Flüstereien und ein ernstes Gespräch

Eine nicht alltägliche Familie - Teil 69

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Flüstereien und ein ernstes Gespräch

Flüstereien und ein ernstes Gespräch

Grauhaariger

„Ich will auch mit nach Österreich!“ Leon hatte mitbekommen, dass Martin am morgigen Montag die Firmendependance im Nachbarland besuchen will.
„Und der Kindergarten?“, fragte Martin.
„Och, Österreich ist bestimmt spannender!“ Nein, Leon war nicht auf den Mund gefallen.
„Wir müssen aber die Frau da Silva auch mitnehmen!“
„Die Franziska?“ Natürlich kannte der Andersson-Junge die Frau aus der Verwaltung, die seit dem ersten Januar die Geschäftsleiterin des österreichischen Ablegers ist. „Macht nichts! Dann nehmen wir sie halt mit!“
Leon durfte vorn neben Martin sitzen. Natürlich in seinem Kindersitz! Franziska nahm im Fond Platz. Links, hinter dem Fahrer.
Während der ersten Kilometer wurde über Belangloses gesprochen. Leon war, da er schon öfter mit Oma und Opa nach Stralsund unterwegs war, längere Strecken gewohnt und schaute interessiert in die Umgebung.
Irgendwann beugte sich die neue Geschäftsführerin so weit nach vorn, dass sie ihrem fahrenden Chef, unhörbar für Leon, ins Ohr flüstern konnte. „Vor Weihnachten, bei Euch …“ Martin drehte als Zeichen aufmerksamen Zuhörens seinen Kopf ein klein wenig nach rechts, „ihr und die Baumüllers …“
Martin spitzte seine Lippen ein wenig. Er überlegte, was er Franziska über ihr Verhältnis zu Pat und Nils anvertrauen sollte beziehungsweise dürfte.
„Ich weiß, dass ihr die Partner tauscht!“ Franziska warf Leon einen Seitenblick zu. Aber der Junge interessierte sich im Moment eher für einen der Sattelzüge auf der rechten Spur, der einen Bagger geladen hatte.
Martin bestätigte durch ein Kopfnicken die Aussage seiner neuen Geschäftsführerin.
Würden die Anderssons auch von ihr und ihrem Mann ein dementsprechendes Verhalten erwarten? Franziska da Silva wollte auf der Fahrt dieses Thema ansprechen. Da aber Martins Sohn nun dabei war, warf dies ihre gut überlegte Strategie, diese heikle Sache zu thematisieren, völlig über den Haufen.
„Mein Mann und ich fragen uns natürlich…,“ Franziska stockte kurz, „ob ihr das auch von uns erwartet?“ Leon hatte jetzt das Flüstern bemerkt und fragte: „Was macht ihr denn da?“
„Wir reden nur über die Firma!“, beruhigte Martin seinen Sprössling. Dieser gab sich zunächst mit dieser Antwort zufrieden.
„Nein“, antwortete Martin ruhig und gelassen auf die Frage seiner bisherigen Verwaltungsleiterin. „So etwas würden Olivia und ich niemals von jemandem erwarten!“
„Was?“, fragte Leon.
„Dass man etwas Bestimmtes für uns tut!“ Auch diesmal gab sich der Vierjährige mit der Antwort zufrieden.
Selbst Martin bemerkte durch seinen Blick in den Rückspiegel, dass seiner Angestellten ein Stein vom Herzen fiel.
War er seiner neuen Geschäftsführerin eine weitere Erklärung schuldig? Martin überlegte kurz und meinte dann: „Patricia ist schon lange eine gute Freundin und nach dem Vorfall in Brasilien und Gesprächen mit meiner Frau sowie Nils beinahe begeisterten Zustimmung …“ Nein, mehr würde er jetzt nicht mehr dazu sagen.
„Was ist mit Pat?“ Leon hatte große Ohren.
„Ach, die Baumüllers kommen uns doch jetzt öfter mal besuchen…!“
„Ja! Pat ist ja auch meine Freundin!“ Beide, Franziska und sein Dad, wurden von Leon kurz angesehen, bevor dieser wieder sein Augenmerk auf die Umgebung richtete.
Frau Direktor, in Österreich wird man schnell so tituliert, beugte sich wieder flüsternd Martins Ohr zu. „Das freut mich für Euch!“
Der Firmenchef grinste zustimmend. Und bekam zu hören: „Juan und ich … wie soll ich sagen … wir überlegen schon länger …“
Martins Kopfkino begann in Bruchteilen von Sekunden Bilder zu erzeugen. Wollten die da Silvas ihn als zweiten Mann im Bett dabeihaben? Hatte er doch Franziska immer nur als graue Maus wahrgenommen. Aber seit besagtem Freitag vor Weihnachten, als er sie nackt im und am Pool gesehen und erlebt hatte „… ja, warum nicht?“
„Was meinst Du? Ob wir die Baumüllers einmal ansprechen dürften …?“
„Bam!“ Als wäre er jetzt unvermittelt in die Faust einer Person wie Muhammed Ali gelaufen, wurde Martin auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Nicht er war Ziel der Begierde, sondern Nils und Patricia!
Aber nach der Schrecksekunde begannen auch hier Bilder in Martins Kopf zu entstehen. Er sah seine beiden Geschäftsführerinnen, wie sie im Büro zusammenstehen, kurz diskutieren, sich dann küssen, weiter diskutieren, sich berühren und am Abend dann mit dem Mann der jeweils anderen im Schlafzimmer verschwinden. Oder alle vier zusammen …!
Martin zuckte kurz, als Franziskas mit der Hand an seine Schulter fasste. „Entschuldige die Frage! Blöde Idee!“
„Nein, keine blöde Idee!“ Martin schaute Franziska durch den Rückspiegel ins Gesicht. „Sprecht sie an!“ Martin wurde irgendwie seltsam zumute. Machte sich Eifersucht in ihm breit?

*****

Deborah van Hoof reichte Olivia die Hand und bat sie, Platz zu nehmen. „Danke, dass Sie gekommen sind Frau Andersson!“
Die Flugkapitänin orderte ebenso einen Café Latte wie bereits einer vor ihrer Gesprächspartnerin stand. „Nun?“ Olivia schaute ihr Gegenüber fragend an. Was die Frau ihres Liebhabers wohl von ihr wollte? Am Telefon hatte sie nichts durchblicken lassen.
„Und Sie steuern so ein großes Verkehrsflugzeug?“ Frau van Hoof wirkte neugierig.
„So ist es! Eine A350. Da passen so etwa 300 Passagiere rein!“ Olivia erzählte schon ein wenig stolz von ihrem Beruf. Und da die Frau ihr gegenüber keine Miene verzog und auch keinerlei Kommentar abgab, fragte Liv nach ein paar Momenten: „Und nun?“
Olivia schaute ihr Gegenüber fragend an. Was die Frau ihres Liebhabers wohl von ihr wollte? Am Telefon hatte sie nichts verraten.

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