In der Falle des Meisters

Blut und Begierde - Teil 5

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In der Falle des Meisters

In der Falle des Meisters

Joana Angelides

Sie versuchten die Vögel abzuwehren, doch sie kamen immer wieder, versuchten an ihren Kleidern, an ihren Kappen zu zerren. Der Stoff am Arm seiner Weste war bereits zerrissen, sein Unterarm hatte Kratz- und Bißspuren, sein rechtes Auge begann anzuschwellen. Die Frau hatte ihre beiden Kinder in den Arm genommen, versuchte sie zu schützen und wurde ebenfalls verletzt. Das laute Krächzen der Vögel und das Schreien der verängstigten Kinder hallten durch die Nacht.
Da waren plötzlich die Geräusche eines Pferdefuhrwerkes und das Wiehern von Pferden zu hören, und da ließen die Vögel endlich von ihnen ab.
Das Fuhrwerk hielt neben ihnen, und ein geheimnisvoller Fremder beugte sich herab.
„Steigen Sie ein, ich bringe Sie in Sicherheit!“ Man konnte sein Gesicht nicht genau sehen, die schwarze Kapuze verdeckte sein halbes Gesicht. Der Mann konnte nur vage seine Augen ausnehmen, glühende stechende Augen. Die Angst würgte jeden Ton in seinem Hals ab, er wand sich ab und stolperte. Die Frau eilte mit den beiden Kindern herbei und wollte ihrem Mann helfen, doch die unheimliche Gestalt war bereits vom Wagen herabgestiegen, packte den Gefallenen mit beiden Armen und hob ihn in den Wagen, als wäre er schwerelos, dann schwang er sich auf den Kutschbock und fuhr einfach davon. Er wusste, dass die Frau mit den Kindern dem Wagen folgen würde.
Die Frau lief, die beiden Kinder hinter sich herziehend, schreiend hinter dem Wagen her, überquerte mit ihm die Brücke und kam erst zur Ruhe, als er vor dem erhellten alten Schloss zum Stehen kam.
Sofort wurden sie umringt von stummen, dunklen Gestalten in langen schwarzen Mänteln, gierigen Blicken und halb geöffneten Mündern.
Sie schrie den Namen ihres Mannes, so laut sie konnte. Doch es war, als würde ihr Schrei lautlos sein. Erst als sie spürte, dass zwei starke Arme nach ihr griffen, sie in einem wilden Tanz über die Treppe hinauf in das Schloss trugen und sich ein Mund mit scharfen Zähnen auf ihren Hals senkte, verlor sie das Bewusstsein.
Das Schreien der Kinder konnte sie nicht mehr hören.
Der wilde Tanz im Schloss dauerte die ganze Nacht, die Kerzen brannten hinunter und erst als sich der Horizont hell zu färben begann, löste sich die Gesellschaft auf.
Die müde, kraftlose Menschenschlange bewegte sich wieder langsam über die Brücke zurück und die Bewohner zogen sich in ihre Häuser zurück.
Langsam sprach es sich in der Umgebung herum, dass der Ort ein Geheimnis hatte, und man mied ihn, ja man vergaß sogar, wo genau dieser Ort eigentlich lag.

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