Lisa und Covid-19

32 20-31 Minuten 0 Kommentare
Lisa und Covid-19

Lisa und Covid-19

Sven Solge

Auch wenn sein Hauptaugenmerk ihren Kopf erfasst hatte, war ihm ihr schlanker Körper nicht entgangen. Unbewusste hatte sein Blick ihren ganzen Körper gescannt und ihn als sehr attraktiv eingestuft. Aber genau das machte es für ihn so schwer. Sie war einfach zu schön für ihn und das drückte sein Selbstwertgefühl in den Keller.

Wieder hatte er das Handy in der Hand und suchte ihre Nummer, als es plötzlich klingelte.

Vor Schreck ließ er es beinahe fallen. Er schaute auf das Display und traute seinen Augen nicht. Es war Lisa!

Er wartete auf das nächste Rufzeichen, doch es kam nicht!

Erging es ihr genauso wie ihm?

Wollte sie ihn anrufen und traute sich dann doch nicht?

Kai spürte auf einmal ein unglaubliches Glücksgefühl. Wie unter Zwang betätigte er den grünen Hörer und hielt sich das Handy ans Ohr.

Es knackte im Lautsprecher und dann vernahm er ihre Stimme: „Kai?“

„Ja! Hattest du eben versucht mich anzurufen?“ Er kam sich blöd vor bei dieser dämlichen Frage, deshalb sprach er sofort weiter, ohne eine Antwort von ihr abzuwarten.

„Ich kämpfe schon den ganzen Abend mit mir, dich anzurufen und traue mich nicht!“

Er hörte einen leisen Seufzer, bevor sie sprach: „Und warum hast du mit dir gekämpft, mich anzurufen?“

„Weil…?“ Kai machte eine Pause. Wie sollte er ihr sagen, dass sie für ihn so unerreichbar schien, wie die Spitze des Mount Everest.

„Weil?“, fragte Lisa nach.

„Weil mich jedes Mal der Mut verlässt, bevor ich in der Lage bin den grünen Hörer zu drücken. Weil du so eine schöne Frau bist, die auch gerade auf den Anruf so eines armen Würstchens wartest. Ich war schon vom ersten Moment, als du in die Bahn eingestiegen bist von dir fasziniert. Ich konnte den Blick nicht von dir lassen. Und als dann deine Augen lächelten, habe ich etwas gespürt, was mich total verwirrt hat.“ Kai versagte die Stimme nach dieser Beichte.

Es dauerte eine Weile bevor Lisa antwortete und Kai hatte schon Angst zu weit gegangen zu sein.

„Du machst mich sprachlos!“, sagte Lisa leise. „Es ist manches Mal ein Fluch, etwas besser auszusehen als andere Frauen. Wobei ich mich nicht so sehe, wie du mich beschreibst. Du hast doch nur einen Teil von mir gesehen und das auch noch zeitweise von dieser blöden Maske verdeckt. Was glaubst du, was ich oft von einigen Männern zu hören bekomme? Die meinen, wenn sie mit ihrem dicken Auto protzen, müssten mir automatisch die Kleider vom Leib fallen und ich ihnen bereitwillig zu Diensten sein.“

Kai hörte wie sie verächtlich die Luft ausstieß.

Doch dann sprach sie weiter: „Ich bin sicher, wenn ich nicht so dusselig gewesen wäre und meinen Beutel vergessen hätte, hätten wir uns wohl nie wieder gesehen. Und ich habe das Gefühl, dass das sehr schade gewesen wäre. Du bist so unaufdringlich lieb gewesen auf dem Bahnhof und deine schnelle Reaktion mir den Beutel nachzubringen, hat mich sehr berührt. Außerdem bist du ein toller Mann. Bist groß, sportlich und brauchst dich hinter keinem verstecken!“

Kai fühlte sich peinlich berührt, über so viel Lob. Leise sagte er den Titel von Westlife vor sich hin: You Raise me up

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 7975

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben