Die Führung

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Die Führung

Die Führung

Rena Larf

„Waren Sie schon mal im Erotic Art Museum?“
„Sicher“, sagt er.
„Alleine?“, frage ich.
„Auch“, antwortet er–„ in einer Ausstellung für erotische Kunst. Sie müssen wissen, ich bin ein besessener Sammler – meine Leidenschaft gilt sinnlosem Zeugs wie Gemälden, Papierservietten, Handynummern, Slips und Haarlocken.“
„Aha!“, sage ich, wenig überrascht. “Und ich habe mal einen Buchstabierwettbewerb gewonnen!“
Er lächelt und schaut mir in den Spalt zwischen meinen Brüsten, die in meiner schwarzen Bluse über den Tisch wogen. Es ist berauschend, und ich genieße den primitiven Beweis der Wirkung, die mein Körper auf ihn ausübt. Ich genieße die Erwartung. Seine und meine. Die urtümliche Lust einer Frau, die darauf lauert, von ihm genommen zu werden und die sich nimmt, was sie braucht.

Es ist schon erstaunlich. Ich habe ihn nur ein einziges Mal vor vier Tagen auf einer erotischen Lesung gesehen. Er saß im Publikum, eher unscheinbar.
Ich habe ihn sozusagen mit Buchstaben gefüttert
In mir ist sofort der Wunsch erwacht, in diesem aufmerksam zuhörenden Gesicht spazieren zu gehen, meine Augen in seinem Mund zu baden.
Offensichtlich war ich mit diesem Wunsch nicht alleine.

Ich erzähle ihm nun bei einem Frühstückscafé im Restaurant, dass ich heute Abend in einem besonderen Raum auf der sündigen Meile lesen werde.
Der Gedanke alleine erregt ihn aufs Äußerste. Ich sehe, dass jede seiner Synapsen empfänglich für meine Worte wird. Hautgedanken, heißes, lebendiges Fleisch an meinem heißen lebendigen Fleisch. Lust…Schweißtropfen auf seinem triefend männlichen Körper stelle ich mir vor. In meiner Fantasie schmeckt er scharf, nach frisch rasierter Männerhaut, nach Salz.
Ich berühre leicht seine Schläfen. Ich tauche willentlich in die eigenen gefahrvollen Untiefen meines eigenen lustvollen Ichs hinab und stelle mir vor, wie ich ihn zärtlich hinter dem Ohr küsse - dort, wo man den brodelnden Puls durch seine zarte, weiche Haut spüren kann. Wie es wohl wäre, die Stelle mit meiner Zunge zu liebkosen, ihn zu lecken? Leise muss ich lächeln und empfinde einen wollüstigen Schauder bei dem Gedanken an die Fantasie, die ich ihm jetzt als Vorspiel bescheren werde…

„Stell dir vor, wir nehmen teil an einer Führung im Museum. Betrachten die Kunst des Horizontalen. Führung… geführt werden“, spreche ich lockend auf ihn ein.
Ja,… mhmm… ist es nicht die Stimme, die sich als erstes in seinen Schädel schlagen wird? In diesen Kopf, der sich jetzt süffisant lächelnd ein Bild von mir zu machen versucht?
“ Nimm zum Beispiel eine Lithografie von Ungerer, die Radikalität seiner Obsessionen..“, spreche ich weiter.
„ Steinwände im Gewölbekeller, die Kunst des Genießens als Herausforderung. Blick zum Bild, Blick zu mir... Rückblick. Ein Lächeln auf den Lippen... dieser ganz besondere Augenschein... der Pulsschlag, der dir in die Schläfe springt.....*
Ich kann spüren, wie er sich in die gut situierte Gruppe aus Finanzoptimierern und IT-Experten versetzt, die sich mit schlurfenden Schritten wie eine Traube durch die „unerhörten Dinge“ bewegt.

„Hmmm - eine faszinierende Vorstellung“, murmelt er leise.“ Wir wissen beide, dass wir nicht nur an die künstlerischen Aspekte des Werkes denken, bemühen uns aber um ein höfliches, intelligentes Gespräch über die Pikanterie des Bildes. Dabei sprechen die listig und lüstern zwinkernden Augen eine ganz andere Sprache als der lächelnde Mund ...“
Ich sehe ihn an. Was würde er alles mit diesem Mund gerne machen wollen? Wo würden seine Lippen heute Abend nach der Lesung spielen? Ich flirte mit der Zukunft und lasse meine Vorstellungen wandern…

Wie ich diesen allerersten Kuss liebe.
Nach Tagen der Sehnsucht ist er die erste kleine Explosion der Vorfreude.
Seine Zunge umspielt die meine.
Wie nass sie ist, die Zunge
, wie sie meine Zähne umkreist, meinen Mund tief ausfüllt. Fest. Und geschmeidig. Selbstbewusst. Und warm. Sie schmeckt nach Schmeichelei, nach Frucht der Lust. Nicht bitter, nicht scharf. Vielleicht etwas nach Apfel.
Ich will an seinem Körper lecken, schießt es mir in den Sinn, wie besessen in seinem Schweiß baden.

„Ja,“ lächele ich leise, auf dem Boden der Tatsachen zurück gekehrt. „Wir sind in Gesellschaft... müssen den Schein wahren..., was das Ganze noch prickelnder macht. Dein Lächeln in den Mundwinkeln verspricht eine ungeahnte Süße. Mein Blick verfängt sich in deinen Wimpern, streichelt die Lachfältchen um deine Augen, ohne sie auch nur zu berühren…“
Wie es wohl wäre, mit ihm den süßen Tod dieses Augenblickes zu erleiden, um gleich wieder wie Phönix aus der Asche emporzusteigen, um aufzubrechen zu neuen pikanten Schweinereien?

Er beobachtet mich, empfindet mit seinem Blick den Schwung meiner Schultern nach, wandert mit seinen Augen auf und ab, bevor er fort fährt:“ Mein Blick reißt sich von deinem los, als die Führerin uns auf ein weiteres Exponat im Rücken der Gruppe hinweist. Die Gruppe wendet sich diesem zu und ganz plötzlich steh ich hinter Dir, viel näher als der große Raum es erfordert - wir berühren uns nicht, obwohl uns beiden sehr danach wäre, aber wir weichen auch nicht einen Millimeter voneinander. Es ist der Reiz der Nähe und doch der Entfernung. Ich spüre, wie du den Atem anhältst, wie du voll Sehnsucht die Berührung erwartest. Ich werde einfach hinter dir stehen bleiben, werde auf deinen Nacken schauen, dich beatmen, werde spüren, wie sich die Erregung der Spannung aufbaut. Ich rieche Deinen Körper, ahne deine Lust und deine Begierde – aber ich werde den Teufel tun, dich zu berühren!“

„Ja, ich spüre dich hinter mir, ganz nah und doch ist es diese dezente Entfernung, die du einhältst und die mich verrückt macht ohne Ende.
Ich bilde mir ein, deine schönen Hände kreisen über meinen Rücken, enden auf meinen Schulterblättern. Du lässt deine Fingernägel über meine Haut fahren, wanderst die Wirbelsäule hinab, reist wieder nach oben, knetest meine Schulterblätter und diese kleinen Kuhlen davor. Du küsst meinen Hals, hinterlässt eine feuchte Strasse heißer Küsse. Und doch, das alles passiert nur in meiner Fantasie. Ich neige den Kopf zur Seite, lausche den Worten der Führerin und wünsche mir, dass du in meinem Schoß weidest. Deine Lippen sind ganz nahe an meinem Ohr, wie sie flüstern von lüsternen Begierden, wie sie mich ins Verderben locken, einem süßen Verderben voller Lust und Hingabe...“

An seinem Blick erkenne ich, dass er das Beben spürt das in jenem Moment durch meinen Körper geht. Er schiebt den Träger meines Kleides leise hinunter und ich spüre, wie sich seine Zunge zärtlich leckend meinen Warzen nähert. Seine Hand gleitet in meinem Tagtraum über meinen Bauch hinab zu meiner glatt rasierten Scham. Seine Finger streicheln mich, kosen meine intimste Stelle, durchwühlen mich.
Dann berühre ich sanft seine Eichel und spüre, wie er versucht, weitere Millimeter herauszukitzeln, um ihn mir in voller Größe zu präsentieren. Ich nehme seinen Schwanz in den Mund und verwöhne ihn, bis er das erste Mal kommt. Er gleitet gierig zwischen meine Schenkel, beginnt hart und mit kreisenden Bewegungen seiner Zunge meine inneren Lippen zu erforschen. ….

Genau das ist es, wovon ich in diesem Moment träume und mich davor hüten muss, mich zu vergessen, mit all den Menschen um uns herum und der Frage der Kellnerin „Hat es geschmeckt?“, - für die ich so jetzt gar kein Ohr habe. –

Und als wenn er ahnt, welche sündigen Fantasien in meinem Kopf herum springen flüstert er leise über meinen Frühstücksekt hinweg:
„Viel lieber als hier zu sitzen, würde ich Dich gerne überall meine Hände und meine Zunge spüren lassen, intensiv und doch zärtlich dabei, deinen Hals küssen und die Gänsehaut spüren, die das in Dir auslöst, Dich an mich ziehen und in Dir versinken, die Welt um uns herum vergessen...“

„Mhhmm... ja.. die Welt vergessen, das Universum seinen Atem anhalten lassen.
In all dieser Menschenmenge und zwischen den Gängen und den erotischen Exponaten... eine Welt allein zu Zweit.
Zu erfahren, wie beglückend es sein kann, Dinge am anderen zu entdecken, die nicht zur Schau gestellt sind für die Masse, die kleinen Schwächen, die großen Stärken… zwischen Küssen vor den Überwachungskameras.“

Ich spreche dieses Wort ganz langsam aus, fast wie zufällig und gebe ihm doch einen Klang von ungeheurer begehrlicher Tiefe.
Er steht auf und beugt sich über den Tisch zu mir, um seine Zunge zwischen meinen Lippen zu versenken.

„Du Luder, deine Phantasien regen mich sehr an. Heute Abend nachdem du gelesen hast auf der sündigen Meile, gehen wir ins Museum. Ich will deinen Körper in meinen Armen halten, ich will deinen heißen Atem spüren und dich mit meiner Erregung noch heißer machen. Wir beide wissen ganz genau, dass die Kameras uns beobachten. Wir genießen es, zu wissen, dass wir vielleicht von Gesichtslosen beobachtet werden, die so gerne mit uns tauschen würden.
Und dann …dann, werden wir entscheiden, wer von uns die Führung übernimmt!“

„Ja, das werden wir. Möchtest du noch einen Espresso?“

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