Jaguar

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Jaguar

Jaguar

Zina Straudt

„Scheiße!“
Die Stoßstange des Kleinbusses hatte dem Jaguar neben ihr eine hässliche, handbreite Schramme von der Motorhaube bis zum Heck in den schwarzen Lack gefräst.
Ruth schlug vor Schreck die Hand vor den Mund und Tränen schossen ihr in die Augen.
Wie sollte sie das bloß Ella beichten und vor allem, wovon sollte sie den Schaden an dem Jaguar bezahlen?
Einen kurzen Moment lag erwog sie, sich einfach in den Bus zu setzen und sich aus dem Staub zu machen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Jeder Parkplatz wurde einer bestimmten Zimmernummer zugewiesen und egal, ob der Bus nun hier stand oder nicht, der Schaden wäre immer auf sie zurückzuführen. Außerdem war sie sich darüber im Klaren, dass sie mit solch einer Geschichte im Nacken nicht mehr ruhig schlafen könnte.
Hastig strich sie sich die Tränen aus den Augen und schwang sich wieder auf den Fahrersitz.
Erstaunlicherweise schaffte sie es im nächsten Anlauf auf Anhieb, den Wagen ohne weitere Kollisionen einzuparken und danach suchte sie umgehend die Rezeption auf.
Unglücklicherweise traf sie hier auf denselben piekfein gekleideten und blasierten Empfangschef, der ihr auch angeboten hatte, den Wagen einparken zu lassen.
Ruth räusperte sich, bis er auf sie aufmerksam wurde.
„Würden sie mir bitte verraten, wem der Jaguar auf dem Parkplatz neben meinem gehört? Es gab da leider gerade ein kleines Malheur.“

***
Richard Löwenstein riss erleichtert seine Krawatte herunter und knöpfte sein Hemd auf.
Der Tag auf der Messe war die Hölle gewesen und er war froh, dem Chaos für heute entkommen zu sein. Er hatte sich nach kurzer Überlegung etwas zu Essen auf das Zimmer bestellt und hoffte, vorher noch eine Dusche nehmen zu können. Ein rascher Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es gerade erst sieben war und er somit noch zwei Stunden Zeit hatte, bis die Dame vom Escort-Service bei ihm erscheinen würde.
Er grinste. Sein Freund und Geschäftspartner, auf Grund dessen Empfehlung er diese Agentur kontaktiert hatte, schwor Stein und Bein, das es keinen Wunsch gab, der von deren Damen nicht befriedigt wurde. In den höchsten Tönen hatte er ihm von der kleinen Geisha vorgeschwärmt, von der er bei der letzten Messe verwöhnt worden war und wie außerordentlich fantasievoll und kultiviert sie sich ihm angeboten hatte, während er ihm die Telefonnummer der Agentur aufgedrängte.

Richard hatte der Sache recht skeptisch gegenüber gestanden, bis er sich heute doch dazu entschlossen hatte, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Einerseits weil er zugegebenermaßen neugierig war, Andererseits weil er bemerkte, dass ihm in den letzten Monaten wohl gewisse Aktivitäten zu fehlen schienen.
Spätestens, seit er gestern zu seinem Entsetzten festgestellt hatte, dass ihm die hübschen, blutjungen Praktikantinnen, die zur Bedienung der Kunden eingesetzt waren und außerdem für ein wenig Glanz auf dem Messestand sorgen sollten, mit jedem Tag auf der Messe anziehender erschienen. Langsam war es wohl wirklich an der Zeit, etwas gegen seine Mangelerscheinungen zu unternehmen, bevor er einen Fehler beging und mit einem Mädchen anbandelte, dass locker seine Tochter sein könnte.

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Die Verwechslung

schreibt BunoLionHunter

Wunderbar geschrieben! Ich fühle mich bestens unterhalten!

Gedichte auf den Leib geschrieben