Die Kollegin

Geschichten vom Anfang der Sehnsucht

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Die Kollegin

Die Kollegin

Stayhungry

Danach machte sie es sich tatsächlich zur Aufgabe, sich noch einmal zu revanchieren.

*

Sie hatte mich wieder und wieder gelockt, verführt, erregt, sanft, zart, bittend, nur mit Blicken flehend, wieder und wieder wuchs die Kraft, die ich schon lange verloren spürte. Ich war nicht gefordert, nicht angestrengt, nicht überfordert, ich war wieder und wieder beschenkt. Leer war ich, nur noch wenig kam, aber erfüllt war ich von Glück und mit einer fast kindlichen Freude über ihre unvorstellbare Wirkung nahm sie die letzten Tröpfchen auf, die ihre Lippen und ihre Zunge einem nur noch ansatzweise erhärteten Glied entlockten.

Erschöpft und tief befriedigt lag ich mit ihr auf dem Sofa. Nach all den Gedankenspielen der Vergangenheit hätte nun das Elend über mich hereinbrechen müssen, aber ich empfand nur ein wenig Melancholie. Ein wenig schämte ich mich auch, dass ich in der Vergangenheit stets ein so hartes Urteil über Seitenspringer gefällt hatte. Nun verstand ich es, weil mein Gefühl es verstand, nicht mein Kopf, wie es war, sich unerwartet wieder gedankenlos umfassend angenommen zu fühlen. Ich hatte nicht das Gefühl, meiner Liebsten etwas weg zu nehmen, weil es ja etwas war, was sie ohnehin nicht mehr ersehnte, nur gelegentlich, ohne schmerzende Sehnsucht durchlebt zu haben, in Anspruch nahm. Und ich würde mich nicht entscheiden müssen, denn dieser junge Liebesengel hatte es selbst ausgeschlossen und ich war nicht so vermessen, mich umfassend anziehend zu finden, nur wegen einer gelungenen Liebesnacht. Obwohl man ja nie weiß …

Nein, noch hatte ich nicht die Befürchtung, irgendjemanden zu verletzen, so lange es geheim blieb. Welche Veränderungen das Leben doch noch mit sich bringen konnte, und in der Krise der Lebensmitte wirft man über Bord, was fast ein Leben lang Fundament und Leitlinie gewesen war. Ich war sehr erstaunt über mich, aber ich verfiel nicht ins Grübeln. Es war Zeit aufzubrechen und das fiel mir am schwersten, denn das war das Ende. Sie tröstete mich lachend und meinte, es wäre doch schön gewesen, und vielleicht könnte das ja auch ein Ansporn für neue Begeisterung für meine Frau sein, ich hätte mich doch sehr feinfühlig bemüht, vielleicht fehle ihr das.

Es war ein lieb gemeinter, etwas naiver Trost, denn gerade diese ausgiebige, zarte Werbung war nicht mehr erwünscht. Aber er bewies, dass sie mich nicht als Klette an der Backe haben wollte und deshalb in Erinnerung rief, wohin ich eigentlich gehörte. Ich jedoch wollte nicht, dass sie nun Befürchtungen entwickelte, die vielleicht in meinen Gefühlen begründet sein könnten, aber sicher nicht in meinem Verhalten dazu führen würde, mein bisheriges Leben hinzuschmeißen. Wir verabschiedeten uns herzlich. Melancholisch, nicht deprimiert, für meine Verhältnisse also relativ gut gelaunt, ging ich nach Hause.

In der nächsten Zeit, ich muß es zugeben, dachte ich viel an sie. Es war nicht die Lockung einer Lolita, es war eine tiefe Dankbarkeit. Aus den nächsten Treffen erfuhr ich einiges aus ihrem weiterhin bewegten Freizeitleben, ihrer unermüdlichen Suche nach dem geeigneten jungen Mann für ihr Leben. Unser Intermezzo hatte sie also nicht aus der Bahn geworfen. Aber das verletzte mich nicht, denn in unbewachten Momenten zwinkerte sie mir auf liebeswert freche Weise zu, als wollte sie sagen: Ich habe nichts vergessen von dem, was war. Meine einsame Erotik, die enttäuscht schon lange nicht mehr meine Angetraute als mich begehrende Frau phantasierte, und nur den ersten Teil ihres üblichen nüchternen Namens verdiente, hatte nun wieder ein liebeswertes Gesicht, einen hingebungsvollen, verlangenden Körper vor sich und einen Namen.

Meine Liebste aber war geraume Zeit zufrieden, dass mich der Welt- und Beziehungsschmerz nicht plagte. So hatte sie auch was davon und zwar soviel, dass sie nicht auf die Idee kam, misstrauisch zu werden. Dazu hatte sie im engeren Sinne auch keinen Anlaß, denn es war ja vorbei.

*

Meine immer noch Liebste und meist vergeblich Begehrte teilte mir mit, dass sie übers Wochenende wieder zu ihrer Freundin fahre, diese könne für den vereinbarten Gegenbesuch aus geschäftlichen Gründen nicht zu uns kommen und so fahre sie halt wieder zu ihr. Ich gab mich beiläufig überrascht, Ach? Dann sag ihr liebe Grüße! und las weiter meine Zeitung.

Tatsächlich wusste ich aber bereits aus der Nachricht ihrer Kollegin, dass vormittags der Termin vereinbart worden war. Sie aber habe immer noch nicht den Richtigen gefunden und brauche ein wenig Trost. Im Übrigen gebe es doch sicher noch ein paar interessante Dinge, die frau und man einmal in Ruhe ausprobieren sollten. Ich hatte unverzüglich das Bild ihres lockenden Muskels vor Augen und mußte ihr Recht geben. Die Einladung zur Bewältigung dieser Aufgabe habe ich bereitwillig angenommen.

*

Na gut, so wild ist die Sache in Wirklichkeit nicht.

Aber man(n) wird doch noch träumen dürfen - oder?

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