Loberstedts Frauen

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Loberstedts Frauen

Loberstedts Frauen

Richard Hebstreit

Loberstedt hatte was Tolles zu Hause. Das Tolle zu Hause bei Loberstedt war seine Frau. Frau Loberstedt. "Mein Gott, war die schön, meine Fresse, sah die scharf aus", dachte ich, als ich 14 Jahre alt war und einen Rasierapparat nur von der Ansicht des väterlichen Gerätes her kannte. Mein Freund Haase hatte mir gerade beigebracht, was man mit seinem Ding in der Hose anfangen konnte, um bisher ungeahnte Gefühle zu erzeugen. Irgendwelche Wichsvorlagen, wie Bilder nackter Frauen oder Aktfotografien gab es kaum in der finstersten DDR-Zeit, und so dachte ich bei derartigen Verrichtungen an Frau Loberstedt und stellte mir vor, was ich mit Frau Loberstedt mache, wenn ich mal groß bin.
"So eine Frau wie Frau Loberstedt möchte ich auch mal haben", sinnierte ich, wenn ich mich mit mir beschäftigte und besonders dachte ich daran, wenn mir Frau Loberstedt über den Weg lief. Da Frau Loberstedt zwei Querstraßen weiter in der kleinen Stadt wohnte, sah ich sie oft. Wenn ich von der Schule kam oder in der Gegend herum streunte. Oft stand ich im Konsum hinter ihr und bewunderte ihren knackigen Po.
Grauslich nur, daß ich so um die 15 Zentimeter kleiner war als Frau Loberstedt, so kam zu dem meiner Ansicht nach beträchtlichen Altersunterschied noch der nicht unbeträchtliche Größenunterschied: also ziemlich trübe Aussichten für mich.
Frau Loberstedt, Ende Zwanzig und einen halben Kopf größer als ihr Mann, der wie eine kleine graue Feldmaus neben ihr wirkte, hatte ein hübsches Gesicht wie eine unerreichbare Schönheit aus der Illustrierten, einen sanften ruhigen aufrechten Gang und trug ihre beeindruckenden Brüste in massiven Büstenhaltern der damaligen Zeit. Mit ihren kirschroten Lippen, engen Pullis und dunklen großen Augen war ihre Erscheinung in einer Sechzehntausend-Seelen-Stadt einfach nicht zu übersehen, somit bemerkbar für alle, die so etwas dankbar oder neidisch bemerken mußten.
Loberstedt war stolz auf seinen Fang und brauchte eine imaginäre Fliegenklatsche, um die nichtimaginären Schmeißfliegen in Form ernsthafterer Verehrer seiner Frau abzuwehren.

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