Liebesknospen - Knospenliebe

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Liebesknospen - Knospenliebe

Liebesknospen - Knospenliebe

Anita Isiris

Das Restaurant „Gamma“ lag etwas abseits von der Verkehrsachse. Dies hatte den Vorteil, dass die Romantik im grossen Speiseraum nicht von grellem Strassenlampenlicht zerstört wurde. Die Wände waren in einem eierschalenfarbenen Ton gehalten, die Decke leuchtete in dezentem Terra-Cotta-Ton. Liebevoll waren die Tische gedeckt, mit edlen Kristallgläsern, eher rustikalem Geschirr und feinem, schönem Besteck.

Das „Gamma“ konnte man mieten, was Ursula, Ella und Rahel jedes Jahr im Dezember taten. Sie luden jeweils ihre Freundinnen und Freunde ein, und es gab einen kleinen vorweihnachtlichen Festschmaus. Keine der drei Frauen arbeitete in der Gastronomie – aber es machte ihnen Spass, ihre Nächsten mal so richtig zu verwöhnen.

Die Tischordnung war willkürlich, obwohl, wer sich kannte, setzte sich auch gemeinsam hin. Eine Ausnahme war Tisch Nr. 9, an dem Rebekka, Christine, Lina und Mauro sassen. Die drei Frauen kannten sich schon lange, Rebekka und Christine waren ein Paar. Mauro war mit Ella, einer der Gastgeberinnen befreundet – seine Frau hütete zuhause die beiden halbwüchsigen Töchter.

Während des Apéritifs kam er sich vor wie ein Fremdling – die Frauen hingegen hatten Gesprächsstoff in Hülle und Fülle. Allmählich wandten sie sich auch Mauro zu, der nicht nur interessant aussah mit seiner markanten Nase und dem korrekten Sean-Connery-Haarschnitt, sondern ein herzerweichendes Lächeln im Gesicht hatte. Mauro wirkte sehr gewinnend, und man sah ihm an, dass er es genoss, dass endlich auch er in die Gesprächsrunde eintreten durfte.

Dann kam die Orangen-Kürbis-Suppe. Ein riskantes Rezept, sehr wohl, denn, nahmen die Zitrusfrüchte Überhand, schmeckte die Suppe sehr bitter. Waren die Zutaten ausgewogen, kam ein runder, harmonischer, glücklich machender Geschmack auf, der mit einem Schuss Crème fraîche noch verfeinert werden konnte.

Mauro gegenüber sass Lina. Sie war etwas üppig, hatte sympathische Wangengrübchen und einen gewagten Ausschnitt. Man unterhielt sich über Berufliches, über den nächsten oder den vergangenen Urlaub und sehnte sich nach etwas Wärme. Wärme, die von den Wänden abstrahlte, Wärme, die von Menschenseelen ausgehen konnte, Wärme, die einem die ferne Frühlingssonne schenken würde.

Dann kam der Wein. Den Gästen wurde nicht gesagt, ob Rioja, Dôle oder Pinot Noir zur Auswahl stand. Lediglich die Attribute „schwer“ oder „leicht“ durfte man verteilen – und kam so, je nach Stimmung, an einen leckeren Tropfen. Rebekka und Lina bestellten „schwer“, Mauro und Christine „leicht“. Schon nur diese Kleinigkeit, der Unterschied in der Vorstellung, was Wein in einem auslösen konnte, sorgte wieder für Heiterkeit. Lina musste mal und stand auf. „Bevor das Essen kommt“, konstatierte sie. Jetzt hatte Mauro sie vor sich, in ihrer ganzen Fülle, im crèmefarbenen Kleid, und ihre breiten Hüften, gleich auf seiner Augenhöhe, machten ihn ungemein an. Er konnte nicht anders als ihr nachzuschauen, was Rebekka, die neben Mauro sass, nicht entging. „Schön, nicht?“, sagte sie spontan, und Mauro errötete. „Männer, die noch erröten, sind immer seltener“, liess sich Christine vernehmen – was die Situation für Mauro keineswegs verbesserte. Er war froh, dass endlich der Risotto und die Salt’ in Bocca Fleischplätzchen mit dem Salbeiblatt aufgetragen wurden.

Das Essen war köstlich, und der Wein, ob schwer, ob leicht, tat das Seinige. Die Blicke und Gespräche wurden wärmer, tiefer. Lina hatte diese erregende Art, die vielen grosszügig gebauten Frauen eigen ist: Sie ass mit der Rechten und hielt mit der linken Hand ihre Brust, so, als müsste sie sie vor etwas verstecken oder beschützen. Dadurch wirkte Linas Busen aber noch üppiger, was ihr wohl kaum bewusst war.

Mauro hatte eine Erektion. Das Grübchen, oder, besser gesagt, das kleine Tal, das die beiden Lustdrüsen trennte, tat es ihm an. Er musste sich mit jedem Schluck Wein besser beherrschen, damit er Lina beim Diskutieren direkt in die Augen blickte – und nicht etwa auf ihren Vorbau.

Christine und Rebekka, die beiden Partnerinnen, zwitscherten unbeschwert drauflos, erzählten weiterhin Ferienabenteuer, freimütig, freizügig und fröhlich. Zwischendurch kam sich Mauro vor, als sässe er gar nicht an diesem Tisch oder wenn, dann unsichtbar. Allmählich bekam er heraus, dass auch Lina lesbisch war. Zurzeit war sie offenbar Single, aber gar nicht so unglücklich damit. Sie arbeitete in einem medizinischen Sekretariat und war mit vielen Menschen konfrontiert, und sie mochte die Einsamkeit mondbeleuchteter Strassen. Eine Romantikerin also.

Das Gespräch mutierte von den Urlaubsstories zu den Partnerbeziehung, von diesen zu gesellschaftlichen Problemen, zum Thema der Vereinzelung, und von da weiter zur Klamottenfrage, und, sehr eng damit verknüpft, zur Figurthematik. Schliesslich redeten die drei Frauen, unter Ausschluss von Mauro, über Körperpflege. Es wurden Enthaarungsmethoden debattiert, und Mauro errötete erneut, als er erfuhr, dass praktisch jede Frau heutzutage im Intimbereich rasiert ist. Vermutet hatte er das ja auch – die vielen Fotos im Internet sprachen Bände. Hier aber redeten drei Frauen, die sich in der Damensauna aufhielten, im Hammam, im Türkenbad, gemeinsam duschten, sich in der Gymnastikgruppe sahen.

Im Verlauf des Gesprächs bekam Mauro sogar mit, dass Christine totalrasiert war, Rebekka mit einem „landing Strip“ geschmückt war und Lina sich höchstens, wenn überhaupt, mit ihrer „Bikinizone“ beschäftigte. „Stellt Euch vor“, flüsterte Rebekka maliziös, „in diesem Raum hier gibt’s etwa 25 Frauen, und 24 von ihnen sind untenrum rasiert. Das Gespräch kam von der Rasur auf den Intimschmuck. „Wo genau befindet sich denn der kleine Ring?“, fragte Lina interessiert. „Oberhalb der Clitoris“, antwortete Rebekka sachlich.

Mauro hätte nicht mehr aufstehen können, auf keinen Fall. Der Hauptgang war abgeschlossen, die Nachspeise bestand wahlweise aus Früchten, Käse, Zabaione oder Tirami sù, wofür sich die gesamte Tischrunde entschied.

Nach dem vierten Glas Wein sah Mauro vor seinem geistigen Auge Christine und Rebekka beim Liebemachen zu, stellte sich vor, wie die beiden Partnerinnen sich gegenseitig zärtlich leckten. Er selber war unsichtbar, genussvoller Voyeur, und im Raum gegenüber nächtigte Lina, allein. Christine reizte Rebekkas Liebesknospen, ihre Nippel und die Cliti, während diese leise stöhnte. Immer weiter driftete Mauro ab in seinen Träumen, und der Wein entflammte seine lustvollen Gedanken. Was, wenn Lina splitternackt im Bett läge, abgedeckt, vom Mond beschienen, was, wenn er diese göttliche Körperlandschaft, berühren, streicheln dürfte? Lina war lesbisch, klar, aber vielleicht hatte sie gegen eine liebevolle Männerhand doch nichts einzuwenden? In Gedanken kraulte er zärtlich ihr Fötzchen, massierte ihre Schenkel. Linas Busen wogte.

„Hey, Mauro, bist Du noch da?“, fragte Rebekka neckisch, und die beiden andern Tischpartnerinnen lachten. „Du wurdest jetzt bereits drei Mal gefragt, ob Du einen Espresso oder einen Cappuccino willst.“

„Espresso“, stammelte Mauro, und Linas Busen zog seine Blicke wieder magnetisch an.

Der Kaffee tat gut; mittlerweile hatte sich der Speisesaal halb geleert.

Noch in dieser Nacht würden Rebekka und Christine sich mit ihren Liebesknospen der Knospenliebe hingeben, der Liebe unter Frauen, diesem Elysium menschlicher Gefühle.

„Gehen wir?“, fragte Christine. „Gehen wir“, bestätigte Rebekka. Schon fast synchron schlüpften die beiden schönen Frauen in ihre Mäntel, während Lina Mauro verheissungsvoll zulächelte.

„Ich wohne ganz in Deiner Nähe“, sagte sie zu ihm. „Fährst Du mit?“

Draussen schneite es.

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