Der lokale Polizeichef gab sich wenig kooperationsbereit. Nein, so ein Ereignis habe es hier noch nie gegeben, dies sei eine friedliche Stadt, ohne kriminelle Elemente. Nein, dieses junge Mädchen und der Mann, die er beide recht präzise beschrieben hatte, seien hier unbekannt. Durchreisende Gauner vermutlich. Die Bar? Nachtlokale und ähnliche Einrichtungen gäbe es hier nicht, Bordelle seien sowieso verboten. Den Wirt, nein den kenne er auch nicht. Vermutlich seien die Namen sowieso falsch. Ja, wenn er darauf bestehe, würde er versuchen, diese ominöse Bar mit Hilfe des Gastes zu finden, doch der müsse ihm sagen, wo er suchen solle. Ein Protokoll wegen des Diebstahls, ja natürlich und eine Fahndung nach dem Auto, aber sicher. Nur, das gehe alles nicht so schnell. Die Dienststelle hier sei unterbesetzt, einer seiner Beamten in Urlaub, eine junge Beamtin in Mutterschutz, er müsse alles allein machen und es stünden noch viele andere, wichtige Dinge an. Er solle doch später wieder kommen, so gegen Abend, dann könne er das Protokoll mitnehmen. Ja sicher, wenn er dann Zeit habe, könnten sie diese Bar - wie war der Name? Ach ja, Dernier cri, wie passend - zusammensuchen. Sei er sich denn sicher, dass er in dieser Bar betäubt und nicht auf der Straße überfallen worden war. Vielleicht sollte er zu einem Arzt gehen, wegen eines Attests und, nun ja, es könne sicher nichts schaden, wenn er dort seinen Blutalkohol bestimmen ließe, für alle Fälle, um Zweifel an seinen Angaben von vorneherein erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Damit schien für den Polizeichef die Sache erledigt zu sein, doch weil er nach eigenen Angaben ein hilfsbereiter Mensch sei, gab es als Dreingabe noch eine kostenlose Belehrung. Letztlich, so meinte der Beamte, solle er doch froh sein, dass ihm nur ein paar Dinge abhandengekommen seien. Dinge, die ihm die Versicherungen ja ersetzen würden. Er kenne Fälle, nicht hier, aber in anderen Städten, da seien die Opfer anschließend viel schlechter dran gewesen, Verletzungen, Verkrüppelungen bis ans Lebensende und sogar Raubmord. Ihn habe man doch noch nicht einmal bedroht oder geschlagen oder mit einer vorgehaltenen Waffe beklaut. Also nur einfacher Diebstahl. Und die k.o.-Tropfen? Der Polizeichef lachte laut. Wenn er mit dem Mädchen weiter gesoffen hätte, wäre er vermutlich in dieselbe Lage gekommen, mit den Tropfen sei es nur schneller gegangen. Aber im Ernst, so fuhr er fort, er könne nur wiederholen, dass er doch noch ganz gut aus der Sache herausgekommen sei, er habe doch nur materielle Schäden erlitten. Nach seiner Erfahrung, er flüsterte fast, so vertraulich war sein Ton geworden, nach seiner Erfahrung seien die Geschädigten finanziell meist besser dran, wenn ihr Eigentum, zum Beispiel ein Auto, nicht mehr auftauchen würde. Dann gäbe es eine „saubere Abrechnung“ und die Versicherungen würden alles komplett bezahlen. Aber, er solle sich das mal vorstellen, wenn so ein Auto wieder auftauche, demoliert, beschädigt, verhunzt, dann würden die Versicherungen sich drücken und er könne sehen, wie er klarkomme. Er hätte mit Sicherheit mehr Scherereien und Verluste, wenn man den Wagen wieder fände. Der finanzielle Aspekt der Wiedergutmachung, insbesondere des teuren Autos schien für ihn das Wichtigste zu sein und nicht das bisschen Black-out durch k.o.-Tropfen.
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schreibt Huldreich