Johanna und die Sehnsucht nach dem Mehr

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Johanna und die Sehnsucht nach dem Mehr

Johanna und die Sehnsucht nach dem Mehr

Stayhungry

Wie kann das passieren? fragte Johanna betroffen. Nun, zu lesen ist, dass es mit der Intimität ist wie mit Sport oder Fremdsprachen: use it or lose! Wenn du nicht dranbleibst, verlierst du es! Wenn die Lust an der Berührung immer seltener gelebt wird, dann stellen sich die Hormone eben um und hängen sich nicht mehr so ins Zeug. K. schwieg und schien nicht weiter darüber sprechen zu wollen, aber er zog Johanna zu sich heran. Da entschied Johanna leise, lass uns unbedingt darauf achten, dass uns das nicht passiert! Sanft küsste sie ihn mit weicher Zunge, lange, liebevoll und dann wanderte ihr Mund nach unten, erkundete ihn nur mit Lippen und Zunge, ohne irgendeine Wildheit, Bauch, Rücken, Schenkel, Leisten, Lenden, Glied. Diese umfassende Berührung jagte die Schauder über seinen Rücken und nichts von seinem bitteren Eingeständnis konnte er jetzt noch fühlen. Es folgte ihr zartester Liebesakt bisher, nur Lippen und Zungen und Zärtlichkeit. Er wollte in sie eindringen, aber Johanna verwehrte es ihm, nahm sein Glied in den Mund und massierte es am Schaft, während sie an seiner Eichel saugte und lutschte. Er kam bald und ergoss sich in ihren Mund. Sie schluckte und saugte weiter, bis er keinen Tropfen mehr in sich hatte. Sie ließ ab von seinem Geschlecht, schmiegte sich an ihn und flüsterte schmusend: wir sorgen jetzt ganz oft für ordentliche Oxytocinausschüttungen, das ist das Kuschelhormon und festigt die Beziehung mit jeder Berührung, und erst recht mit mehr als der! Ich find's toll, sagte K. tief zufrieden, wenn eine Frau im Biologieunterricht aufgepasst hat. Bio? Quatsch! lachte Johanna. Frauenmagazin gelesen! Hätte deine Frau auch tun sollen. Hat sie sicher, entgegnete er. Ich glaube, es war eine sehr bewusste Entscheidung. Nun nahm Johanna ihn einfach in den Arm und ließ es sein, irgendwelche pfiffigen Kommentare abzugeben. Zu sehr hatte sie die Trennung ihrer Eltern getroffen, als dass sie ihn nicht hätte verstehen können

*

Was ist das eigentlich mit uns? fragte Johanna nach einer Weile und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass ihr ein wenig bange war vor der Antwort. K. nahm sein Smartphone zur Hand und steuerte einen Song auf ihre Anlage. Hör einfach zu! sagte er sanft. Ich habe auf ein Mädchen gewartet, das in mein Leben tritt, mich spüren lässt, dass ich am Leben bin - eine Liebe, die überleben wird! sang Lou Gramm in Foreigners Waiting for a girl like you. Johanna hörte still zu und die Tränen bahnten sich ihren Weg. Dann lass es uns versuchen, bat Johanna mit feuchten Augen, als das Lied geendet hatte. Das tun wir doch längst, stellte K. ruhig fest und zog sie noch fester in seine Arme.

Eine Zeit lang lagen sie so, schweigend, dann fragte Johanna: Steht Mama zwischen uns? K. dachte kurz nach, atmete tief ein. Du bist ihr ähnlich, aber du bist trotzdem ganz anders als sie. Tina hat mich zwar verletzt, aber mehr durch ihre unkonventionelle Art sich mir zu schenken. Dass sie bei mir nie angekommen war, war nicht ihre Schuld. Sie hatte sich liebevoll für mich erwärmt, aber sie war nie entflammt und sie wurde getrieben von der ungestillten Sehnsucht nach dem Mehr! Du bist stark wie sie, aber du musstest auch stark sein. Du hattest keine Wahl und du musstest um dein Glück nach dem Entsetzlichen kämpfen! Auch du verspürst diese Sehnsucht, aber du fühlst mit ihr den unschätzbaren Wert des Augenblicks! Das lässt dich lieben ohne Wenn und Aber und damit schenkst du grenzenloses Glück nur durch den Moment, der immer das Gefühl von Ewigkeit verheißt.

Johanna sah ihn mit großen Augen an. Mir hat noch nie ein Mann so eine Liebeserklärung gemacht! brach es aus Johanna heraus und die Tränen flossen ungehemmt. K. schwieg und hielt sie einfach. Es tat ihr gut, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, und langsam entspannte sie sich wieder. K. zog die Brauen hoch. Noch nie? fragte er nun nach. Johanna lachte, wischte sich die Tränen aus den Augen und setzte sich im Bett auf. Manche einfühlsamen Männer in meinem Alter tun das schon, aber das sind immer große Gefühle und große Dramen. Du jedoch bist so ruhig und abgeklärt, wenn du so etwas sagst, das haut dann echt rein!

Aber eines musst du wissen, stellte K. klar im Wissen um ein künftiges Ringen Johannas im Konflikt zwischen Treue und Abenteuer, du bist immer frei! Wie jetzt, frei? fragte sie etwas irritiert. Es wird immer einen Mario, Norbert oder Philipp geben, der sportlicher, unkomplizierter, jünger ist als ich! erklärte K. freundlich und kraulte ihr Haar. Ja, ist ja gut! küsste sie sein belehrendes Genöle weg. Ich bin dran und such mir schon einen attraktiven, jungen, athletischen, einfühlsamen, selbstbewussten, reichen, niveauvollen, gebildeten, kultivierten, anständigen Mann fürs Leben! Aber bis ich den gefunden habe, musst du noch herhalten! Du weißt doch: ich bin so traurig alleine und verlassen! Ich fürchte mich vor der Welt da draußen! log sie treuherzig mit gespielt naivem Augenaufschlag, konnte aber den Schalk nicht verbergen. Außerdem setzte sie noch eins drauf, eines Tages wachst du auf und ich bin alt und hässlich! Eines Tages wache ich auf und du warst nie da! erwiderte K. ernst. Nur ein Traum, aus dem ich nie aufwachen wollte. Na, das werden wir ja gleich sehen, ob ich nur eine Fata Morgana bin! lachte Johanna und schlüpfte unter die Bettdecke. Sein Unterleib versicherte K., dass solche sinnlichen Höhenflüge nur Zunge und Lippen einer sehr leibhaftigen Frau hervorrufen können.

Wann fängst du eigentlich mal an zu zicken? nörgelte K. weiter und verfluchte sich, dass er so undankbar war für diesen göttlichen Augenblick. Wie jetzt? fragte Johanna, seinen Schwanz noch mit der Hand fest umfangen. Na, du streitest nicht mit mir, du hast immer Lust, wenn wir uns sehen. Das ist so unwirklich. Johanna grinste und zuckte mit den Schultern. Weiß nicht, kann schon noch kommen. Wieso, überfordere ich dich? K. grinste nun auch. Weiß nicht, kann schon noch kommen. Na, dann lass es uns einfach genießen, bis wir es vermasseln! schloss Johanna das leidige Thema ab und schmiegte ihren nackten Hintern an seinen Unterleib. Das wiederum lenkte K.s Gedanken und Gefühle sehr umfassend in die Gegenwart. Ich habe das Gefühl, ich kann fliegen, wenn wir zusammen sind! flüstere Johanna, während er sanft in sie eindrang. Ich bin einfach glücklich und will es weiter sein!

Das will ich auch! hauchte K. und ergab sich seinem immer noch unbegreiflichen Glück. Im Hintergrund knödelte Grönemeyer sein Halt mich nur ein bisschen und Johanna begann lächelnd zu weinen. K. bewegte sich sanft in ihr weiter und fragte leise: Was ist? Verstehst du, schluchzte Johanna lächelnd, es berührt mich nicht, was du über die Zukunft sagst! Aber was du über uns jetzt sagst, mit eigenen Worten oder mit diesen Liedern, das trifft mitten ins Herz! Die Sehnsucht nach dem Mehr hat sich für mich von einem Tag auf den anderen erfüllt.

Für mich auch, flüsterte K. und all seine Melancholie machte sich davon in ihrer innigen Umarmung.

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