Klaviersex

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Anita Isiris

Cellistinnen sind bekannt für die Projektion, die sie in Männerköpfen auslösen. Junge Frau, honigblond, in einem enganliegenden schwarzen Kleid. Grosszügiger Ausschnitt, klar. Und sie presst ihr Cello zwischen die gespreizten Schenkel. Die Schwingungen speziell der tiefen Töne übertragen sich auf ihren Körper und bringen die Augen der Cellistin zum Leuchten. Die Cellistin sitzt im Orchestergraben. Oder, besser noch, auf der leicht erhöhten Bühne. In der ersten Publikumsreihe sitzt, wer Hunger hat. Hunger auf die weichen, fliessenden Bewegungen der Cellistin. Hunger auf eine unerreichbare Frau, die sich herrlich in Masturbationsfantasien einbauen lässt. Ob das allen Cellistinnen bewusst ist? Dass sie derart als Projektionsfläche dienen?

Ganz anders die Klavierlehrerin, um die es in dieser Erzählung geht. Myriam – auch sie eine Musikerin mit Leib und Seele. Für die Öffentlichkeit nur sichtbar, wenn sie an der Musikschule mit ihren jungen Schülerinnen Vortragsabende durchführt. Dann steht sie auf der Bühne, scheu, alles andere als publikumsgewohnt. Ihr Biotop ist der Steinway-Flügel im Musikzimmer, der nach Teppichschaum riechende Spannteppich, die Mineralwasserflasche auf dem Beistelltisch, und, klar, Notenblätter ohne Ende. Handgekritzelt und gedruckt.

Myriam war eine Augenweide – und das Bezaubernde daran: Sie wusste es nicht. Mit durchgedrücktem Kreuz sass sie auf dem Klavierstuhl, fürs Publikum im Profil sichtbar, diese geile, unwiderstehliche S-Form, die Millionen von Frauen zu eigen ist, aber nie so zur Geltung kommt wie bei Klavierlehrerinnen, vor dem Steinway-Flügel sitzend. Schulterlanges Haar, ärmelloses Kleid, klar, es ist ja Sommer. Vortragsübung, Vivaldi, Vierhändig, neben der 15jährigen Tamara.

Tamaras Vater hatte nur Augen für Myriam, die Klavierlehrerin. Er war ein gewissenhafter, liebender Familienvater von drei Töchtern, und, ja, das Sexleben mit seiner zwei Jahre älteren Frau, Julia, funktionierte noch immer. Wenn man hier zwischen den Zeilen liest: Es funktionierte. Julia wurde rasch feucht, Stephen hatte kein Problem mit seiner Erektion, obwohl er, ab und an, noch immer zu früh kam. Julia wusste das, liess geübt ihre Scheidenmuskeln spielen, und manchmal gelang es ihr so, Stephens Orgasmus hinauszuzögern, was er sehr genoss, dieses «fast-aber-noch-nicht-ganz»-Gefühl.

Dann war da der Abend, der alles veränderte. Von Burt, dem Nachbarn in der kleinen Wohnaussiedlung, hatte Stephen folgendes mitbekommen: Burt war ein Hurengänger, einer, der von Frauen nie genug bekommen konnte und auch für ganz bestimmte Dienstleistungen bezahlte. Mit Gummi. Ohne Gummi. Anal. Oral. Vaginal. Doppelpenetration. Table Dance und was der Dinge mehr sind. So war es gekommen, dass Burt auch Myriam, der Klavierlehrerin, begegnet war. Seine feinen Antennen begannen immer dann zu signalisieren und zu zittern, wenn eine Frau, sagen wir mal, nicht nur Haus- respektive Berufsfrau war, sondern auch dem Sexgewerbe nachging, etwa bei Casualdating und vergleichbaren Plattformen. «Casual» heisst für solche Frauen, dass sie zwischen «Normal-Leben» und «Abenteuer-Verrucht-Nutten-Leben» hin- und her oszillieren. Die Dr.-Jekyll und Mrs.-Hyde Frauen. Es gibt deren Tausende. Und auch wenn sie sich selbst nicht so sehen: Für die Kunden sind sie Nutten, Wesen für den Akutfick, Ersatz-Muschis, wisch und weg.

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