500 Euro waren ‘ne Stange Geld, ein Viertel seines Nettogehalts, ein Viertel der Kosten der Reise (einen Monat früher, zu Weihnachten, hätte das gleich Paket knapp 5.000 Euro gekostet und auch jetzt hatte der reguläre Preis noch bei fast 4.000 Euro gelegen, er hatte nur das Glück gehabt, einen günstigen Einzel-Restplatz zu ersteigern). So viel war es ihr also wert. Es der notgeilen Alten richtig besorgen und dafür auch noch Kohle einstecken? Das hatte doch was. „O.K., geht klar, bin dabei“, antwortete er daher nach kurzem Zögern und bohrte dabei neckisch seinen Zeigefinger in ihren Bauchnabel.
„Uuh! Dann lass uns schnell gehen“, sagte sie aufgeregt, „die Sachen können wir später holen. Komm!“
Sie hatte es schrecklich eilig, zerrte ihn buchstäblich auf ihr Zimmer. Noch bevor die Tür hinter ihnen völlig geschlossen war, griff sie ihm zwischen die Beine, fühlte seinen schwellenden Schwanz, zog ihm die Hose herunter, ging vor ihm auf die Knie und lutschte wie eine Besessene an ihm, bis er ganz aufgerichtet war. „Oh is‘, der riesisch, is‘ des en Apparat!“, hatte sie gekeucht, sich ihren Bikini vom Leib gezerrt, ihn mit beiden Händen gepackt und zum Bett gezogen. „Oh ja, stopf‘ misch, mach‘ misch fertisch, oh bitte, mach‘ misch total fertisch, isch brenn‘, isch brenn‘ lischterloh!“, flehte sie ihn regelrecht an. Sie war wirklich so geil, dass sie jede Kontrolle über sich verloren hatte. Er hätte nie geglaubt, dass eine Frau in ihrem Alter noch so lüstern sein würde. Sie war beinahe peinlich, trotzdem machte ihn ihre Geilheit irgendwie an. Er nagelte sie nach Strich und Faden, sie strampelte, schnaubte und schrie vor Lust, war schon in dem Moment, in dem er, nach kurzem Vorspiel, vollständig in sie eingedrungen war, das erste Mal unter lautstarken Wonneseufzern gekommen und hatte zwei weitere Orgasmen, bevor er sich in ihr ergoss und sie beide völlig erschöpft in die Laken sanken.
Darauf hatte sie ihm angeboten, ihn frei zu halten und ihm dazu insgesamt 5.000 Euro zu zahlen, wenn er für die restlichen 10 Urlaubstage ihr Liebhaber sein würde. Als einzige weitere Bedingung musste er mit ihr einen knappen, roten Bade Slip kaufen gehen, damit sie jederzeit sehen könne, was sie an ihm hätte. Gott sei Dank kannte ihn in dem Hotel niemand. Sie hatte ihm am Ende des Urlaubs erklärt, wie froh sie sei, ihn kennengelernt zu haben, dass er der Größte sei, den sie je gehabt hätte und „der Erste un‘ Einzische der misch jemals komplett geschafft hat.“
Das war die Initialzündung zu seiner neuen Karriere gewesen. Er hatte den ganzen Urlaub mit sonnen, ficken und ein paar Ausflügen verbracht und kam mit prall gefüllter Brieftasche wieder zurück. Daran könnte er Gefallen finden.
Marlies hatte ihm eine Freundin, Heike, vermittelt, mit der er sich zwei Wochen nach seiner Rückkehr für ein Wochenende in einem Wellness-Hotel in der Eifel, für 2.000 Euro, wie ihm Marlies am Telefon stolz verkündet hatte, verabredet hatte. Sie war nicht so augenscheinlich mannstoll wie Marlies, sogar eher schüchtern. Sein „fetter Brummer“ – sie bezeichnete ihn so – war aber dennoch der Dreh- und Angelpunkt ihres Wellness-Aufenthalts. Natürlich durfte sie sich wieder melden, „wenn es sie nach Zärtlichkeit verlangte“, wie sie es ausdrückte.
Von da an wurde es praktisch zum Selbstläufer. Noch im selben Hotel wurde er von einer Apothekerin aus Kerpen, einer sehr gepflegten, schlanken und hochgewachsenen Erscheinung, angesprochen: Die Dame in seiner Begleitung, sei doch wohl nicht sein Mutter, das könne sie doch sehen, sie habe ja so gar keine Ähnlichkeit mit ihm und er sei ja ein so auffallend hübscher junger Mann, ob er nicht auch ihr einmal zur Verfügung stehen könnte, wenn sie eine starke Schulter zum Anlehnen benötige, da er ja offensichtlich etwas für Damen übrig habe, die schon etwas älter seien als er. Sie tauschten ihre Telefonnummern und verabredeten sich schon kurz darauf in eben dem First-Class-Hotel, in dessen Sauna er gerade mit Bettina saß.
Die Damen, fast ausnahmslos in einem Alter um die 50, waren von seinen „außergewöhnlich großen Fähigkeiten“ rundum begeistert. Er hatte bald ein paar Stammkundinnen und wurde herumgereicht.
Marlies lud ihn im folgenden Jahr für zwei Wochen nach Mauritius ein. Sie übernahm alle Ausgaben und gewährte ihm darüber hinaus 10.000 Euro „als Honorar für persönliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung“. Sie wolle auch mal wissen, wofür sie das ganze Jahr so hart arbeite und sich mal was Gutes gönnen und er sei genau das, was sie brauche. Sie war unersättlich. „Du bist der beste Stescher, den isch kenn‘“, bescheinigte sie ihm aber am Ende des Urlaubs, „isch fühl‘ misch wie neu. Jetz‘ kann isch wieder voll los. Voll uf die Zwelf.“
Sonst fanden die Treffen sehr oft in Hotels mit Wellnessangebot statt und er lernte schnell, dass die Spas der Nobelhotels seiner Heimatstadt ideale Fanggründe zur Eroberung wohlhabender, reiferer und sexuell unerfüllter Damen waren. Er musste meist gar nicht viel tun, um mehr oder weniger diskrete Angebote zu erhalten. Bald erhöhte er seinen Tagessatz auf 1.500, manchmal bis 2.500 Euro, abhängig vom Schwierigkeitsgrad (d.h. Alter und Aussehen seiner Klientinnen) und Dauer und Umfang seiner Einsätze. In der Regel wurde dies ohne lange Diskussionen akzeptiert.
In kurzer Zeit entwickelte er nicht nur einen sicheren Instinkt für Frauen, die für seine Dienste empfänglich waren, sondern auch für „Kolleginnen“, also Frauen, die wie er in teuren Hotels nach solventen Kunden Ausschau hielten. Es gab solche, die er auf den ersten Blick erkannte. Sie gaben sich meist einen Tick zu verführerisch, trugen ihr Make-up einen Tick zu dick auf und wirkten zuweilen einen Tick zu bemüht, den Eindruck zu erwecken, sie bewegten sich ganz natürlich in ihren angestammten Kreisen. Und es gab andere - die erste Garnitur - die auch er erst nach genauem Hinsehen entlarven konnte, die in dem noblen Umfeld der Luxushotels auch anstandslos als Gäste, schöne Töchter aus wohlhabendem Elternhaus, durchgingen und denen kein Außenstehender ihre wahre Profession angesehen hätte.
So hatte er auch Estelle kennengelernt. Er hatte sie einfach darauf angesprochen und sie hatte nur zurückgegrinst. Sie und er verstanden sich sofort. Sie lagen auf derselben Wellenlänge.
Sie arbeitete neben ihrem BWL-Studium für einen exklusiven Escortservice und gab sich nur mit handverlesenen Klienten ab, trug im Dienst nur Designerklamotten mit den feinsten Dessous darunter und fuhr ein metallicrotes Cabrio, so einen schicken, kleinen Sportflitzer. Als Tochter eines bekannten Schönheitschirurgen stammte sie aus vermögendem Hause und hätte es rein finanziell gesehen nicht nötig gehabt, sich zu prostituieren. Aber sie hätte sich schon immer gern ficken lassen und wenn es dafür auch noch ordentlich Asche gebe, sei es doch der doppelte Spaß, hatte sie ihm ganz offen anvertraut. Ihren Eltern erzählte sie, dass sie nebenbei in einem Hotel arbeite, was zwar nur die halbe Wahrheit aber immerhin nicht ganz gelogen war.
Groß und schlank, mit langen schwarzen Haaren, atemberaubenden Kurven, Haut wie Seide an jeder Stelle ihres Körpers und einem unwiderstehlichen Charme konnte sie jedem, wirklich jedem Mann spielend den Kopf verdrehen. Sie war purer Sex, das sah man als Kenner sofort, obwohl sie es nicht offen zur Schau stellte. Sie wusste ihre unübersehbaren Reize äußerst elegant zu verpacken (womit sie die meisten Männer erst recht verrückt machte) und war dazu noch eine geistreiche Gesprächspartnerin, mit der man sich zu jedem Anlass sehen lassen konnte. Sie konnte sich daher vor Verehrern kaum retten und niemand hätte ihr je angesehen, dass sie eine Nutte war.
Nur an ihrer Nase hätte ihr „Dad“ eine kleine Korrektur vorgenommen. Alles andere sei echt, „100% Bio“, meinte sie. Die Klinik ihres Vaters sei schon ganz gut, aber es sei überhaupt nicht nötig, irgendetwas an ihr herumzuschnippeln, da gäbe es sowieso nichts zu verbessern, wie sie selbstbewusst sagte und dabei lachte, jedenfalls bis jetzt nicht. „Und irgendwann sehen die doch alle aus wie Donatella Versace. Da hab‘ ich null Bock drauf“, ergänzte sie noch.
Sie hatte wirklich einen (nicht übertrieben großen) Traumbusen, aufregend lange Beine und den süßesten Apfelarsch, den man sich an einer Frau nur wünschen konnte. Alwin war intelligent und nicht ungebildet, stammte aber aus einfachen Verhältnissen. Sie hingegen war in der sogenannten besseren Gesellschaft zuhause und brachte ihm bei, wie man sich verhalten musste, um vom Publikum in den Hotels als ihresgleichen akzeptiert zu werden, gab ihm wertvolle Styling Tipps und klärte ihn über alle Do’s and Don‘t’s auf. Mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt ließ sie sich einen Kaffee oder ein Gläschen Champagner (nicht irgendeinen, sondern den richtigen) am Platz servieren und zeigte ihm, wie man auftreten musste, um vom Personal respektiert zu werden und es sich gleichzeitig gewogen zu halten.
Ein paar Mal hatten sie auch miteinander geschlafen. „Zum privaten Vergnügen …“, wie sie sagte, „das brauchen wir schließlich auch ab und zu.“ Eine Beziehung verband sie deswegen aber nicht, vielleicht eine Freundschaft oder – besser noch – eine Art Schicksalsgemeinschaft. Sie konnten ehrlich über alles reden, mussten sich nichts vorspielen, nichts voreinander verheimlichen und zuweilen tat es auch einfach nur gut, wenn man jemanden hatte, mit dem man mal über die Eigentümlichkeiten der Kundschaft und die kleineren und größeren Unannehmlichkeiten des Jobs ablästern konnte.
Es war Estelle, die ihm zum endgültigen Durchbruch verhalf, indem sie ihn in ihrer Agentur einführte. Durch sie kam er mit wirklich reichen Kundinnen in Kontakt. Ellen zum Beispiel, eine Luxemburger Bankerbin oder Anouschka, die 47-jährige Gattin eines Düsseldorfer Immobilien-Magnaten, Typ Ex-Model und immer noch ganz attraktiv. Sie war stets darauf bedacht, gut auszusehen, in jeder Situation. Selbst beim Kommen versuchte sie noch angestrengt zu verhindern, dass ihr dabei die Mimik entgleiste. Er hatte den Eindruck, sie spiele sich gern selbst etwas vor und bringe sich so um das halbe Vergnügen, aber sie schien es jedes Mal zu genießen und war bei der Bezahlung immer sehr großzügig. Auch Frauen aus dem Umfeld des Brüsseler EU-Parketts gehörten zur Klientel der Agentur.
Sex gehörte ausdrücklich nicht zum Vertragsumfang, wie ihm Estelle schon anfangs erklärt hatte, werde aber üblicherweise stillschweigend erwartet. Sie machte es von der Situation abhängig, wie bereitwillig sie auf entsprechende Klientenwünsche einging.
„Manchmal sind ja auch ganz Nette darunter. Mit denen mache ich’s dann ohne Zusatzhonorar. Das kann ja sogar Spaß machen und die meisten legen danach sowieso freiwillig noch was drauf“, schilderte sie ihm freimütig, wie sie damit umging, „bei anderen verlang‘ ich noch was extra, vor allem wenn sie Sonderwünsche haben. Die feilschen auch selten lange herum. Nur bei richtigen Arschlöchern berufe ich mich auf die Vertragsbedingungen. Für die leg‘ ich mich auch nicht hin, wenn sie mir ihre ganze Kohle anbieten.“ Zwischen 1.000, - und 5.000, - Euro extra seien da manchmal schon für sie drin.
(Am meisten habe ihr mal ein glatzköpfiger Italiener gezahlt. Sie hätte keine Ahnung, womit der sein Geld gemacht hätte, aber jedenfalls hätte er’s dicke gehabt und ihr 10.000, - Öcken hingeblättert – weil sie die schönste Frau sei, die er in seinem ganzen Leben gehabt hätte, was sie ihm sogar abgenommen habe. Er habe einen ganzen Koffer voller Sextoys dabei gehabt und schon ein paar bizarre Spielchen von ihr verlangt. „Zuerst hat der mir total Angst gemacht. Ich wusste ja nicht, ob der nicht so ‘n total perverser Spinner war“, erzählte sie. Aber nachdem er ihr alles erklärt und ihr – in ziemlich gutem Deutsch – versichert habe, dass er nie etwas tun würde, was ihr wehtun könne, habe sie sich darauf eingelassen.
Sie seien zunächst schön zum Essen gegangen, wozu sie sich einen ‚Butterfly-Vibrator‘ anlegen musste, den er mit seinem Smartphone steuern konnte und es habe ihm unheimlichen Spaß gemacht, ihn in den unmöglichsten Situationen losgehen zu lassen, zum Beispiel als sie dem Kellner ihre Speisewünsche nennen sollte oder während sie an der Bar noch einen Drink nahmen.
Im Hotel hatte er von ihr verlangt, ein Latex-Kostüm anzuziehen und sich an einen Tisch fesseln zu lassen, die Beine an zwei Tischbeine und den Oberkörper auf die Tischplatte.
Es sei ein komisches Gefühl gewesen, sich so ganz ausgeliefert zu fühlen und der Typ habe ihr nacheinander alle möglichen Dildos und Vibratoren eingeführt, „vorne und hinten, weißt du …“ Anfangs war es nur komisch aber irgendwann habe es sie richtig geil gemacht und sie sei tatsächlich gekommen. Sie habe schon geglaubt der Typ sei vollkommen impotent, aber das Ganze habe ihn total scharf gemacht und er hätte sie – immer noch gefesselt - von hinten so geil gevögelt, dass sie nochmal richtig gut gekommen sei …)
Von da an lief es finanziell ziemlich gut für ihn. In guten Monaten machte er mit seinem Job als Beglücker reiferer Damen 20.000, - Euro, unter 10.000, - waren es nie. Er leaste sich ein BMW Coupe und kaufte sich ein schickes Appartement mit Rheinblick. Wenn alles nach Plan lief, wäre es in acht, höchstens zehn Jahren abbezahlt. Spätestens dann wollte er aufhören. Er wusste, dass er nicht ewig so weitermachen konnte und er hatte nicht die Absicht als alternder Gigolo zu enden, dem seine Kundinnen klar machen mussten, dass seine Zeit abgelaufen sei.
Im Grunde war er doch ein ganz bodenständiger Typ, der sich wie andere auch nach einer soliden Beziehung sehnte und - warum nicht – auch einer Familie. Mit Ende 30 wäre es dafür noch nicht zu spät, aber so lange es noch so einfach war, wollte er seine Möglichkeiten nutzen, um Kohle zu machen. Er war nicht mit einem silbernen Löffel im Mund zur Welt gekommen und hatte auch kein nennenswertes Erbe zu erwarten. Was wäre so falsch daran gewesen, mit den Gaben, die ihm die Natur mitgegeben hatte, ein kleines Vermögen aufzubauen? Es war wohl seine Bestimmung, Frauenträume in Erfüllung gehen zu lassen. „Rewired“ von Kasabian war einer seiner Lieblingssongs beim Autofahren und beim Refrain, „who made you the master, the lady castor. I found you looking for a good time … “, sang er immer aus voller Kehle mit.
Seinen bisherigen Job als Einkäufer bei einem Elektronikhandel behielt er, reduzierte seinen Vertrag aber auf eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden und arbeitet dort an vier Tagen von 9.00 bis 14.00 Uhr. Der Verdienst dort war im Vergleich zu seinem sonstigen Einkommen geradezu ein Witz, aber die Arbeit erdete ihn irgendwie. Es war sein Anker im bürgerlichen Leben. So konnte er jederzeit einen „soliden“ Beruf angeben und musste vor allem sein Selbstbild nicht auf das eines bloßen Callboys reduzieren.
Seinen Vorgesetzten hatte er erzählt, dass er sich um eine schwer kranke Tante kümmern müsse, die außer ihm niemanden hätte und auf keinen Fall in ein Pflegeheim wollte. Verwunderten Kollegen erklärte er seinen auffällig luxuriösen Lebensstil damit, dass nämliche Tante ihm bereits einen Teil ihres nicht unbeträchtlichen Vermögens überschrieben habe und ihm darüber hinaus auch sonst großzügige Zuwendungen zukommen lasse.
Schon vor seiner Zusammenarbeit mit dem Escort-Service hatte er sich behördlich angemeldet, er versteuerte sein Einkommen mit angemessener Ehrlichkeit und ging öfter als vorgeschrieben zu ärztlichen Untersuchungen. Er wollte keinen Ärger bekommen, in keiner Hinsicht. Alles war bestens geregelt. Wenn Vanessa vom Escort-Service nichts für ihn hatte, konnte er sich selbst Kundinnen suchen. Das hatte er sich ausbedungen und auch, dass er Aufträge ablehnen konnte, wenn ihm die Kundschaft missfiel.
Heute war so ein Tag, an dem er selbstständig auf Pirsch ging und seine Beute hatte er schon gefunden.
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