In der Kellergasse

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In der Kellergasse

In der Kellergasse

Anita Isiris

Wir schreiben das Jahr 1882. Allmählich wird die Welt elektrifiziert; Telefonapparate können sich nicht nur Staatsbetriebe leisten, sondern zunehmend auch der gehobene Mittelstand. Mittelständler wie ich, die gesicherter Arbeit nachgehen, zum Beispiel in einer Kanzlei, an einem nagelneuen Tisch aus tropischem Holz. Meine Arbeit hier ist kein Aufreger, weshalb ich hier nicht näher darauf eingehe. Nein, mein Leben wird von etwas oder jemand ganz anderem eingenommen: Ich habe mich verliebt. Mit meinen 30 Jahren bin ich sicher nicht von schlechten Eltern; ich entstamme einer Bankerfamilie aus Graz. Wobei mein Verhältnis zur Familie nicht das Allerbeste ist. Kurzum: Ich gelte als schwarzes Schaf, weil ich als Jus-Student, wie mein Vater sagt, zu lange Hallodria getrieben habe. Hallodria mit meinen Kommilitoninnen, klar, aber auch mit den Bediensteten im Familienhaushalt – besonders hat sich mir Anna-Katharina eingeprägt, Anna-Katharina mit ihrem Riesenhintern, der nicht nur mich magnetisiert hat. Donnerwetter aber auch! Das halbe Dorf hatte wohl feuchte Träume wegen Anna-Katharinas Arsch, obwohl dieser natürlich unter vielen Röcken verborgen blieb. Aber wir haben ihn erahnt. Etwa, als sich die Schöne über den Schweinekoben gebeugt hat, um den Ferkeln zuzuschauen. Auch in der Eckkneipe, wo Anna-Katharina sich ein Zubrot verdient hat, war ihr Hintern Zentrum der Begierde. Manch einer konnte nicht an sich halten und hat ihn getätschelt und gestreichelt, Anna-Katharinas Riesenhintern. Dann war der Tag gekommen, mein Tag. Ich hatte Anna-Katharina vor einem besonders zudringlichen Kneipenbesucher beschützt und mich einfach dazwischengeworfen, als er sich daran machte, Anna-Katharinas Hüften zu umgreifen. Stunden später hatte sie sich wortlos zu mir auf die Kaschemmenbank gesetzt und mir eine Hand auf den Oberschenkel gelegt. Die Hand war dann weitergewandert, weiter und weiter, bis kein Zweifel mehr offengeblieben war. In der Diskretion des dämmrigen Gaslichts verlangte Anna-Katharina mehr. Viel mehr. Das gewährte ich ihr dann auch, lange nach Mitternacht, in ihrer zugigen Dachkammer. Ich griff ins volle Fleisch ihres Hinterns, den ich nun endlich nackt vor mir hatte, und sodomisierte das Mädel. Sodomie galt in unseren Vorstellungen eigentlich dem Koitus unter Schwulen, die es einander in der Hundestellung besorgen – wie denn auch sonst? Aber eine Frau in der Hundestellung zu nehmen, so, wie ich es mit Anna-Katharina tat, galt als Verwegenheit ohnegleichen und hätte, wäre ein Polizist anwesend gewesen, wohl zu mehreren Jahren Zuchthaus geführt. Obwohl bis heute dazu kaum Literatur vorliegt: Man nahm die Frauen, indem sie vor einem lagen, mit den Händen schamhaft ihre Brüste verdeckten und die Beine, mehr oder weniger freiwillig, breit machten. Die Augen hatten sie beim Koitus immer geschlossen, so, als könnten sie ihn dadurch ungeschehen machen und so der Beichte entgehen. Aber diese Hinteransicht, Vierfüssler, die Magie des kleinen Pförtchens, das so offen zur Schau gestellt wurde, galt als Ultrafiltrat an Unanständigkeit.

Aber um mich war es geschehen. Nachdem ich es Anna-Katharina in beiden Löchern besorgt hatte, erwuchs in mir unbändige Lust, das fortan mit allen Frauen zu tun, die mir begegneten – sei es im Theater, in der Kanzlei oder in verruchten Tanzlokalen wie dem Blauen Engel in der Kellergasse. Dort süffelte ich nach einem anstrengenden Arbeitstag, wie so oft, meinen Absinth. Gut tat er mir nicht, auch dann nicht, wenn ich ihn fachgerecht zuckerte. Und dann sass dieses Animiermädchen auf meinem linken Oberschenkel. Ich spürte ihren weichen Hintern, spürte, wie sie sich zurecht räkelte. Ich nahm sie nur von hinten wahr; sie verströmte ein im wahrsten Sinne atemberaubendes Parfum, das mir bisher völlig unbekannt war. Ich konnte nur noch an das Eine denken. Dann waren da ihre braunen Prachtslocken, die sich neckisch in den nackten Schultern kringelten. Was für eine Frau – oh mein Gott! Während am Klavier eine langsame Habanera gegeben wurde, kuschelte sie sich so richtig in mich hinein – ohne, dass ich mir ihres Antlitzes gewahr werden konnte. Meine Erektion war gewaltig, auch dann noch, als sie sich erhob und sich, ohne sich nach mir auch nur einmal umzudrehen, davonmachte. Noch dreissig Minuten später spürte ich ihre Wärme, ihre Hitze. Um mich war es geschehen.

Eigentlich bin ich nur eine Sängerin. Was soll ich denn sonst tun, um meine 5jährige Tochter durchzubringen? Unsereins kann sich nur als Dienstmagd durchschlagen, als Blumenverkäuferin, oder als Prostituierte. Aber so weit unten war ich noch nicht. Die Beine breit machen für Fleischer, Apotheker, Polizisten, Patres – nein und nochmals nein. Dennoch übte ich mich in der Kunst der Verführung, schmiegte mich gerne an Männerschenkel, weckte Begierde – um dann im entscheidenden Moment aufzuspringen und meiner Wege zu gehen. Mir machte das Anheizen Spass. Ich meinte allmählich zu ahnen, welch bombastische Wirkung ich auf Männer hatte – nicht nur wegen meines Entenpopos, den ich ab und an leidenschaftlich wackeln liess. Ich wurde als Gesamtkunstwerk wahrgenommen, alle liebten meine Locken und es gab wohl keinen, der es nicht geschätzt hätte, sich von mir zumindest einen Blasen zu lassen – wenn nicht mehr. Aber meine Mumu gab ich, aus Überlebensinstinkt, keinem her. Meine Beine machte ich nur breit, wenn mein Innerstes durch Unterröcke gut geschützt war, aber nackt zur Gänze? Haut an Haut? Zu viele meiner Freundinnen hatte ich an Syphilis verenden sehen, oder an weiteren Krankheiten, deren Leidensverlauf ich mir gar nicht erst auszumalen wage.

Die Schöne liess mir keine Ruhe – sogar Anna-Katharina verblasste vor meinem geistigen Auge. Abend für Abend verbrachte ich fortan im Lokal in der Kellergasse, bis ich herausfand, dass meine aufkeimende grosse Liebe montags, mittwochs und sonntags arbeitete. Immer heftiger kitzelte mich die Eifersucht, umso mehr, als ich feststellen musste, dass die Schöne Objekt der Begierde von sehr vielen Männern war. Nicht nur auf meinen Schoss setzte sie sich, sondern auch auf den von sichtlich betuchten Besuchern, die zuhause den beflissenen Familienvater mimten, um dann im Blauen Engel, erst recht auf die Pauke respektive auf den einen oder andern Frauenhintern draufzuhauen. Endlich war wieder ich an der Reihe. An jenem Abend trug die Schöne ein smaragdgrünes, sehr enges, hochgeschlossenes Kleid. „Es ist immer das Verborgene, das reizt“, sagte ich zu mir und hiess sie an meinem Tisch willkommen. Sie setzte sich mir gegenüber, lächelte mich sibyllinisch an, als der Sekt kam, und rieb ihre Unterschenkel unter dem Tisch an meinen. Bereits nach kürzester Zeit hätte ich nicht mehr aufzustehen vermocht. Schon nur ihre Hände... zarte Venen zeichneten sich am Handrücken ab, als sie das Glas hob und mir zuprostete. „Sag mir einfach Deinen Namen“, bat ich sie und kam mir gleich etwas lapidar vor. Aber ich wollte meinen feuchten Träumen, die nun Abend für Abend stattfanden, einen Namen geben. „Madlen“, sagte sie. „Ich bin Madlen“. „Lazarus“, sagte ich mit trotz Sekt trockener Kehle. Sie griff nach meiner Hand und drückte sie. „Darf ich Dir... etwas zeigen?“ hauchte sie und stand auf.

Ich hatte mich entschieden. Nach Jahren der Enthaltsamkeit, ich animierte die Männer ja nur, wollte ich es endlich wissen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, wenn die Leere zwischen meinen Schenkeln ein Ende findet. Ich wollte Reibung, Wärme, Leidenschaft. Dieser Lazarus schien mir der geeignete Mann zu sein. Ich wusste nichts über ihn – sei's drum. Vielleicht besser so. Ich wollte unbefangen, tierisch, geil meine erste Liebesnacht erleben. Also lockte ich ihn in meine Kammer, was kein Kunststück darstellte. Er kam hinter mir beflissen die knarrende Treppe hoch, und ich wusste haargenau, dass er meinen Arsch fixierte. Ich wackelte damit absichtlich ein wenig stärker als sonst beim Treppensteigen üblich. Männer sind sehr, sehr einfache Geschöpfe. Frau muss fast nichts machen, wenn sie Lust hat. Ich wandte mich zu Lazarus um und spürte, dass ich feuerrot im Gesicht war. „Hier lebe ich“, sagte ich und machte mich an den Knöpfen meines neuen Kleides zu schaffen. Lazarus schien wie gelähmt, wie ein Insekt in meinem Netz. Als ich zur Gänze nackig war, umarmte ich ihn. Ich spürte seine warmen, schweissnassen Hände auf meinem Hintern und spürte ein Prickeln von den Zehen bis hoch zum Scheitel. Ich kniete mich vor ihn hin, spielte an seinem Hosenstall und befreite sein pulsierendes Zentralorgan. „Wie ein Apéro“, scherzte ich und schob mir Lazarus' Eichel zwischen die Lippen. Sie schmeckte nach Oliven – womöglich Lazarus' Seife. Der Mann wirkte sehr gepflegt, wohl ein Grund, warum ich ihn für mein erstes Mal in meine Kemenate gelockt hatte.

Ein derartiges Lippenspiel hatte ich noch nie erlebt. Zuerst war da ein sanftes Saugen. Dann spielte Madlen mit ihrer Zungenspitze an meiner Nille und umkreiste sie wieder und wieder. Wie ein Pfeilbogen streckte ich mich nach hinten, um mich ihr darzubieten ganz und gar. Es dauerte nicht lange, bis sie auf ihrem bescheidenen Einzelbett lag und meinen steifen Schwanz zwischen ihre Dutteln quetschte. Oh mein Gott! Madlens Dutteln! Wie vielen Männern sie sie wohl schon gezeigt hatte? Wieder durchzuckte mich Eifersucht. Kurz bevor ich kam und ihr auf die eleganten Schlüsselbeine gespritzt hätte, rutschte die Geheimnisvolle nach oben und hinten und führte meinen Schwanz in sich ein. Noch nie, noch gar nie hatte ich eine so aktive Frau erlebt. Ich war verwirrt. Davon ausgehend, dass Frauen es lieben, genötigt zu werden, dass sie sich zieren und dass ein „Nein“ in fast jedem Fall ein „Ja“ bedeutet. Bei Madlen bedeutete ein „Ja“ ein „Ja“. Und zwar ein leidenschaftliches, ausdrückliches „Ja“. Eine Weile rieb ich mich in ihr, in Missionarsstellung, konnte es aber kaum erwarten, sie zu sodomisieren, wie ich es bei Anna-Katharina und vielen andern getan hatte. Mich interessierte Madlens „von-hinten-Anatomie“. Unter uns gesagt: Ich wollte ihr zartes Arschlöchlein sehen.

Der Mann machte mich verrückt. Ich hätte ihn stundenlang saugen können – und er duftete tatsächlich nach Olivenseife. Dann drehte ich mich in den Vierfüsslerstand, die Position, in der sich eine Frau derart hingibt, dass mehr gar nicht mehr geht. Das Kreuz durchdrücken. Die Beine ein wenig spreizen. Und der Dinge harren, die da kommen mögen. Und Lazarus' Ding kam. In meine Scheide. Er rieb sich lustvoll in mir, und ich ging in seinen Bewegungen auf und mit. Ich vernahm ein Keuchen und Stöhnen aus dem Nebenzimmer, von Angela, meiner Arbeitskollegin, und ihre Liebesgeräusche heizten mich mehr und mehr an. Ich wollte Lazarus ganz tief in mir, ganz, ganz tief... und dann spürte ich seinen Finger in meinem kleinen, engen Pförtchen. Nie hätte ich gedacht, dass ich so etwas eines Tages zulassen würde – aber jetzt war mir alles egal. Es war mir egal, dass er meinen Intimbereich so schamlos offen sah, es war mir egal, wie er mich von innen austastete, es war mir egal, wie lüstern er nach meinen Brüsten griff, um noch inniger in mich vorzudringen.

Aber ich war schon zu lange im Geschäft. Ich spürte bereits während dieses allerersten Liebesspiels, dass ich zu Lazarus keine Beziehung würde aufbauen können. Er hatte mir aber in jener Nacht die innere Schleuse geöffnet. Die Schleuse, die es mir ermöglichte, fortan jedem Mann zu Willen zu sein, der mich begehrte und für den ich Lust empfand – und sei es nur ein Hauch.

Montag, Mittwoch, Sonntag. Immer mal wieder war mir das Glück vergönnt, dass mich Madlen in ihre Kammer lockte – aber ich war mir der Tatsache mehr als bewusst, dass es neben mir sehr viele andere Männer gab. Madlen wurde von Mal zu Mal versauter, vulgärer, und das hatte sie nicht bei mir gelernt. Sekt auf die Möse schütten und wegschlürfen. Sie war Schülerin von vielen Männern, und diese Männer waren ihre Schüler. Da war dieses gegenseitige Aufschaukeln, Madlen wurde so richtig zur erfahrenen Nutte. Sie schminkte sich immer intensiver, um die Schatten unter ihren Augen zu kaschieren, und zwischendurch vermeinte ich sogar den Schweiss anderer Liebhaber an ihrem Körper wahrzunehmen. Madlen alterte vorzeitig, und ich vermutete eines Tages, dass sie von einer dieser heimtückischen Liebeskrankheiten rangenommen wurde.

Lazarus, mein erster Lover. Immer werde ich mich an ihn erinnern. Dieses allererste, zärtliche Mal, das in mir flammende Lust weckte, meine innere Schleuse öffnete. Am Schluss mögen es gegen die 200 Liebhaber gewesen sein, die auf und in mir zugange gewesen waren. Ich hatte gegeben, hatte genommen. Hatte mich gezeigt und alles zu sehen bekommen, das eine Frau sehen kann.

Dann kam das Fieber. Der Schüttelfrost. Das Zahnfleischbluten. Lazarus – falls Du diese Zeilen lie...

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