Hitze, Staub und Liebe

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Hitze, Staub und Liebe

Hitze, Staub und Liebe

Yupag Chinasky

Nach dieser eindeutigen Aufforderung ließ sie sich mit einem Lustschrei rücklings auf das alte, staubtrockene Stroh fallen und machte noch im Fallen ihre Beine breit. Sie wäre auf dem Stroh in der perfekten Position gewesen, für ihn wäre sozusagen alles angerichtet gewesen, wenn nicht, ja wenn nicht das Desaster passiert wäre. Der Fall setzt eine mächtige Wolke an Staub frei und diese bewirkte leider nichts Gutes. Zunächst litt er. Weil sie ihn bis zum Strohhaufen mitgezogen hatte und seine Hand nur losgelassen hatte, um sich ihrer Wäsche zu entledigen, stand er nun dicht vor dem Strohhaufen und war ein wenig verstimmt, weil er sie nicht mehr befummeln konnte, weil sie offensichtlich wollte, dass er gleich in sie eindrang. Aber die Verstimmung wurde sofort von der Staubwolke verdrängt, die ihn einhüllte und all das verursacht, was trockener Strohstaub in Verbindung mit großer Hitze bei einem Menschen auslösen kann. Der Staub drang in seine Nase, in seinen Mund, in die Bronchien und die Lunge. Er musste gleichzeitig husten und niesen, spucken und rotzen. Der Staub legte sich auf seine Augen, die anfingen zu tränen und zu brennen, es bildete sich eine schmierige Schicht, die verhinderte, dass er klar sehen konnte. So war es kein Wunder, dass er nach dieser völlig unerwarteten Attacke erst einmal mit sich selbst beschäftigt war. Er braucht einige lange Sekunden, um sein Umfeld wieder halbwegs wahrnehmen zu können. Der Staub hatte seine Erregung jedoch nicht geschmälert und die Frau hatte ja laut genug geschrien, dass er sofort loslegen solle. Und so kniete er sich zwischen die breit geöffneten Beine, um den Akt mit ihr wie gewünscht zu vollziehen. Um sich auf eine kompakte, gut proportionierte Frau zu legen, die sich in Erwartung seiner Penetration voller Lust unter ihm räkelte und wandte, ihren wollüstigen Körper hob und senkte, ihn, zwar ohne Worte, denn sie stöhnte nur und stieß gutturale Laute aus, aber mit allen sonstigen Anzeichen einer beginnenden Ekstase, eines beginnenden Orgasmus empfing. Als er auf ihr lag, suchten und fanden nun seine Hände die Orte, die er noch nicht hatte erkunden können, die ihm bisher quasi verwehrt gewesen waren. Er berührte und drückte ihre Brüste, ihre Hüften, ihren Hintern, nur seine Sicht war immer noch nicht klar wegen des verdammten Staubs. Da er immer noch hustete und schniefte, was weder für ihn noch für die Frau, die unter ihm lag, angenehm sein konnte, wäre es wohl besser gewesen, den Akt zu unterbrechen, eine Pause zu machen, aber er war nun mal in Rage und sie ganz offensichtlich auch. Sie war sogar noch viel mehr in Ekstase als er, so heftig, wie sie sich wand und aufbäumte, wie ihr Körper regelrecht auf dem Stroh tanzte. Er konnte ihren Leib kaum bändigen, ihn kaum betasten, geschweige, dass seine gierigen Händen den Eingang in dem dichten Wald finden konnten. Er wäre wirklich froh gewesen, wenn sie mit den ihren, ihm den richtigen Weg gewiesen hätte. Aber das tat sie nicht. Stattdessen zuckte ihr Körper weiterhin nur und sie röchelte und auf einmal merkte er, dass dies keine Lustschreie waren, die sie ausstieß, überhaupt war ihr Verhalten reichlich seltsam. Zwar war ihr Körper dauernd in Bewegung, aber es war ein unkontrolliertes, keinesfalls rhythmisches Zucken, es war nicht der Beginn eines Pas de deux, der in vollendeter Harmonie enden würde und dazu diese Laute, die immer röchelnder und kurzatmiger wurden. Er war irritiert, ließ von ihr ab, suchte nicht weiter den Weg in ihr Paradies, fragte sie stattdessen, was denn mit ihr los sei und erst, als er keine Antwort bekam, wurde ihm schlagartig klar, in welch prekärer Lage seine Strohgenossin war. Das, was er als Leidenschaft angesehen hatte, war nichts anderes, als eine schwere allergische Reaktion, ihre wollüstigen Bewegungen waren nichts anderes, als der verzweifelte Kampf gegen Staub und Stroh und Hitze, ihre Ekstase war nichts anderes, als ein Kampf ums Überlegen. Als ihm diese Zusammenhänge im Bruchteil von Sekunden klar wurden, handelte er schnell, entschlossen und genau richtig. Er sprang auf, suchte einen festen Stand in dem losen Stroh, bückte sich, packte die Frau, die kein Leichtgewicht war, an den Oberarmen, zerrte sie hoch, zerrte sie aus dem Stroh, über dem immer noch die verdammte Staubwolke hing, zerrte sie weiter, schleifte sie quer durch die Scheune bis zu dem Tor, das er mit seinem Rücken öffnete. Draußen, in der staubfreien Zone, angekommen, legte er Yuliana, die zwar in eine gewisse Starre verfallen war, aber wie ein Hund hechelte, nackt, wie sie war auf den Boden, in den spärlichen Schatten, den die Scheune bot. Dann eilte er zu dem Auto, griff sich eine Flasche mit Wasser, rannte zurück, kniete sich neben sie und begann ihr Gesicht zu waschen, die Nase den Mund, die Augen zu reinigen und ihr auch Wasser einzuflößen. Der nackte Angstschweiß hatte den Schweiß der sexuellen Erregung mittlerweile völlig verdrängt und voller Panik suchte er Anzeichen, dass sie noch lebte. Er legte sein Ohr auf ihren Mund, versuchte ihr Herz zu fühlen, was wegen der schweren Brüste nicht gelang, stattdessen suchte er ihren Puls, und als er den endlich fand und somit wusste, dass sie noch lebte, ergriff ihn eine große Freude und Erleichterung. Sie war schon bald nicht mehr so starr, hatte auch aufgehört zu hecheln und er vermutete, dass sie ohnmächtig geworden war. Um ihre Atmung zu verstärken, kniete er sich über sie und drückte mit seinen Händen ihren Brustkorb, wollte das anwenden, was er vor Jahren für solche Notfälle gelernt hatte. Aber ihre Büste behinderten diese Technik und so legte er seinen Mund auf den ihren und hauchte ihr seinen Atem ein, seinen heißen Atem, den er stoßweise übertrug, denn er war immer noch sehr erregt, wenn auch anders als noch vor ein paar Minuten. Er belebte sie mit der Luft, die aus seinem Körper kam und so erhielt sie doch noch etwas von ihm, wenn es auch nicht die ersehnte Milch, also den Samen, mit dem sie ihr aufgestautes Verlangen hatte befriedigen wollen. Von Verlangen war natürlich keine Rede mehr, aber als er merkte, dass sie wieder regelmäßig atmete, nahm er an, dass die Ohnmacht wohl doch nur eine starke Erschöpfung gewesen war und dass sie die Staubattacke nun glimpflich überstanden hatte. Er ließ er von ihr ab und erst jetzt rekonstruierte er noch einmal das fatale Ereignis und bedauerte durchaus das rasche, nicht eingeplante Ende dieser unerwartet kurzen Liebesbeziehung.

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