapp schrammen solche Videos an der Sperre vorbei – die Zensor:innen finden nichts dabei. So wenig wie bei POC-Frauen, die ihre Nippel bedenkenlos zeigen dürfen. „Ist wohl kulturell bedingt“, denkt sich Filomena jedes Mal und erinnert sich an das Theater, das entstanden war, weil sie einmal, an einem Frauenstreiktag, mit mehreren Kolleginnen vor der katholischen Kirche oben ohne posiert hatte. Man hatte sie sofort erkannt, und beinahe hätte sie ihre Stelle im Spital verloren. Wegen zwei harmlosen, bemalten, wenn auch sehr sehenswerten Brüsten.
Und weil Filomena keine Frau von Traurigkeit war, dachte sie sich, dass sie den Move von Corina, der ihr so gefallen hatte, allen Widerwärtigkeiten zum Trotz nachstellen wollte. Die
Tiktok Moves gehen ja nur viral, weil von einer Nacht auf die Nächste alle Frauen dasselbe wollen. Das Haar zu einem Dutt hochstecken. Und es dann fliessend über die Schultern fallen lassen. Hach. Unschuldig die Arme hinter dem Kopf verschränken und die Achselhöhlen herzeigen. Seufz. Den Hintern in die Kamera halten und ein bisschen twerken. Lechz. Die Lippen filmen. Nur die Lippen. Von nah. Und ein wenig Speichel tropfen lassen. Arrrgh. All das führt zu wichsenden Männern, die sich diese kleinen Wunderclips in Dauerschleife reinziehen und dazu an ihren Schwänzen herumspielen. In der Arztpraxis, hinter dem Mahagoni-Schreibtisch. Tief im Wald, wo der Förster lebt. Oder gemeinsam, in der Fussballgarderobe. Johlend wichsen sie um die Wette, die Sportler, während Vera, Cleo oder Samira speicheln und mit der Zunge herumspielen. Warum auch nicht? Alles normal, ey! Heutzutage spricht man einfach darüber, ey!
Aber Filomena wollte nicht twerken, nicht speicheln und nicht ihre Achseln herzeigen. Sie wollte etwas Besseres. Sie wollte, sekundenschnell, ihre Nippel und ihren Camel Toe, ihre Spalte herzeigen. Vor Aufregung konnte sie kaum schlafen, und ihr Smartphone weckte sie viel zu rasch. Bei der Arbeit war sie zerstreut und konnte es kaum erwarten, bis endlich Abend war und sie im H & M ein geripptes Trikot erstehen konnte, den Männern da draussen zur Freude. Es gab auch Frauen da draussen, klar – aber Filomena konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie von ihr besessen sein, sie in Dauerschleife betrachten und sich dazu einen kleinen Tod gönnen würden. Da sind Frauen nun mal anders. Aber Filomena wollte für die Sahneschnitten da draussen da sein, für sie allein, totally private.
Filomena kaufte sich zwei Trikots, eines in hellgrün, eines in zartgelb, Grösse S, damit der Baumwollstoff untenrum so richtig einschnitt und ihre Labien teilte. Aufgeregt ging sie nach Hause, brutzelte sich ein Spiegelei, dazu etwas Brot, dann ging es an die Vorbereitungen. Vorbereitungen sind ohnehin das Geilste von allem, das wusste Filomena. Also ging sie ins Bad, zog sich aus und rasierte sie untenrum geübt und sorgfältig. Es galt, die kleinen roten Pünktchen zu vermeiden, sich gut einzucremen „da unten“, es galt, alle Härchen zu erwischen, auf dass sie ihre Spalte auf dem Präsentierteller zeigen konnte. Nur Stoff, nur eine Schicht hauchdünner, hellgrüner oder zartgelber Stoff würde die Viewers da draussen, die Community, von Filomenas eigentlichem Ich trennen. Filomenas nackter Vulva. Filomenas Damm. Filomenas Anus. Filomena ahnte natürlich, dass die Jungs in der Fussballergarderobe nicht von Vulva redeten. Sondern von Fotze. Nicht von Anus. Sondern von Arschloch, im besten Fall von ihrem Arschlöchlein. Was ein Damm war, entzog sich vermutlich ihrer Kenntnis. Denn für viele Fussballer gibt es im Grunde nur Löcher. Seien es die Löcher einer Frau, sei es das Tor, wo das Runde reinpassen muss.
Dann war Filomena bereit. Sie stand vor ihren Ganzkörperspiegel im Schlafzimmer, band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz, und übte. Linker Arm vor die Brüste. Rechte Hand vor die Mumu. Schamhafter Blick. „Iiiiih... was wollt Ihr da draussen von mir, Ihr Perverslinge...“. Dann... beide Arme gleichzeitig sinken lassen. Steife Nippel und Camel Toe herzeigen. Umdrehen. Bücken. Popo in die Kamera halten. Schnitt. Und gut ist.
Bis dahin war alles glatt gelaufen. Der Kauf im H & M war perfekt, die Trikots sassen einwandfrei und zeigten her, was sie herzeigen sollten. Filomenas Nippel versteiften sich sehr rasch und waren gut sichtbar. Alles kein Problem. Auch das scheue, verhaltene Lächeln gelang Filomena auf Anhieb. Umdrehen... bücken... fertig.
Das Ding aber war die Filmerei. Da fehlte Filomena die Übung. Auch der Cam Stick, den sie von einer japanischen Freundin bekommen hatte, half nicht weiter. Entweder stimmte die Perspektive nicht, dann war es die Beleuchtung, dann wiederum war der Clip unscharf.
Seufzend setzte sich Filomena aufs Bett, so, wie sie war, im zartgelben Trikot. In der Zwischenzeit war sie aber derart heissgelaufen, dass es einfach sein musste. In genau dieser Vollmondnacht wollte sie sich den Leuten da draussen zeigen mit diesem geilen, neuen Tiktok Move. Filomena blieb nichts anderes übrig, als ihren Nachbarn anzurufen. Stefano und sie hatten eine gute, wenn auch bisher nicht sexuelle Beziehung, sie kauften füreinander ein, wenn jemand von beiden krank war, zu Ostern legten sie sich gegenseitig ein Nest mit ein paar Schokoeiern vor die jeweilige Haustür. Alles Sympathiekundgebungen – und Filomena dachte sich manchmal, dass Stefano möglicherweise mehr wollte, sich aber nicht traute, es ihr zu sagen. Er ging sofort ran. „Komm schnell rüber“, sagte Filomena mit Herzklopfen, „ich habe etwas zu besprechen und brauche Deine Hilfe“.
Als Stefano von der errötenden Filomena erfuhr, was sie vorhatte, reagierte er, wie das wohl die meisten Männer tun. Er war sofort geil, unterdrückte seine sexuellen Emotionen aber anstandshalber. Auf der anderen Seite fand er es nicht ganz o.k., dass der Sepp aus dem Berner Jura, Alexandros aus dem kretischen Malia, Gerd aus München sich Filomenas Camel Toe reinziehen konnten. Denn die Technik machte es ja möglich, die explizite Stelle ganz einfach herauszukopieren, und zwar hochauflösend. Ausdrucken. Aufs Kopfkissen legen. Loswichsen.
„Ach, was soll's“, sagte sich Stefano. Er lächelte seiner Nachbarin aufmunternd zu, und diese brachte sich in Pose. Bereits der zweite Take war perfekt. Es brauchte nicht mal eine Nachvertonung. Man hörte Filomenas leises Atmen während der Performance, und dieses leise Atmen war um Klassen geiler, als wenn sie jetzt eine Tonspur von Taylor Swift reingezogen hätte – mal abgesehen von möglichen urheberrechtlichen Problemen.
Mit leisem Zittern betrachtete Filomena den Clip. Sie trug das hellgrüne Trikot, weil dieses ihr gemäss Stefano besser stand. Und Filomena gefiel sich und verfiel in das, worin heutzutage Millionen von jungen Frauen verfallen: In grenzenlose Selbstliebe. Sie war so selbstverliebt, dass sie den Clip unbedingt, in den nächsten Minuten, teilen wollte.
Filomena stand unter Strom, postete den Clip und nickte Stefano zu, im Sinne von „es ist vollbracht“. Dann gab ein Wort das andere, Filomena suchte Stefanos Nähe, im Schlafzimmer waren die beiden ja bereits. Und Stefano suchte Filomenas Nähe. Beide waren derart heiss, dass Filomena nicht mehr dazu kam, ihr Trikot auszuziehen. Stefano schob den Stoff zur Seite, reizte mit den Fingerspitzen Filomenas klitschnassen Scheideneingang... dann nahm er sie genussvoll, mit kräftigen Stössen, die Filomena mit kleinen, spitzen Schreien quittierte. „Du glaubst gar nicht, wie lange ich schon davon träume“, raunte Stefano Filomena in ihr erhitztes rechtes Ohr. Durch den Baumwollstoff hindurch saugte er sich an ihrem linken Nippel fest und drang tief in die junge Frau ein. Noch tiefer. Und noch tiefer. Bis beide im ewiglich währenden Rhythmus inniger Liebe versanken.
Die beiden machten es mehrmals, mal hart, mal zärtlich, und hatten bald keine Geheimnisse mehr voneinander. Der Vollmond verzog sich hinter eine Nebelwand, nur die Strassenlampe vor Filomenas Schlafzimmer sandte diesiges Licht auf ihre bunte Bettdecke. Eng umschlungen schliefen die beiden ein, während da draussen die TikTok Community raste.
Am nächsten Morgen... hatte Filomena 200'000 Follower:innen. Weltweit. Aber viel wichtiger für sie: Sie hatte einen liebevollen Freund gewonnen, dem sie nun Kaffee kochen würde.
Filomenas Punze
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