Der Lustbeamer - Teil I

Im Café

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Der Lustbeamer - Teil I

Der Lustbeamer - Teil I

Yupag Chinasky

Er war einige Male hier gewesen und hatte sich umgesehen und die Kundschaft und das Personal beobachtet. Es gab nichts, was gegen diesen Ort sprach. Und auch die Frau, die gleich eine so wichtige Rolle spielen würde, kannte er bereits von diesen Besuchen. Eine attraktive Erscheinung, nicht zu jung, nicht zu alt, er schätzte sie auf Mitte dreißig ein Alter, in dem man wissen sollte, was Männer wollen und was geschieht, wenn man sich mit ihnen einlässt. Auch ein Alter, in dem man noch gerne erotische Erfahrungen macht, in dem man noch Illusionen und Hoffnungen hat und vielleicht sogar noch den Mann fürs Leben sucht. Er wusste ungefähr, wann diese Frau kam und hatte schon einmal beobachtet, dass sie mit einem Mann über die Straße und geradewegs zum Hotel Aphrodite ging. Heute saß sein Opfer bereits allein an einem Tisch, als er das Lokal betreten hatte. Nein, nicht Opfer, wie hörte sich das an, es ist eine Versuchsperson, die auserkoren ist, in einem bahnbrechenden Versuch die entscheidende Rolle zu spielen. Weil sie schon da war, konnte er in Ruhe einen geeigneten Platz in der richtigen Entfernung und mit direktem Sichtkontakt wählen. Nachdem eine ganz wichtige Voraussetzung erfüllt war, bestellte er Bier und Cognac, seine Lieblingsgetränke, und holte sich eine Zeitschrift von der Garderobe. Über deren Rand hinweg, musterte er verstohlen die einsame Frau. Sie sah recht attraktiv aus, fand er, wenn auch schon ein wenig verlebt und mit einem leicht resignierten Zug um ihren Mund. Sie hatte aber dennoch ein offenes, freundliches Gesicht, schulterlange, blonde Haare, schlanke Hände mit Ringen und ziemlich auffällig manikürten Nägeln. Er durfte keinen Fehler machen, es musste alles funktionieren, dazu gehörte auch, dass die Versuchsperson wirklich geeignet war. Er konnte beruhigt sein, ihre Aufmachung, ihr Make-up, die Frisur, die Kleidung, nicht zuletzt ihre Haltung und ihr Gesichtsausdruck signalisierten, dass sie einer Annäherung vermutlich nicht abgeneigt sein würde. Vielleicht war sie sogar eine frei schaffende Professionelle, die auf Kundenfang aus war? Aber das spielte nun keine Rolle mehr, wichtig war, dass sie bereit war, sich mit einem Mann einzulassen und dabei nicht allzu wählerisch war. Denn im Gegensatz zu ihrer attraktiven Erscheinung, war er alles andere, als ein gut aussehender Mann, der auf Frauen wirkte, obwohl er sich heute extra Mühe mit seiner Kleidung gegeben hatte, denn er wollte nicht von vorneherein abschreckend wirken. Auch die Frau ist geschmackvoll angezogen, denkt er. Ein helles Kleid, das nur leicht ausgeschnitten ist und gerade dadurch ihren Busen dezent betont, weil nur Teile ihrer beiden wohlgeformten Hügelchen sichtbar sind. Und auch die schlanken Beine werden durch den Saum des Kleides, der auf der Mitte der Oberschenkel endet, ins rechte Licht gerückt. Eine Frau, mit der so mancher Mann gerne flirten und anbändeln würde, weil er instinktiv ahnt, dass er Erfolg haben könnte. Auch er würde heute Erfolg haben, das weiß er, aber die Frau weiß es noch nicht.

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