Der Innere Kreis - Teil I

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Der Innere Kreis - Teil I

Der Innere Kreis - Teil I

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Als ich mit fünfzehn das erstemal Henry Miller gelesen habe, da war es für mich keine Offenbarung, sondern eine absolute Enttäuschung. Ich hatte erwartet (nach all den Legenden), absolut tabulose und freizügige Texte lesen zu können, doch was ich mit den „Wendekreis“-Büchern in Händen hielt, war zwar ganz nett zu lesen, aber keinesfalls das, was ich mir erhofft hatte.
Die „berühmten Stellen“ mußte ich fast mit der Lupe suchen, so gut waren sie im Kontext der Bücher versteckt. Ja, ich gebe es zu: in erster Linie war ich auf der Suche nach diesen Stellen, in denen es um wilden, leidenschaftlichen Sex geht. Ich war als völlig unerfahrener Junge gierig danach, sie zu finden. Alles andere war für mich nachrangig.
Doch wie es der Zufall manchmal so will, fiel mir in einer stinknormalen, etwas altbackenen Buchhandlung das „Opus Pistorum“ in die Hände, und nachdem ich die ersten Seiten aufgeblättert und einige Kapitel quergelesen hatte, war Miller aufs Gründlichste rehabilitiert! Was ich da gelesen habe, war tabulos, gewagt und jenseits aller moralischen Schranken, absolut wild. Als sei die Idee über das Medium des Autors direkt aus der Feder auf das Manuskript explodiert – treffender kann ich es nicht beschreiben.
Im Epilog zu „Opus Pistorum“ schreibt Milton Luboviski:
„Man muß dazu wissen, dass Henry Miller uns 1940 als der größte amerikanische Schriftsteller unserer Generation galt. Wir hatten gelesen – einzelne Exemplare waren eingeschmuggelt worden -, und das Buch hatte uns entzückt und sprachlos gemacht. Freunde in New York, erzählte Henry, hätten ihm gesagt, als allererstes solle er zu Larry Edmunds Buchhandlung gehen. Für uns war das in diesem Moment ein begeisternder Besuch. Wir gingen zusammen zum Essen aus und sahen Henry in den kommenden Wochen sehr oft. Wir führten ihn überallhin, sorgten dafür, dass er zu essen hatte, irgendwo schlafen konnte. Er hatte sehr wenig Geld und lebte von der Hand in den Mund.
Wir schreiben nun 1942 – Larry ist tot, und ich bin der Alleininhaber der Buchhandlung. Ich traf Henry häufig, und er hatte Geldprobleme – ich selbst übrigens auch, aber nicht ganz so schlimm wie Henry. Wir unterhielten uns gelegentlich über Erotica, auch darüber, daß ich durch die zusätzlichen Einnahmen aus Erotica die Miete zahlen konnte. Meine Kunden waren vor allem Filmproduzenten, Drehbuchautoren und Regisseure – darunter Joseph Mankiewicz, Julian Johnson, Daniel Amfitheatrof, Billy Wilder, Frederick Hollander und Henry Blake.

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