Le miroir

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Le miroir

Le miroir

Anita Isiris

Der Spiegel entblösst. Le miroir enthüllt.

Der Spiegel entzaubert. Le miroir verzaubert.

Als Walter Gebenauer zur Welt kam, hätte niemand vermutet, wozu er sich eines Tages entwickeln würde. Walter Gebenauer war als Baby eher blass, unscheinbar. Die anale Phase im Rahmen der klassischen Triebtheorie vollzog sich bei ihm etwa im dritten Lebensjahr. Er wurde sie nie wieder los. Walterchen, wie sie ihn in der Kindertagesstätte nannten, spielte am liebsten mit Puppen. Er kümmerte sich rührend um sie, redete ihnen zu, gab ihnen Rosinen zu essen und zog sie warm an, während die andern Jungs sich mit der Playmobiltierklinik beschäftigten.

Eine dieser Puppen hatte es ihm besonders angetan. Sie war vollkommen haarlos – dort, wo sich normalerweise Haar befindet, an der Oberfläche des Kopfes, war die Plastikstruktur lediglich vergröbert. Mina konnte die Augen schliessen und reagierte mit Augenöffnen, sobald man ihr einen kleinen Schnuller in den Mund steckte. Und, ja, Mina hatte eine kleine runde Oeffnung am Po, um einen Fieberthermometer reinzuschieben oder so.

Walterchen mochte auch das Nachbarmädchen sehr. Eleonora. Zum ersten Mal betasteten sich die beiden im Treppenhaus, in kindlicher Unschuld. Der Eindruck, den Eleonora bei Walterchen hinterliess, war nachhaltig.

Machen wir nun einen Zeitsprung. Walterchen ist zum 18jährigen Walter geworden. Ob sich der Unterricht um binomische Formeln dreht, um den französischen Subjonctif oder um die Aphorismen von Lichtenberg: Walterchen dachte jeden Tag mindestens dreihundert Mal an den weiblichen Anus. Er war von dieser winzigen Oeffnung besessen und brannte darauf, die Pobacken der feisten Lara auseinander zu zwängen, um ihre Rosette zu betrachten. Mehr wollte er damals nicht. Einfach hinschauen. Einfach... in Erfahrung bringen, wie Regina, Anna, Barbara, Sophie, Raquel, Esther und Katharina “da unten” ausschauten. Die Vagina von Regina etwa liess ihn vollkommen kalt. Nach langem Zureden hatte sie sich vor Walter entblösst. “Aber nur ganz kurz, ja?” Walter hatte sie inständig gebeten, sich umzudrehen, sich hinzuknien und den Po rauszustrecken. Er hatte Regina nichts getan, sie noch nicht einmal berührt. Aber er hatte sich ihre Rosette eingeprägt.

Zu jenem Zeitpunkt war Walters Analsucht bereits so weit gediehen, dass es kein Zurück mehr gab – ohne begleitende Psychotherapie schon gar nicht. Er war nicht unattraktiv, der Walter, und er wirkte auf Frauen. Dem Unterricht konnte er trotz seiner Träumereien problemlos folgen und schaffte erfolgreich sein Abitur. Zur Feier kaufte er sich im Meerfrüchte-Take Away Tintenfischringe und ein Bier. Die etwas zähen, panierten Ringe verspies er genussvoll, indem er sie sich auf die Zunge steckte, jeden einzeln. Dabei schloss er die Augen und stellte sich vor, er schöbe seine Zungenspitze in den Anus von Regina, Anna, Barbara, Sophie, Raquel, Esther oder Katharina. Während seiner Gymnasiallaufbahn hatte er ja bloss Reginas Poloch kennengelernt, und dies auch bloss für eine knappe Minute. Dann hatte sie sich umgedreht, ihn ernst, mit hochrotem Gesicht, angeschaut, war in ihr Höschen geschlüpft, hatte ihre Jeans hochgezogen, die Reissverschlüsse der Stiefeletten geschlossen und hatte seine kleine Wohnung ohne ein weiteres Wort verlassen.

Walter wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann, einer von der Spezies der Vielreiser. Endlich vom engen Kreis der Familie und der Nachbarn befreit, konnte er in fernen Ländern tun und lassen, was er wollte. Walter wollte Libyerinnen, Rarotonganerinnen, Baslerinnen, Frauen aus Lampedusa, Chile, Husum und Bagno Vignoni, Mädchen aus Polen, vom Rosaliengebirge, aus Paris und Lescala, Girls aus Toxteth, Aberdeen und Detroit. Er wollte den kollektiven Anus all dieser Schönheiten.

Gefickt hat Walter mit 25 zum ersten Mal. Das ist erstaunlich. Umso mehr, als ihn bis dahin bereits Dutzende von Frauen in ihre geheimnisvollen Landschaften eingeweiht hatten.
Sie hiess Meriem. Kurz bevor er in ihre Vagina eindrang, nahm er nochmals einen kräftigen Schluck aus seiner Bierflasche und stiess zu. Meriem hatte vor ihm schon fünf Männer gehabt und machte sich nicht viel aus der Chose. Männer fand sie ohnehin seltsam. Ob sie nun vor ihren Augen wichsten, ihr obszöne Begriffe an den Kopf warfen, während sie sie bumsten, oder ihre gepflegte Muschi mit Konfitüre beschmierten: Schockieren konnte sie nichts mehr. Als Walter mit steifem Schwanz vor ihr stand, am ganzen Körper zitternd, musste sie ein Lachen unterdrücken. Angst hatte Meriem nicht. Dieser Mann würde sie einfach vögeln, was sonst, und er würde nicht der letzte sein. Also gab sie sich hin. Walter schloss die Augen und stellte sich vor, er sei in Meriems Anus. Ihre Scheidenmuskeln schlossen sich wie eine kleine Faust um seine Eichel, und für die beiden Liebenden bestand der zusätzliche Kick darin, dass Meriems Vater sie bereits einem Verwandten zur Heirat versprochen hatte.

Dann kam Walter zu Geld, vermutlich, weil alle andern ihre Guthaben verloren und Häuser verkauft hatten, Jobs beenden und aufs Auto verzichten mussten. Er zog in eines der wirklich guten Stadtviertel und belegte eine Penthouse-Wohnung. Walter war nicht beziehungsfähig und verbrachte fast die ganze Freizeit mit Pornoheften und -filmen. Close up. Macrovision.
Die Idee, den grössten Raum der Fünfraumwohnung vom Boden bis zur Decke mit Spiegelglas zu bestücken, kam ihm während einem dieser Filme. Da liebte sich ein Paar vor einem Spiegel. Später kam eine weitere Frau dazu, dann noch eine und noch eine. Walter war fasziniert von der spiegelbedingten Vervielfachung der weiblichen Geschlechtsorgane und davon, dass im miroir die Optik, der Sichtwinkel, verschoben war. Im Kopf setzte er das Ganze zu einem multidimensionalen Ereignis zusammen. Vier Frauen, vier Polöcher. Dann lud er Christine ein.

Christine war Serviererin im Tea Room in unmittelbarer Nachbarschaft und hatte offenbar eine Vorliebe für weisse Kleidung. Walter hatte sie sogar einmal verraten, dass ihr neues Fahrrad weiss war. Dafür interessierte er sich weniger – dafür umso mehr für Christines gigantischen Hintern, der in der weissen, engen Hose wunderbar zur Geltung kam. Wenn er, müde von der Arbeit nach Hause kam, ging er oft ins besagte Tea Room, um den Alltag zu vergessen. Und tatsächlich: Kaum erblickte er Christine respektive deren Hintern, sauste das Adrenalin in seinen Ohren, und das in eine Schweizer Grossbank nicht nur schlecht investierte, sondern auch unwiederbringlich verlorene Geld kratzte ihn nicht mehr. Besonders erregend war für ihn, zuzuschauen, wie Christine Brotkrümel von den Tischen wischte. Dabei bewegte sie ihren Po sehr leidenschaftlich, wie ihm schien. Walter musste Christines Anus kennen lernen. Unbedingt. Mit Christine wollte er sein Spiegelglaszimmer einweihen.

Daher lud er sie eines Abends zu sich nach Hause ein. Christine war alles andere als naiv. Wenn ein Mann wie Walter eine Frau wie sie zu sich nach Hause einlud, war im Grunde klar, worauf das Ganze hinaus lief. Sie sagte aber zu, denn einem Abenteurechen mit einem der Stammgäste war sie keineswegs abhold.

Liebevoll hatte Walter Bruschetti zubereitet, den Kühlschrank mit “Eve” in verschiedenen Geschmacksrichtungen gefüllt und Oliven auf Zahnstocher gespiesst. Dann klingelte es.

Christine erwies sich als beredte, belesene und unterhaltsame Besucherin. Insbesondere Karen Duve, die herausragende Autorin von Büchern wie “Taxi”, hatten es ihr angetan. Walter war aber bloss von einem einzigen Gedanken beseelt: Wie brachte er dieses vergeistigte Wesen, das doch einem äusserst pragmatisch ausgerichteten Beruf nachging, nämlich dem des Caffe Macchiato-Herstellens, dazu, sich in seinem Spiegelzimmer zu entblössen?

Der Spiegel entblösst. Le miroir enthüllt.
Der Spiegel entzaubert. Le miroir verzaubert.

Walter murmelte die Sätze mehrmals vor sich hin, so lange, bis Christine nachfragte. “Was sagst Du da?” wollte sie wissen und schenkte Walter ein unwiderstehliches Lächeln. “Komm mit”, sagte dieser, in der Hoffnung, dass drei Flaschen “Lychee-Eve” Christine zur Entspannung verholfen hatten. “Oh...”, sagte sie bloss, als er ihr seinen Schlafraum zeigte. Es war das erste Mal, dass in Walters “chambre des miroirs” eine Frau widerspiegelt wurde. Christines Haar. Christines Profil. Christines schwarze Strümpfe, durch die ihre vermutlich lackierten Zehennägel zu sehen waren. Christines Arsch. Christines Arsch. Christines Arsch.

“Was zitterst Du so?” Walter zitterte tatsächlich am ganzen Körper, dermassen erregte ihn die Situation. “Oooch... nichts”, wiegelte er ab und räusperte sich. Einmal mehr trug Christine eine enge weisse Hose; darunter verbarg sich ein knapper Slip, der auf dem dünnen Stoff auftrug. Ihre Oberweite war eher bescheiden, wie das bei Frauen mit kräftigem Gesäss oft der Fall ist. Aber um die Oberweite ging es Walter ja nicht.

Lächelnd setzte Christine sich auf die Bettkante. Walter erstarrte. “Hast wohl keine Erfahrung mit Frauen, wie?”, flachste sie und kicherte. Dann ergab eine Handlung die andere. Christine ergriff Walters Hände. Blickte ihn an. Schenkte ihm ein weiteres Lächeln. Brachte ihn dazu, sich neben sie zu setzen. Schenkte ihm einen innigen Kuss. Liess ihn gewähren, als er durchs weisse T-Shirt hindurch ihren BH-Verschluss ertastete. Dann glitten seine Hände langsam ihrem Rücken entlang nach unten, an die Stelle, an der das Steissbein, Os Coccygis, in die fleischige Magie des Arsches übergeht.

Walter hielt inne und öffnete einen kleinen Schrank, die sich in Reichweite seines Armes befand. Dann hielt er eine Body Lotion in der Hand. Marokkanische Rosen. Der Duft marokkanischer Rosen war dieser edlen Crème beigemengt. Christine lächelte verträumt, als Walter ihre weisse Hose nach unten schob. Stumme Einwilligung? Walter war viel zu erregt, um sich dazu weitere Gedanken zu machen. Er musste diese Frau erforschen, und seine Aktivitäten vielfach in all den Spiegeln verfolgen.

Der Spiegel entblösst. Le miroir enthüllt.
Der Spiegel entzaubert. Le miroir verzaubert.
Es war ein wirklich geiles Spiel, was die beiden da trieben, und, endlich, war Christine untenrum nackt. Ihr Hintern war ein Gedicht. Rund, Prall. Appetitlich. Er passte perfekt in Walters Beuteschema. Christine schüttelte ihre schwarzen Locken und lockte mit leisem Stöhnen, als Walter sich daran machte, ihr die Rosenlotion einzumassieren. Er ging geschickt vor und hatte die sensiblen Finger eines Pianisten. Sorgfältig tastete er sich zum Anus der Serviererin vor und liess seine Mittelfinger an der sensiblen Stelle ruhen, so, als wollte er Christines Einwilligung abwarten. Sie hatte ein traumhaft schönes Poloch, rosa, mit feinen Fältelungen. “Mach weiter”, flüsterte Christine. “Mach mit mir, was Du willst.” Das liess sich der Analfetischist nicht zwei Mal sagen und drang mit dem Daumen der rechten Hand in Christines Intimsphäre ein. Wie eng sie da war... Christines abwesender Blick galt den Spiegeln. Aux miroirs. Was sie sah, gefiel ihr. “Gefällt Dir, was Du siehst?”, fragte sie Walter. “Mhm”, brummte dieser und schob den Daumen vor und zurück, vor und zurück.

Der Spiegel entblösst. Le miroir enthüllt.
Der Spiegel entzaubert. Le miroir verzaubert.

Christines schwarzes Haar, das über ihre Schultern wallte, wirkte göttlich, ebenso der Verlauf ihrer Wirbelsäule unter dem weissen T-Shirt. Christines nackte Arme. Christines Hüften. Christines kleiner Busen im Seitenprofil. Walter aber interessierte sich nur für ihren Anus.

“Was machst Du da?”, stöhnte Christine und zog ihre Beckenbodenmuskulatur zusammen. Walter war strunzgeil und widmete sich ganz seinem Fingerfick. “Hast ein heisses Poloch, Süsse”, war so ziemlich das Literarischste das er hervorbrachte. Vergessen waren abgestürzte Börsenkurse, marode Schweizer Banken und das aufgelöste Bankgeheimnis. Walter wollte nur noch Anus. Er kniete sich hin, schob Christines Beine auseinander und bezüngelte ihr Poloch. Der herbe Geschmack marokkanischer Rosen störte ihn keineswegs. Er erinnerte sich an Mina, seine haarlose Puppe, an Eleonora, die Treppenhaus-Eleonora, an Regina. Und er erinnerte sich an die Calamares, die er damals genussvoll mit seiner Zunge aufgespiesst hatte. Er drang in die Tiefen von Christines Seele ein, und sie quittierte seine Zärtlichkeit mit intensivem Keuchen. Ihr Becken bewegte sich rhytmisch, und so es denn einen analen Orgasmus überhaupt gibt, steuerte Christine ihn an.

Walter und die Serviererin hatten noch viel Spass miteinander. Zwei Wochen später teilte er sie mit Geschäftsfreunden – ebenfalls in seinem Spiegelzimmer. “Regarde, comme elle se présente dans les miroirs”, sagte Luc, einer der Freunde aus einer Pariser Banlieue.

Der Spiegel entblösst. Le miroir enthüllt.

Der Spiegel entzaubert. Le miroir verzaubert.

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