Die Kathedrale

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Die Kathedrale

Die Kathedrale

Manuela Sauvageot

Nicht! sagte sie als er begann, sich von hinten an sie zu schmiegen und ihr den Nacken küsste. Sie spürte seinen warmen Atem und seine Lippen, die an ihrem Hals hinunter glitten. Nicht! sagte sie noch einmal und beugte sich vor, um die Kerze in die Halterung zu stecken. Provozierend drückte er sein Becken gegen ihren runden Po und fasste sie an den Hüften. Sie befestigte die Kerze und sah sich mit gespielt bösem Blick nach ihm um.
ER hatte unbedingt hierher kommen wollen, um eine Kerze anzuzünden. Dann war ihr die Idee gekommen, dass sie auch eine anmachen könnte, und das wollte sie nun tun, ohne dass er an ihr ’rum machte. Das hier war nicht der richtige Ort. Nicht, dass sie besonders fromm oder puritanisch gewesen wäre, eigentlich gar nicht, aber irgendwie hatte sie Scheu davor in der Kirche befummelt zu werden, zumal dieser Mensch, der sie am Eingang begrüßt hatte, wohlmöglich auf die Idee kam nach ihnen zu sehen.
Sie gab sie ihm einen flüchtigen Kuss und nahm seine Hand. Heimlich, mit kurzen Blicken, schaute sie sich um. Durch die bunten Fenster sandte die Sonne ihre Strahlen, die sich an den Säulen und Bänken in bunten Flecken und Streifen wieder fanden. Sie zog den Freund mit sich und begann sich die Kathedrale anzuschauen. Die Hand kribbelte warm und sandte heimliche Wellen der Nähe zu einem geliebten Menschen. – Wellen der Zuneigung, Wellen der Liebe, Wellen des Verlangens und Wellen des Begehrens. Unbestimmt noch und doch irgendwie unübersehbar. Auf welches Abenteuer hatte sie sich eingelassen? – Sie kannte ihn noch kaum.
Es war kühl hier, ein angenehmer Kontrast zur brüllenden Hitze draußen. – Urlaub, Italien und die Glut der Sonne, die sie zwar genossen, die gerade zur Mittagszeit aber auch schnell unerträglich werden konnte.
Sie war leicht bekleidet, wie es bei dieser Hitze nur natürlich war, aber bevor man sie einließ, gab man ihr einen Umhang den sie über die nackten Arme und Beine legen musste.
Ein stiller Ort, und auf seine Weise ganz sicher ein besonderer Ort. Ein Wunder, dass so wenig Besucher da waren.
Sie wendeten sich nach rechts in das Seitenschiff, wo er sie plötzlich zärtlich in eine Nische drängte und küsste. Sie küsste zurück. Er zog sie an sich und seine Hände landeten auf ihrem Po. Sein Körper war heiß und entfachte augenblicklich ihre Glut, heiß wie die Berge Siziliens, in deren Innern das Feuer wie glühende Leidenschaft drängte. Für einen Augenblick vergaß sie sich, entführt in die Zauberwelt der erotischen Fantasie, dann hörte sie Schritte hallen und zog sich von ihm zurück. Nicht hier! flüsterte sie und merkte, wie sie vor Erregung zitterte. Sie wollte ihn, aber nicht an diesem Ort. Sie würden sich gedulden müssen, später!
Sie nahm wieder seine Hand und ging weiter, ihr Blick über die Bilder und Figuren streifend, die traurig, leidend oder streng auf sie hernieder schauten und so dem Ernst dieses Ortes Nachdruck verliehen. In der Luft hing der typische kalte Geruch von Weihrauch und Kerzen. Es war lange her, dass sie regelmäßig in die Kirche gegangen war, und während sie weiter mit ihm an der Hand durch das Seitenschiff schlenderte, immer auf der Hut, da auch dies vermutlich verboten war, tauchten alte Erinnerungen in ihr auf. Der volle Klang der Choräle, die einlullenden Predigten, die sie regelmäßig und unvermeidlich in ihre eigenen, viel interessanteren Träume entführt hatten, bis die leiernde Stimme des Pfarrers endlich verstummte. Auch Langeweile, gähnende Langeweile, in der selbst ihre Fantasie sie nicht mehr befriedigen konnte, die Angst vor der Beichte, wo sie manche Dinge immer wieder verschwieg, und das gute Gefühl, dass sie jedes Mal erfüllte, wenn sie die Kirche wieder verlassen hatte.
So langweilig die Messe auch war, so hatte sie doch schon damals dieses gewisse Etwas gespürt, das solch einen Ort mit einer Atmosphäre von Mystik, Größe und Stille durchflutete.
Eine Weile hatte all dies auch über ihre Sexualität gewacht, doch in einer Weise, die ihr nicht gefiel. Schließlich hatte sie sich im entsprechenden Alter einmal demonstrativ unter dem Rock mit sich selbst beschäftigt, während sie dem Pfarrer ihre „Sünden“ beichtete; danach war das Thema für sie erledigt gewesen.
Sie drückte seine Hand – er antwortete ihr. Ein Strom der Verbundenheit und Nähe, der ihr Gänsehäute bescherte und ihr Verlangen nach seiner Berührung schürte, wie der Wind die Glut eines Feuers. Wie schön, dass es ihn gab! Wie schön, dass sie ihn hier kennen gelernt hatte. Wenn sie zu Hause wäre, würde sie…
Seine Hand riss sie fort und sie stolperte hinter ihm her. Verstohlen sah er sich um, dann machte er einen Schritt über das Seil, das vor die Stufen gespannt war und zog sie ebenfalls hinüber, hinein in den kleinen Gang, der aufwärts einen Turm hinauf führte. Mit einem flüchtigen Blick hatte sie das Schild erfasst, das in mehreren Sprachen kundtat: Durchgang verboten!
Sie stiegen die Stufen höher und höher, zwischendurch ein kleines schmales Fenster, das ihnen zeigte, wie sie nach und nach die Stadt unter sich zurückließen. Sie trat auf ihren Umhang und stolperte. Das Tuch entglitt und gab ihre braunen Arme und Beine frei, leicht bekleidet mit Trägerhemd und einer dünnen kurzen Hose. Er wandte sich um, setzte sich auf die steilen Stufen und zog sie zu sich.
Du bist so geil! sagte er, während sie rittlings zwischen seine Beine geriet und sich auf seinen Oberschenkel setzte. Ihre Nippel drückten sich auffordernd durch das Hemd und er konnte sich nicht zurückhalten ihre Brüste zu streicheln. Sie legte die Hände um seinen Hals und kraulte seinen Nacken. Wenn sie so schaute, machte sie ihn verrückt! – Ein Blick von Liebe, Sehnsucht und Verlangen. Sie wusste was er fühlte, und dass er am liebsten hier auf dieser kalten steinernen Treppe in sie eingedrungen wäre. Sie drückte ihn auf die Stufen und legte sich auf ihn. Sie spürte sein Glied an ihrem Schenkel und küsste ihn. Statt seines Gliedes in sie, drang ihre Zunge zwischen seine Lippen und begann mit seiner zu spielen. Küsse, das war für sie der Stoff aus dem die Träume sind, heiße Küsse wie dieser, die sie alles um sich herum vergessen ließen.
Der Klang der Stundenglocke ließ sie auffahren. Dann lachten sie. Sie stieg an ihm vorbei und eilte weiter die Stufen hinauf, im Bauch ein wohliges Gluckern, ein Pulsieren dieser besonderen Art das ihr sagte, dass sie hoffnungslos verliebt war.
Ihr Atem ging schnell und sie sprang weiter die steinerne Treppe empor. Oben erreichte sie einen offenen Rundgang um den Turm, der sie mit grellem Sonnenlicht und der Hitze des Tages begrüßte.
Welch eine Aussicht! Dort unten die Stadt mit ihren pittoresken Dächern – am Horizont die kargen Berge.
Er erreichte unmittelbar nach ihr das Rund und japste. Sie zog ihn zu sich und drängte sich an ihn, um die unterbrochene Aktion fortzusetzen, hier wo die Dohlen tanzten und die Sonne stach. Sein Herz klopfte wild. Sie schlang eine Hand um seinen Hals und zog ihn näher zu sich, die andere landete zwischen seinen Beinen und begann sich dort zu beschäftigen.
Ihre Lippen fanden sich in gieriger Lust, und während sein Glied sich unter ihren Fingern spannte, verschlang er ihre Zunge und sie seine, nahmen sie gegenseitig ihren Duft, der jede Faser füllte. Selbst die kleinste Berührung schien ein Lied der Sehnsucht zu singen, in einander zu verschmelzen, um endlich diese rastlose Leere zu füllen, die in ihnen nagte.
Beine… Hüften… Brüste… ein Bauch, der verlangend den anderen bezirzt… Hände… Arme… Lippen… der Rhythmus des Atems der sich dem anderen fügt. Klopfen der Herzen. Ein Fügen und Bewegen, Fühlen und Drängen, das ein ums andere sich nährt…
Zungen, Lippen, und sie spürt wie sie feucht wird, während ihre Zungen sich weiter verschlingen.
Die Sonne piekst und diese heiße Glut scheint alles zu verbrennen, alles, außer der Glut im Innern, die sich entfaltet, unaufhaltsam wie ein Vulkan, der viel zu lange schlummerte, ein Vulkan Italiens – Vesuv, Ätna oder einer von all denen auf den Liparischen Inseln.
Eine Hand gleitet ihren Schenkel entlang, schiebt den Rand ihrer Hose beiseite und findet ihre Scham. – Sie zuckt, als er sie dort berührt. Ihre Nippel sind hart und drängen sich an seine Brust. Sein Duft, sein Klang, sein… ...
Er fühlt wie nass sie ist und drückt die dünne Hose vollends zur Seite. Ihre Finger haben sein Glied befreit und leiten es in ihre Spalte, die glühend auf ihn wartet.
Dohlen, Sonne, Weite… Lippen und Zungen, die sich leidenschaftlich bezaubern, während zwei Körper mehr und mehr einander entgegenstreben und verschmelzen, bis endlich die Harmonie ihren Rhythmus findet, die Vereinigung ihrer Lippen sich durchtränkt, Schwert und Scheide dort unten ihren Weg zu einander finden, sich einschwingen und einer Harmonie lauschen, die bald, jenseits aller Zeiten, inmitten von Nirgendwo ihren Höhepunkt finden.

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