Den fand sie damals schnell und nach vielen Irrungen und Wirrungen auch dauerhaft fürs Leben.
Mit K. jedenfalls wollte sie nicht tanzen.
Nicht sie, nicht mit ihm.
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Dieser zarte, sanfte Kuss jagte die Hitze pulsierend in Gesicht und Gehirn und kalte Schauer über den Rücken. In jungen Jahren hatte er bedeutet, uns gehört die Ewigkeit. Es war eben dieser zarte, sanfte Kuss, der nun mit all den Erfahrungen der Liebe in den vielen Jahren ihrer beider Leben hieß, wir haben nur das Jetzt.
Das wollten sie auskosten, heute, hier, mit jeder Faser ihrer Leiber und mit ganzer Seele.
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Lena war eine der Frauen, die ihm von vorneherein auf Augenhöhe begegneten. Nun war es gar nicht so schwer, diese Frauen zu finden. Ein Typ wie er weckte Neugier, wenn er in seiner zurückhaltenden Art unmissverständlich Interesse bekundete, ohne allzu siegesgewiss aufzutreten. Die Quelle von derlei Mut ohne Anmaßung zu ergründen machten sie sich mit fast vorhersagbarer Regelmäßigkeit zur Aufgabe. Er hatte also eine raffinierte Falle entwickelt für umworbene, erfolgsverwöhnte Frauen, die sich gerade nicht so leicht erobern ließen.
Deren dabei üblicher Verzicht auf das Bemühen um ihn schmerzte zwar, aber er konnte es hinnehmen, wenn im erhofften weiteren Verlauf seine Hingabe an die Lust dieser Dame willkommen war. Denn dafür musste sie sich fallen lassen, alles an sich selbst lieben, weil ihn nach allem an und in ihr verlangte.
Die Hitze brodelte in ihm und nichts hoffte er mehr, als dass Lena bereit wäre, Grenzen auszuloten und zu überschreiten. So klar war das nicht, auch wenn sie unkompliziert die Initiative für die erotische Zusammenkunft ergriffen hatte. Der One-Night-Stand folgt: oft starreren Regeln als der im Tanzkurs einst gelehrte Benimm, sei es in der hartnäckigen Annahme der Beteiligten, zügellose Leidenschaft vorgaukeln zu müssen, wie auch in der verständlichen Zurückhaltung gegenüber echtem Tabubruch mit einem im Intimen doch unvertrauten Menschen.
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Die diskreten Formalitäten am Empfang verfolgte sie mit distanziertem Interesse, verunsichert angesichts der Örtlichkeit einer noblen Begegnungsstätte der besonderen Art schien sie jedenfalls nicht.
K. segnete die Buchung ab im Wissen, für diese Nacht einen halben Monat arbeiten zu müssen. Es entlockte ihm nicht einmal ein Achselzucken. Was zählte, war allein der Moment, in ihm wohnte der Hauch der Ewigkeit.
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Er öffnete die Tür zu der Suite mit der Magnetkarte und Lena bekam nun doch große Augen angesichts der Ausmaße und Ausstattung. Sie trat ein und sah sich um.
Eine Sitzgruppe aus drei Dreisitzer-Sofas in schwarzem Leder und ein freistehendes, schneeweißes Doppelbett teilten sich den Raum, der mit großen anthrazitfarbenen Feinsteinzeugfliesen an den Wänden und auf dem Boden in düsterer Eleganz ausgestaltet war. An der in hellem Cremeweiß gefliesten Wand gegenüber dem Eingangsbereich fand sich ein vollkommen freier Nassbereich mit Regendusche, Toilette, Bidet und Waschbecken, nur symbolisch abgetrennt durch zwei freistehende, großflächige Glasscheiben. Ein raffiniertes System aus direkter und indirekter Beleuchtung brachte Helligkeit in den dunklen Raum, hob die Inseln in der Weite hervor, die Sitzgruppe angenehm diffus, das Bett und den Wellnessbereich in gleißendem Licht.
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