Geschichten einer Reporterin

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Erwin Düsenberg

Fröstelnd zog Nina ihren Blazer enger um sich. Sie stand jetzt eine halbe Stunde auf dem zugigen Bahnhof und ärgerte sich, das sie ihren Zug verpasst hatte. Den Letzten für heute, wie sie unschwer von der Digitalanzeige am Bahnsteig ablesen konnte. So ein Mist. Dabei war es gerade heute doch so wichtig. In ihrer Tasche hatte sie die Notizen ihres Interviews, dem letzten Detail für ihren Artikel. Ihr Chefredakteur hatte ihr zum ersten Mal einen Leitartikel angeboten. Aber er hatte verlangt, das er am Samstag morgen um 8:00 Uhr fertig auf seinem Schreibtisch lag. Jetzt war es halb 10 am Freitag Abend und der nächste Zug würde nicht vor sieben Uhr am nächsten Morgen fahren. Keine Chance also, ihren Artikel zu tippen und ihrem Chef zu bringen. Verärgert über sich selbst ging sie aus dem Bahnhof um sich nach einem Hotelzimmer für die Nacht umzusehen.
Auf der Straße sprach sie einen jungen Mann an, der in einem eleganten Anzug auf den Bus wartete. „Entschuldigen sie, können sie mir sagen, ob es ein günstiges Hotel hier in der Nähe gibt?“
Der Mann drehte sich zu ihr hin und bemerkte die Tränen, die Nina nur schwer unterdrücken konnte. „Die Hotels hier in der Gegend sind leider alle sehr teuer. Aber es gibt ein Etap-Hotel etwa 3 Kilometer entfernt,“ antwortete er ihr mit aufrichtigem Bedauern in der Stimme. „Kann ich ihnen sonst irgendwie helfen?“ fügte er hinzu. „Wenn sie mir noch sagen könnten wie ich dorthin komme würde mir das sehr helfen.“ Es gelang ihr, ihm ein Lächeln zu schenken. „Am besten sie steigen mit mir in den Bus, der hält auch in der Nähe vom Hotel.“ Sie nickte und er setzte sich im Bus neben sie. Auf der Fahrt erzählte sie ihm dann von ihrem Artikel und das sie ihre große Chance nun verpassen würde. „Sie könnten meinen Computer bei mir zu Hause benutzen, und ihrem Redakteur den Artikel mailen,“ bot er ihr an. Sie zögerte ein wenig, schließlich kannte sie genug Geschichten von jungen Frauen und allzu hilfsbereiten Männern. Trotzdem willigte sie ein, der Artikel war zu wichtig für ihre Karriere. „Oh vielen Dank, das wäre großartig.“

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Gedichte auf den Leib geschrieben