La esquina

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La esquina

La esquina

Tanguera

Oh, wie ich ihn mag, deinen Blick. Fast hatte ich geglaubt, du würdest heute nicht mehr kommen, und hab mich gleichmütig in den Tanz mit irgendeinem der anderen ergeben. Ordentlich, technisch perfekt, aber leidenschaftslos. Plötzlich spüre ich in meinem Rücken eine Wärme, etwas, das den schlanken Bogen meines Nackens nachfährt, meine Wirbelsäule entlangstreichelt, um an meinem Po zu enden. Wie ein Kuss von dir, genau an der Stelle, die mich erregt und die vor einigen Tagen deinen Lippen zum Opfer fiel. Vorsichtig schau ich mich bei der nächsten Drehung um – du sitzt da. Lächelst mich an, und gibst mir einen Wink, weiterzutanzen.

Meine Knie zittern leicht. Wie du mich anschaust… heiß und kalt wird mir. Gerade huschen deine Augen über meinen Fuß, dessen Rist sich in meinen hohen Schuhen spannt, liebkosen meinen Knöchel. Krabbelt weiter über meine Waden, die Kniekehlen, um schließlich auf meinen Oberschenkeln zu verweilen, deren netzbestrumpfte, feste Form der hohe Seitenschlitz meines Rockes immer wieder preisgibt. Hör auf, möchte ich dir am liebsten signalisieren – du bringst mich noch um den Verstand mit den Dingen, die du nicht tust, die aber in unserer Phantasie parallel ablaufen. Ich weiß doch, was deine Blicke tun, was deine Hände tun wollen. Gleichzeitig will ich, dass du weitermachst… deine Augen folgen mir durch diesen Tanz, liebkosen mich, und mir wird warm. Meine Wangen glühen vor Aufregung und Erregung, vor Lust auf dich. Ich will dich küssen, du, endlich wieder.

Wie gut, dass ein Tango nur drei Minuten dauert. Schnell hauche ich das übliche „gracias“ und komme auf dich zu, Begrüssungsküsschen wie in Buenos Aires. Bestimmt fühlst du meine Hitze, den Hauch eines schweren Parfums, vermischt mit Schweiß. „You need refreshment“ konstatierst du fachmännisch. Wie sehr ich dich dafür liebe, die Situation richtig einzuschätzen, und uns ein subtiles Alibi zu verschaffen. Die Nachbarschaft ist mehr als zweifelhaft hier, allein könnte ich hier nicht raus – und überhaupt, wer würde denn bei mir, der jungen milonguita, und dir, dem erfahrenen Tänzer, etwas anderes vermuten als einen professionellen Austausch beim Spazierengehen?

Kaum sind wir ums Hauseck gebogen, fallen deine Lippen über mich her. Berühren alles, was deine Augen schon vorher gestreichelt haben. Du drückst mich gegen eine Hauswand, ich spüre die Kühle des Steins und deinen Körper. Seine Sanftheit, die mich beim Tanzen umarmt und seine angespannte, unterdrückte Erregung. Du presst deine Hüften an mich, schiebst deine Zunge in meinen Mund. Verführerische Küsse, Zungenkämpfe, während sich mein Bein um deine Hüften schlingt, dich näher an mich zieht und gleichzeitig deinen Po massiert. Wie oft haben wir dasselbe schon getanzt, die unterdrückte Lust in Figuren zu einem kurzen, dreiminütigen Leben erweckt. Jetzt ist es real.

Du schiebst meinen Rock hoch, über die Spitzenborte meiner Strümpfe, liebkost die Innenseite meiner Schenkel mit deinen Händen, während meine Lippen sich an deinem Hals festsaugen und dich vor Lust aufstöhnen lassen. Ich liebe es, mit meinen Fingerspitzen dein Brusthaar zu zerzausen, deine angespannten Muskeln zu fühlen, deinen Oberkörper, fest und stark von den Tanzübungen, und doch nachgiebig, sanft, aufnahmebereit für meine Zärtlichkeit. Ob du diesen Ausbruch geplant hast? Sonst trägst du doch kaum Schlüpf-Hosen, die meinen Händen so entgegenkommen… während meine Fingerspitzen noch an deinem Hüftknochen spielen, deine Lenden massieren, hast du schon meinen String beiseite geschoben. Kraftvoll dringst du in mich ein, teilst mit mir deine aufgestaute Lust. Unterdrückt stöhne ich auf, genieße das lustvolle Kribbeln in meinem Körper, das Anschwellen meiner Scham, die dich feucht-heiß in sich aufnimmt, und gleichzeitig die Aufregung… was, wenn einer der Anwohner noch einen Abendspaziergang macht? Oder wenn jemand die Milonga früher verlässt? Mein Bein, das immer noch um deine Hüfte geschlungen ist, gibt dir den Rhythmus vor, presst deinen Körper an meinen. Ich spüre, wie sich dein Körper anspannt, und ich genieße es, dich zu fühlen in mir. Jetzt schiebst du mich noch weiter hoch, so dass ich dich mit beiden Beinen umklammere, dich noch tiefer in mir spüre. Du machst mich verrückt. Dein Duft, dein Köper, deine Erregung, die ich fühle und teile. Deine Hände stützen mich, massieren meinen Po, während deine Lippen sich an mir festsaugen. Ich kann nichts mehr tun, nur noch die gigantische Welle der Lust, die sich in mir aufbaut, zulassen. Und gleichzeitig spüren, was in dir vorgeht… Ich spanne meine Muskeln an, um dir noch mehr Widerstand zu bieten, die Intensität deines Höhepunkts zu steigern. Wie ich deine Wildheit mag, die Ungestümheit deines Körpers, die Freiheit, mit der du deine Lust auslebst und meine Lust hervorzauberst. Noch einmal stößt du zu, tief in meinen Körper, bevor du dich lusttrunken an mich klammerst. Sanft umfasse ich deinen Kopf, genieße deine Nähe, streichle dich liebevoll aus deinem Höhepunkt heraus…

Du lässt mich runter, streichst lächelnd über meine Schulter. Übermütig küss ich dich zum letzten Mal, bevor wir wieder zurück in den Saal gehen. Keine zwei Tandas haben wir verpasst. Dass mir jetzt kühler wäre, könnte ich nicht behaupten, aber erfrischt bin ich…
Als ich mich in unsere Tanzhaltung schmiege, meine Brust gegen deine gelehnt, meine Stirn an deiner, nehmen unsere Körper ihre Vertrautheit wieder auf. Nicht mehr gierig, sondern zärtlich. Wie schön ist es, mich von dir rauswiegen zu lassen aus der Erregung, die immer noch in meinem Bauch pocht. Liebevoll streichelnd drückt sich dein Körper an mich, führt mich und hält mich sicher und geborgen.

Schon längst haben wir uns getrennt, als später am Abend La esquina gespielt wird. Ich lächle dir aus der Ferne zu. Die Straßenecke. Einen Moment denkst du nach, dann verstehst du. Du fängst mein Lächeln in der hohlen Hand, legst es auf deine Lippen, die ich vorher so lang geküsst habe – und tanzt für mich all die geraubte Lust eines Abends, das schalkhafte, heimliche Zwischenspiel einer Milonga.

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