Zunächst geschieht gar nichts. Die Frau sitzt weiterhin entspannt auf ihrem Stuhl. Doch auf einmal wird sie etwas unruhig und beginnt herumzurutschen. Sie lässt ihren Blick durch den Raum schweifen, als suche sie etwas. Hastig nimmt sie einen Schluck aus dem Glas. Ihr Gesicht wird deutlich blasser, Schweißtropfen treten auf die Stirn. Sie kramt in ihrer Handtasche, schaut in einen kleinen Spiegel, rutscht noch intensiver auf ihrem Stuhl herum, schließlich steht sie auf und geht zur Toilette. Er drückt auf „go“, die Farbe wechselt wieder zu Schwarz. Neben dem grüne Balken wird eine Trefferquote von zehn Prozent angezeigt. Das ist ein guter Wert in der kurzen Zeit. Er würde noch ein oder zweimal zielen müssen, um den Effekt zu erhöhen. Die Frau kommt zurück, setzt sich hin, sie macht wieder einen entspannten Eindruck. Die Schweißtropfen sind weg, das Make-up ist aufgefrischt. Er wartet, um ihr etwas Erholung zu gönnen, aber die aufgebaute Erregung durfte sich nicht zu sehr abkühlen. Er muss unbedingt vermeiden, dass nun noch etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt. Er gibt ihr ein bisschen Zeit, um sich zu sammeln, aber dann setzt er das Experiment fort. Das rote „go“ fängt wieder an heftig zu blinken. Diesmal wird die Frau schlagartig unruhig. Hektisch wischt sie sich den neuen Schweiß von der Stirn, späht nun ganz offen umher, schaut zunehmend in seine Richtung. Er tut, als bemerke er ihren Blick nicht, fummelt weiter an dem Handy herum. Er hat Mühe den Strahl auf der richtigen Stelle zu halten, weil nun die Frau ziemlich unruhig ist. Immer wieder wechselt der grüne Balken die Farbe, er wird orange, manchmal sogar rot, die Zeichen, dass der Laser sein Ziel verfehlt. Doch immer wenn er grün ist, nimmt seine Höhe zu. Er weiß, dass er die Dosierung nicht übertreiben darf. Er muss der Versuchsperson noch eine weitere Ruhepause gönnen. Sie bestellt ein neues Glas Wein. Als der dann das Handy wieder einschaltet, muss es klappen und es funktioniert tatsächlich. Zwanzig Prozent Stimulation sind überschritten, das reicht, die kritische Phase ist erreicht, der Frau bleibt nur noch die Wahl zwischen Flucht und Angriff. Um sicher zu sein, schaltet er das „go“ noch ein paar Mal an und wieder aus. Die Frau verhält sich genau so, wie er es vorausgesehen hat. Immer, wenn die Strahlen sie treffen, zuckt sie zusammen, ihr Gesichtsausdruck wirkt angespannt, ihr Blick flackert um sich im nächsten Moment wieder etwas zu beruhigen. Wie eine Marionette, denkt er zufrieden. Mittlerweile schaute sie ihn unverwandt an. Doch noch hebt er seinen Blick nicht vom Display, noch signalisiert er kein Interesse. Er dosiert den Laser ein letztes Mal, frontal auf die Stirn, auf die Nasenwurzel, die beste Position. Die Frau leidet jetzt ganz offensichtlich und sieht ihn voller Verzweiflung an. Sein Ziel ist erreicht, vielleicht hat er auch ein wenig Mitleid. Er schaltet das Handy aus, das seine Aufgabe bestens erfüllt hat, und hebt nun seinen Blick und sieht sie ebenfalls direkt an. Sie rutscht einmal mehr auf dem Stuhl herum, wie ein Schulkind, das dringend auf die Toilette muss, aber sich nicht traute, zu fragen, ob es gehen darf. Vielleicht muss sie tatsächlich schon wieder auf Klo, obwohl sie gerade erst dort gewesen ist. Aber als sie aufsteht, kommt sie direkt auf ihn zu, setzt sich wortlos an seinen Tisch und sieht ihn mit Tränen in den Augen an. Das ist der Moment des Triumpfes, der letzte Beweis, dass sein System funktioniert, ist erbracht. Die jahrelange Arbeit war nicht vergebens und schon bald würde er dafür seinen Lohn bekommen, ganz gewiss. Mit Mühe unterdrückt er seine Euphorie, die Erleichterung, das Gefühl unendlichen Glücks, stattdessen bemüht er sich die Frau möglichst freundlich und unbefangen zu fragen, ob er ihr helfen könne.
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