„Und … wie sehe ich aus“, fragte sie Olivia und drehte sich einmal im Kreis. „Ich dachte, für unseren letzten gemeinsamen Abend darf es ein wenig gewagter sein.“
„Ich bin sprachlos“, kam die etwas verdatterte Antwort. „Beinahe hätte ich dich nicht erkannt.“
Olivia blinzelte nochmals mit den Augen, nur um sicher zu sein, dass wirklich Angie vor ihr stand. Sie konnte immer noch nicht glauben, wie stark Angie ihr Aussehen verändern konnte. Bisher hatte sie Angie in ihrer Uniform, dann im Fliegerkombi und gestern Abend in Jeans und Flanellhemd gesehen. Aber jetzt … da stand eine Frau vor ihr, die voll auf „Aufriss“ getrimmt war.
„Hast du nun genug gesehen oder möchtest du mich jetzt schon ausziehen?“, neckte Angie. „Also ich möchte jetzt erst einmal einen Cocktail, bevor wir dann zum Essen gehen. Kommst du mit?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie Olivia bei der Hand und zog sie mit sich zur Bartheke. Beim Barkeeper bestellte Angie zwei „Angel Face mit Islay Whisky“ und zu Olivia gewandt, meinte sie: „Schmeckt mit einem kräftigen Whisky einfach besser als mit Gin.“
Nach ein paar Minuten überreichte ihnen der Barkeeper die Drinks und die beiden Frauen suchten sich in der Lounge einen ruhigen Platz zum Sitzen. In einer Ecke fanden sie ein gemütliches Plätzchen mit einem schönen Zweier-Sessel. Sie saßen entspannt nebeneinander und Olivia sprach zuerst noch von ihren Eindrücken der vergangenen zwei Tage. Dabei kam es immer wieder zu Körperkontakten zwischen ihnen. Mal berührten sich die Beine, dann war es eine Berührung am Arm. Etwas später steckten sie die Köpfe zusammen und flüsterten sich etwas ins Ohr. Die Stimmung zwischen Olivia und Angie war schon ein wenig angeheizt und die Blicke, besonders von Angie, hatten schon etwas Verlangendes in sich.
„Halt, lass uns Essen gehen“, unterbrach Angie die aufgeladene Stimmung, „sonst kann ich für nichts mehr garantieren und vernasche dich gleich hier …“.
*****
Nach einem ausgezeichneten Essen im hoteleigenen Restaurant „Filini“ wechselten Angie und Olivia nochmals in die Wine Tower Bar, um sich noch einen Absacker oder „Mutmacher“ zu gönnen. Da beide erst in ein paar Tagen wieder selber fliegen mussten, hatten sie sehr schnell ihre Wahl getroffen. Angie orderte für sich einen einheimischen „Langatun Old Deer Cask Proof“ Single Malt Whisky von 2008 in Faßstärke und Olivia wollte unbedingt noch den „Zombie“ Longdrink ausprobieren.
Sie führten ihre Unterhaltung weiter und die Themen wurden immer intimer und schlüpfriger. Olivias „Zombie“ und Angies doppelter „Old Deer“ entfalteten ebenfalls ein wenig ihre Wirkung und auch die Berührungen wurden immer anzüglicher und erotischer.
„Gehen wir zu dir oder zu dir?“, flüsterte Angie mit ganz verruchter Stimme Olivia ins Ohr. „Ich bin nicht auf Besuch vorbereitet und bei mir ist nicht aufgeräumt …“.
Flugs hatten sie den letzten Schluck ihrer Drinks ausgetrunken und diesmal übernahm Olivia die Führung. Sie nahm Angie an der Hand und ging mit lasziven Schritten voran in Richtung der Aufzüge.
Der Aufzug benötigte gefühlte sechs Stunden, um ins siebte Stockwerk zu gelangen. In der engen Kabine drückte Olivia ihre Gespielin in die hintere Ecke und nahm den Kopf von Angie in ihre Hände, nur um gleich darauf mit den Fingern von den Wangen über den Hals bis zum Dekolleté zu streichen. Ein „PLING“ und das Öffnen der Fahrstuhltüre riss die beiden aus ihrer Trance.
Mit leicht geröteten Wangen und wie ertappte Teenager bei der ersten Verabredung, verließen die beiden Frauen die Aufzugskabine. Eng umschlungen gingen Olivia und Angie durch den Flur, bis sie vor der Türe von Olivias Zimmer standen.
Mit leicht zitternden Händen öffnete Liv die Türe und stellte sich dabei die Frage, woher ihre momentane Nervosität kam. War es die neue Erfahrung, sich mit einer völlig fremden Frau einzulassen oder war es die Erregung und die Vorfreude auf das (hoffentlich) Kommende? Natürlich hatte Olivia schon intime Erfahrungen mit anderen Frauen gemacht, mit Daniela oder auch mit Caro und Schäni während der letzten Herbstferien, aber wie würde es mit Angie werden?
Während Olivia noch mit ihren Gedanken beschäftigt war, ist sie von Angie ins Zimmer geschoben worden. Diese hatte auch gleich mit dem Fuß die Türe zugedrückt und war nun dabei, dort weiterzumachen, wo sie im Aufzug unterbrochen worden waren. Es war nun Angie, die Olivias Kopf in den Händen hielt und ganz langsam zu sich heranzog. Ganz sanft spürte Olivia plötzlich, wie sich fremde Lippen auf ihre eigenen drückten. Ein flüchtiger, aber dennoch gefühlvoller und verführerischer Kuss hatte ihr Angie auf den Mund gehaucht. Mit der Zunge fuhr sich Olivia über ihre Lippen, nur um sicher zu sein, dass es kein Traum war.
„Komm zu mir“, flüsterte Olivia und zog Angie wieder zu sich heran, bis sich ihre Körper berührten. Das bekannte Kribbeln verstärkte sich und entwickelte sich ganz langsam zu einem brennenden Verlangen, Angie die Kleider vom Leib zu reißen, damit sie den anderen Körper in natura berühren und erforschen konnte. Mit sanften, aber doch verlangenden Küssen begann sie, Angie den Rollkragenpullover auszuziehen.
*****
Endlich standen sich die beiden Frauen im Evaskostüm gegenüber, nachdem sie sich in unendlicher Langsamkeit ihrer Kleider entledigt hatten. Immer wieder unterbrochen von Küssen, Liebkosungen und Berührungen im Gesicht, an den Armen, Brüsten und am Körper. Nur die goldene Mitte hatten sie bisher von ihrem Spiel ausgenommen. Gerade jetzt standen sie sich in etwa zwei Meter Abstand gegenüber und betrachteten den Körper der jeweils anderen Frau.
Angie besah sich Olivias Körper mit Interesse und unverhohlener Begierde. Ihre Augen hatten einen besitzergreifenden Glanz erhalten und es war für Olivia ganz klar, dass sie von ihrer Gespielin vernascht werden würde. Auch Olivia betrachtete mit Neugierde den Körper von Angie, wobei ihr die diversen Tattoos, aber auch die große Narbe am Bauch ins Auge stach. Während ihre Augen auf Angie gerichtet waren, drehte sich diese ganz langsam um und sie erblickte ein großes Drachentattoo, welches den ganzen Rücken von Angie bedeckte und sich über den Hintern und die Oberschenkel hinzog. Der Anblick erinnerte sie direkt an Lisbeth Salander, eine Figur aus der Millennium-Trilogie des schwedischen Autors Stieg Larsson, dessen Bücher sie in jüngeren Jahren im schwedischen Original gelesen hatte.
Angie drehte den Kopf und schaute Liv über die linke Schulter an. Ganz leise und ernst fragte sie: „Denkst du an etwas Bestimmtes …?“
Die Angesprochene nickte und sagte nur: „Lisbeth Salander …“.
„Das war meine Art, mich aus dem seelischen Loch nach Zoës Tod zu befreien.“
Olivia näherte sich wieder dem Körper von Angie und begann mit dem Finger den Konturen des Drachens nachzufahren. Mit nachdenklicher Miene strich sie in gefühlvollen und langsamen Bewegungen über die weiche Haut. Ganz sanft drückte sie Angie einen Kuss auf die Schulter, nur um dann den Kopf zu heben und die Lippen der anderen Frau zu suchen. Die Brüste an den Rücken von Angie gepresst, verfielen die beiden in einen langen, verlangenden Kuss.
Angie drehte sich langsam um, sodass sich ihre Brüste berührten. Mit sinnlichen Bewegungen schob sie Olivia vor sich her, bis diese die Bettkante in ihren Kniekehlen spürte. Dort stoppte sie und drehte sich ihrerseits um, damit Angie hinter ihr stand. Liv griff nach ihrem Handy, welches auf dem Bett lag und platzierte die Hände von Angie auf ihren Brüsten.
„Ein Bild für meinen Mann“, grinste Olivia, „der ist nämlich genauso neugierig wie ich, wenn er mal eine andere Frau verführen darf.“
Mit diesen Worten fotografierte sie ihren Oberkörper mit den fremden Händen und schickte dieses Bild ihrem geliebten Martin.
*****
Die Nacht war erfüllt von sinnlicher Begierde, erotischer Lust und einfach nur purem verlangenden Sex. Immer wieder schaukelte sich die Stimmung empor, bis eine der beiden Frauen oder auch beide auf dem Gipfel der Ekstase waren und gefühlt unendlich lange dort verblieben. Obwohl Olivia bereits mit Daniela und auch mit den beiden Schweizerinnen das Bett geteilt hatte, war die Intimität mit Angie nochmals eine Stufe intensiver und gehörte definitiv in eine andere Kategorie der Lust und Empfindungen.
Es war nicht einfach nur Sex, es war vielmehr ein Reigen von vielem. Worte, Gefühle, Berührungen und manchmal auch nur Blicke … die andere Person und ihre Reaktionen betrachten. Mit den Fingern über den Körper streichen, mit den Lippen an Brustwarzen und an anderen Orten saugen und lecken oder auch nur ganz fein über eine Stelle hauchen und sehen, wie sich eine Gänsehaut bildete. Dieser Sex war anders, aber trotzdem sehr betont, intensiv und sehr erfüllend. Olivia genoss ihn in vollen Zügen, versuchte aber auch Angie genauso viel davon zurückzugeben.
Der neue Tag war bereits angebrochen, als sich die beiden Pilotinnen aneinander gekuschelt zum Schlafen hinlegten und die Decke über ihre nackten Körper zogen. Dicht beieinander schliefen sie und erholten sich von den Strapazen des kräftezehrenden Liebesaktes der vergangenen Stunden.
Ein himmlisches Gefühl in ihrer Körpermitte brachte Olivia wieder ins hier und jetzt. Etwas machte sich an ihren Brüsten zu schaffen und zog von dort eine Spur bis zu ihrem Heiligtum, welches mit sanften Bewegungen und … war das ein Finger, eine Zunge oder sogar Lippen? Sie öffnete ihre Augen und schaute über ihre Brüste nach unten und sah direkt in die verlangenden Augen von Angie.
„Du hast wohl noch nicht genug?“, fragte Olivia noch leicht verschlafen, aber doch mit einem feinen Grinsen im Gesicht.
„Ich muss doch nochmals degustieren“, kam die Antwort von Richtung ihrer unteren Körperhälfte. „Ich weiß doch nicht, wann ich das nächste Mal so etwas Delikates genießen darf.“
Mit diesen Worten begann das Liebesspiel der beiden Königinnen der Lüfte aufs Neue. Mit immer neuen Ideen und Varianten trieben sie sich in ungeahnte Höhen, bis die beiden völlig ermattet und schnaufend auf dem Rücken nebeneinanderlagen. Hand in Hand ließen sie die Gefühle nochmals in ihre Gedanken und dachten an das Erlebte. Nur noch etwas kuscheln, nur ein paar Minuten …
*****
Als Olivia ihre Augen öffnete, schien die Sonne ins Hotelzimmer. Ihre Hand tastete nach Angie, aber die Betthälfte neben ihr war leer. Olivia setzte sich im Bett auf und sah auf dem Kissen neben ihr ein Kärtchen …
Meine liebe „BAMBINA“
Schon jetzt denke ich mit Wehmut an unsere gemeinsamen Stunden zurück. Selten haben sich in der letzten Zeit die Schmetterlinge im Bauch so stark bemerkbar gemacht wie bei dir und wenn du noch Single wärest, hätte ich dich auf der Stelle behalten. Aber du bist verheiratet und hast Familie, das respektiere ich und so lasse ich dich schweren Herzens wieder gehen. Ich habe die Zeit mit dir sehr genossen und hoffe, dass wir uns irgendwann mal wieder sehen … oder vielleicht auch spüren?
Von Herzen wünsche ich dir alles Gute. Du bist eine wirklich außergewöhnliche Königin der Lüfte …
In Liebe
Angie
Olivia las die Karte noch ein zweites Mal und sie dachte an die vergangene Nacht und an die vergangenen Tage. Es war eine schöne Zeit, aber Angie hatte recht, sie war in guten Händen und sie liebte ihre Familie. Sie drehte das Kärtchen in ihren Händen und auf der Rückseite stand eine Adresse mit einer Telefonnummer und noch eine Bemerkung in ihrer Handschrift: „Für weitere Höhenflüge … wann immer du willst!“
Darunter war ein roter Kussmund … Angies Lippen!
Es waren beeindruckende Höhenflüge gewesen, sinnierte Olivia. Am Boden, in der Luft, wie aber auch im Bett …
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.