Lisa und der Geschwänzte

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Lisa und der Geschwänzte

Lisa und der Geschwänzte

Anita Isiris

Lisa stand vor dem Spiegel und schminkte sich die Tränen weg. Sie hätte die Tränen natürlich auch abtupfen können, mit Kleenex, aber geschminkt fühlte sie sich besser – obwohl sie nicht mehr im Sinn hatte, an jenem Abend auszugehen. Sie machte sich für sich selber schön, die Lisa, denn ausser sich selber hatte sie im Moment auch niemanden.

Sex hatte nie im Mittelpunkt von Lisas Leben gestanden. Das lag wohl auch daran, dass sie an die falschen Männer geraten war – oder, anders gesagt, an Typen, die es einfach nicht geschafft hatten, sie abzuholen. Klaus war der Erste gewesen. Ganze achtzehn Lenze hatte Lisa damals gezählt, aber das Reizvollste an Lisa war wohl, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie auf Männer wirkte. Kein raffinierter Schalk blitzte aus ihren Augen, kein kecker Ausschnitt lenkte den Blick auf ihre sekundären Geschlechtsmerkmale – Lisa kleidete sich völlig neutral, in nicht allzu engen Jeans, und Schlabber-T-Shirts verhüllten ihren drallen Busen mit den frechen, spitzen Nippeln. Klaus war ein Studienkollege von Lisa gewesen, und sie beide hatten eine gemeinsame Leidenschaft: Rainer Maria Rilke. Klaus stand auf Lyrik, oder gab es zumindest vor, weil er wusste, dass er Frauen so rumkriegen konnte – gerade die Ahnungslosen, Scheuen wie Lisa. In seiner Bude war es dann passiert. Sie hatten beide ein paar Bier getrunken, und Lisa wollte eigentlich schon längst nach Hause. Irgend etwas hielt sie aber zurück. Klaus hatte sich ihr dann genähert, noch in der Küche, und er hatte die Hände unter ihren Pulli geschoben. Nicht, dass Lisa das als unangenehm empfunden hätte, oh nein. Ungewohnt war es aber schon, einen schwer atmenden jungen Mann hinter sich zu wissen, mit frech spielenden Fingern. „Nippelspielchen“, hatte er das genannt, und an ihrem Ohrläppchen geknabbert. Lisa, das scheue Reh, hatte ihn gewähren lassen. Dann war sie ihm mit weichen Knien in seine Schlafkammer gefolgt. Im Nu hatte er ihre Jeans aufgeknöpft und die eigenen ausgezogen. Die Wölbung in seiner schwarzen Schiesser-Unterhose war nicht zu übersehen. Lisa sah sich um. Der Raum war spartanisch eingerichtet – lediglich ein paar Filmplakate zierten die Wände. „Prinz in Hölleland“ war eines davon; „When Harry met Sally“ ein anderes. Zu weiteren Beobachtungen war Lisa nicht gekommen, weil Klaus sie an sich zog. Er befühlte ihren Rücken, ihr Kreuz, ihren Jeanshintern. „Ich glaube, Du bist so weit“, unterstellte er ihr und zog ihre Hose über die Pobacken. Mit kundigen Fingern machte er sich an Lisas Slip zu schaffen, kniete sich vor ihr auf den Riemenboden und vergrub den Kopf zwischen ihren Beinen. Wenig später weidete er sich an Lisas Fötzchen, und Klaus ahnte, dass er der Erste war.

Dann war Lisa in die Realität zurückgeholt worden. Klaus war analfixiert. Schon die akribische Ordnung in seiner Wohnung hätte sie darauf bringen müssen, dass ihr Mitstudent ein Kontrollfreak war. Nun lernte sie seine sexuelle Vorliebe kennen. Lüstern hatte Klaus ihren Anus befingert, sie aufs Bett geworfen und sich auf sie gelegt. „Dreh Dich auf den Bauch“, hatte er verlangt. Wie unter Hypnose hatte Lisa Klaus ihren Po dargeboten. Er hatte ihre Vollmondbacken auseinandergezogen, Luft geholt und gezielt auf ihren Anus gespuckt. „So flutscht es besser“, hatte er heiser kommentiert und war mit einem Ruck in sie eingedrungen. Den stechenden Schmerz würde Lisa nie mehr vergessen. Sie hatte sich ihm energisch entzogen, unter Tränen ihre Kleider zusammengesucht und war in die Nacht hinausgerannt, ohne sich noch einmal umzublicken.

Lisas andere beiden Liebhaber sind nicht der Rede wert; Jungs halt, die nur sich selber im Sinn hatten und die sich nicht dafür interessierten, wie man Unterleib und Seele einer Frau wirklich wärmt.

Und doch sehnte sich Lisa nach jemandem, gerade auch an jenem Abend, an dem sie sich vor dem Badezimmerspiegel die Tränen wegschminkte. Sie war mittlerweile 25 Jahre alt und das Selbstmitleid kroch in ihr hoch wie ein feiner Herbstnebel. Sie griff nach Kajal und Lidschatten, strich ihre Rehaugen hervor und trug Lipgloss auf. Dann liess sie die Schultern hängen und ging seufzend zum Kühlschrank, entnahm ihm zwei Pasteten, ein Süssbier und ein paar Radieschen. Dann setzte sie sich ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher an und zappte sich durch Comedies und Quiz-Sendungen.

Sie sah oft bis um ein Uhr Morgens fern, an den Wochenenden, und projizierte sich in die Sendungen hinein. SIE war die Millionengewinnerin, SIE war die Geküsste, SIE war das Skirenntalent, SIE war Deutschlands Supertalent. Ohne dass sie es merkte, saugten RTL, RTL II und Pro 7 Lisa die Seele aus dem Leib, längst war sie keine eigenständige Persönlichkeit mehr, sondern fast nur noch Projektion. Dazu passte auch, dass sie sich für einsame Fernsehabende schminkte.

Dann klingelte es. Lisa fuhr zusammen. Es klingelte nochmals, fordernd, eindringlich. Lisa sah an sich herunter, glättete ihr Nachthemd, klaubte ein Strickjäckchen hinter der Couch hervor und ging zur Tür. Sie blickte in ein ernstes Männergesicht. Statt die Tür zuzuschlagen, trat sie einen Schritt zurück, liess ihn eintreten. „Natas“, sagte er. „Ich bin Natas.“ Der nächtliche Besucher war gross gewachsen, sehr gut angezogen, trug unter der Tweed-Jacke einen Pulli aus Merino-Wolle und eine farblich abgestimmte Cordhose. „Störe ich?“ Die Frage war natürlich rhetorisch, um diese Zeit, aber Lisa schüttelte den Kopf. „Was... wollen Sie von mir?“, stotterte sie. „Fernsehen.“ Ich möchte ganz einfach fernsehen mit Dir.“ Lisa glaubte zu träumen. Hatte er sich durchs Wohnzimmerfenster beobachtet? Sie wusste nur, dass ihr Telefon griffbereit war; ausserdem würden Geräusche von den Nachbarn sofort wahrgenommen werden, was Lisa etwas Sicherheit gab. Natas zog die Jacke aus, faltete sie ordentlich und legte sie über einen Stuhl. Lisa verfügte in der kleinen Wohnung über keine Garderobe.

Lisa war hin- und hergerissen zwischen Angst, Ärger über sich selber – warum bloss hatte sie ihn eingelassen? - und Neugier. Abgesehen von der etwas spitzen Nase wirkte der Mann überhaupt nicht bedrohlich, besass sogar Manieren und wendete sich diskret ab, als Lisa ihr Nachthemd raffte, um sich bequemer hinsetzen zu können. „Gemeinsam fernseht sichs doch besser“, sagte der Fremde und lenkte seinen Blick auf die letzte Pastete auf dem Teller. „Möchtest Du?“, fragte Lisa und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, in die Küche. Wollte ihr Natas wirklich nur Gesellschaft leisten? Gab es so etwas denn überhaupt? Eine Stunde lang ereignete sich nichts, ausser dass beide an ihrem Süssbier sippten und Natas gelegentlich eine spitze Bemerkung über Jack Nicholson fallen liess. Dann rückte er etwas näher zu ihr. „Schalt doch mal auf Kanal 13“, bat er sie, nahm aber den Commander selber in die Hand. Lisa wusste, dass ihr Anschluss bloss über 12 Kanäle verfügte. Eine Frau und zwei Männer auf Kanal 13 prosteten sich zu. Die Frau war offensichtlich betrunken. Einer der beiden Männer entblösste seinen Schwanz, packte die Frau an den Schultern und zog ihren Kopf zu seinen Lenden. „Suck“, sagte er. „Suck.“ Angewidert wandte Lisa sich ab. Dann überkam sie Neugier, und sie musste wieder hinsehen. Die Auf- und Ab-Bewegungen der Frau machten sie nervös. Der zweite Mann nestelte an ihrem Slip. Die Kamera zoomte die Schamlippen der Frau heran. Sie waren klitschnass. „Schön, nicht?“, flüsterte Natas und tat einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.

Die beiden Männer nahmen die Frau „en brochette“ - das heisst, der eine bumste sie von hinten, der andere schob ihr seinen Schwanz so tief in den Mund, dass sie ab und zu würgen musste. Die Szene wurde in Zeitlupe wiederholt. Lisa hatte noch nie einen Pornofilm gesehen – schon gar nicht mit einem Fremden auf der Couch. „Deine Hand ist ja ganz feucht“, sagte Natas und streichelte Lisas Linke. Sie entzog sich ihm nicht; im Gegenteil. Als wäre Natas magnetisch, rückte sie ein ganz klein wenig zu ihm hin. Natas tastete sich Lisas Arm entlang bis zur Schulter und drückte ein wenig am Deltoideus herum. Er tat das sehr sanft, sinnlich – bis Lisa sich in ihrem Innersten eine Ganzkörpermassage wünschte. „Wünschst Du eine Massage?“, sagte der Fremde, und zog Lisa das Nachthemd über die Schultern. „Ich weiss nicht...“, flüsterte diese. Auf dem Bildschirm ging es immer deftiger zu und her. Der eine Mann bohrte jetzt einen Finger in den Anus der Frau. Sie stöhnte laut; der Mann, an dessen Schwanz sie lutschte, riss sie an den Haaren.

Im Nu war Lisa nackt. Natas legte Lisa seine Hände auf die Schultern. „So ist's recht, Süsse“, sagte er und knabberte an Lisas Ohrläppchen. Dann massierte er zärtlich ihre Brüste. Lisas Nippel waren spitz wie Bleistifte.

Dann schritt Natas zur Tat. Er schaltete den Fernseher aus. Wand sich aus seiner Hose. Zog Lisa zu sich, so, dass sie auf seine Knie zu sitzen kam. „Gut so, Kleine?“, sagte er. „Du bist jetzt nicht mehr allein.“ Zärtlich massierte er mit seinem Schwanz ihre Ritze, bewegte sich leicht aus der Hüfte heraus. Natas drang in Lisa ein. Ihre Schatten an der Wand vermengten sich. Derjenige von Lisa war schwarz, der von Natas hellgrün. Es regnete; man sah die Sterne nicht, und in diesem Moment erhellte ein Blitz Lisas Wohnzimmer. Die Bewegungen von Natas wurden schneller. Sein Schwanz bahnte sich den Weg in Lisas enge, unerprobte Scheide. Dann wurde der Mann zum glühenden Berserker. Mit der Heftigkeit eines Orkans eroberte er Lisas Geschlecht, bis deren Wangen glühten und ihre dunklen Locken in die verschwitzte Stirn hingen. Dann hob Natas Lisa hoch, als wäre sie eine Feder, und warf sie auf die Couch, so, dass sie in Kauerstellung zu liegen kam. Er kniete sich hinter sie und bumste sie genussvoll; einen Stoss spendierte er ihrer Muschi, zog sich zurück, stiess wieder zu, aber diesmal in den Anus. Natas beschleunigte sein Wechselspiel, so intensiv, dass Lisa nicht mehr wusste, ob da ein Schwanz war, oder deren zwei. Sie schrie wie am Spiess – und sie war ja auch am Spiess. Mit geilen Grunzlauten spiesste Natas Lisa auf, und vögelte ihr die Seele aus dem Leib, bis das durchsichtige, kobaltblaue Fluidum über ihrem Körper schwebte. Diskret griff Natas nach Lisas Seele. Er zog sich aus ihrer Scheide zurück, ordnete sein Haar, schlüpfte behände in seine Kleidung, schaute Lisa tief in die Augen und verabschiedete sich.

Am nächsten Morgen schaute Lisa in den Spiegel und kannte sich nicht mehr. Was ihr entgegenblickte, war das Antlitz einer alten Frau, mit leeren Augen, Augen, deren Tränen man nicht mehr wegschminken konnte. Lisas Hände zitterten, ihre Lippen waren welk; Lisas Brustwarzen befanden sich auf Höhe der Hüftknochen.

Zufrieden stand Natas im Innenhof von Lisas Wohnung. Er war in eine Regenpelerine gehüllt. Auf deren Rückseite prangten die bunten Logos von drei grossen deutschen TV-Sendern. Natas jonglierte mit den Seelen mehrerer Frauen. Es war ein buntes Spiel. Grundfarben waren dabei, Komplementärfarben, faszinierende Übergänge, mesmerisierendes Kobaltblau. Diese schöne Seele hatte einmal Lisa gehört.

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