Plötzlich hörte sie die Durchsage: „Zurück bleiben bitte!“
Entsetzt schaute sie auf und stellte fest, dass sie hier raus musste. Sie schaffte es gerade noch durch die, schon schließende Tür. Aber im gleichen Moment, als die Tür mit einem lauten Knall zufiel, bemerkte sie ihren fehlenden Beutel mit den Ballerinas. Den hatte sie in der Hektik auf dem Sitz zurückgelassen. Impulsiv rüttelte sie an dem Griff der Automatiktür, doch die ließ sich natürlich nicht mehr öffnen. Und schon kam wieder die Durchsage, aber dieses Mal mit energischer Stimme: „Zurück bleiben bitte!“
Wütend schlug Lisa mit der flachen Hand gegen die Scheibe und wollte sich gerade abwenden, als sie den hübschen Kerl mit ihrem Beutel in der Hand sah.
Im Lärm des anfahrenden Zuges konnte sie gerade noch verstehen, wie er rief: „Nächster Bahnhof!“ Dabei zeigte er auf ihren Beutel und in die Richtung des fahrenden Zuges.
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Kai war die flotte Biene sofort aufgefallen. Oder besser gesagt dieses flottes Häschen. Denn sie hatte eine dieser selbstgenähten Masken auf, die mit vielen kleinen, hoppelnden Hasen bedruckt war. Aber nicht nur diese lustigen Hasen ließen seinen Puls nach oben schnellen, auch ihr Aussehen führte dazu, dass er seinen Blick nicht von ihr lassen konnte.
Sie hatte so einen wunderschön geformten Kopf, der von ihren kurzen, schwarzen Haaren noch unterstrichen wurde. Der Haarschnitt war so perfekt, so etwas hatte Kai noch nie gesehen. Höchsten Mal in einem Modejournal, oder auf den Werbefotos beim Friseur.
Leider verdeckte die lustige Maske ihre Nasen und Mundparty, doch ihre Augen machten diese fehlenden Gesichtsmerkmale wieder wett. Er konnte seinen Blick nicht von ihnen lösen und als er das merkte, musste er doch lächeln.
Zu seiner Überraschung lächelte sie zurück. Auch wenn ihre Häschen Maske den Mund verdeckte, lächelten ihre Augen. Ähnlich musste sie sein lächeln auch an den Augen abgelesen haben, denn seine Maske verdeckte ja auch einen Teil des Gesichts. Sie fühlte sich ertappt und schaute hinaus in die Dunkelheit des Tunnels, um im nächsten Moment seinem Blick im Spiegelbild der Fensterscheibe zu erkennen. Erschrocken stellte sie ihren kleinen Stoffbeutel neben sich auf die Sitzbank und kramte ihr Handy aus der Handtasche und fing an zu schreiben.
Der Zug hatte die nächste Station erreicht und hielt an. Plötzlich, als das Piepen das Schließen der Tür verkündete, sprang sie auf und war im nächsten Moment auf dem Bahnsteig.
Überrascht fiel sein Blick auf ihren Stoffbeutel, der einsam auf der Sitzbank lag. Sie rüttelte an der Tür und schlug mit der flachen Hand gegen die Scheibe, was aber zwecklos war.
Kai schnappte sich den Beutel und rief ihr zu, dass er am nächsten Bahnsteig auf sie warten würde. Und schon war der Zug im Tunnel und die lustigen Häschen waren verschwunden.
Zum Glück war die Taktung der Züge im Feierabendverkehr recht kurz, sodass es nur etwas mehr als zehn Minuten dauerte, bis der nächste kam. Die Zeit verbrachte er damit, sich ihren Beutel genauer anzusehen. Deutlich konnte er von außen die Konturen von Schuhen ertasten, was es damit wohl auf sich hatte, fragte er sich?
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