Das Medaillon

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Das Medaillon

Das Medaillon

Sven Solge

Danny war sich selbst nicht so sicher, ob er den Müll anderer Leute hören wollte, aber in diesem Fall war sein Interesse an der Frau doch recht groß. Er hoffte, über den Wirt etwas über die Unbekannte zu erfahren.

Der Wirt schwieg.

Was lag ihm eigentlich an der Frau? Er kannte sie nicht, hatte sie höchstens 30 Sekunden lang gesehen und konnte noch nicht mal sagen, wie sie aussah.
Schon etwas eigenartig.
Doch etwas war ihm aufgefallen.
Dieser unglaublich süße Mund mit den schönen, weißen Zähnen.
Instinktiv hatte Danny das Gefühl, ihn sofort küssen zu wollen. Dieser Drang war so groß gewesen, dass er sich richtig von ihr losreißen musste.
Auch jetzt war dieses Gefühl noch da und er spürte wieder dieses Verlangen in ihm aufsteigen. Eigentlich hatte sie nicht diesen typischen Kussmund. Ihr Mund war schmal, aber ihre Lippen waren unglaublich fein gezeichnet. Der Mund strahlte eine Sinnlichkeit aus, die Danny noch bei keiner Frau so empfunden hatte. Bei diesen Gedanken wurde ihm ganz warm ums Herz.

Er nahm sein Bierglas und trank es in einem Zug aus. Dann deutete er mit einem Blick auf den Wirt, dass er noch eins haben wollte, sagte dann aber gleichzeitig mehr zu sich selbst:
„Wohin sie wohl gegangen ist?“

„Lisa? Die ist jetzt sicher bei ihrer Mutter und heult sich dort aus.“

Etwas verächtlich kam das über die Lippen des Wirtes.

Lisa hieß sie also.

Nun wusste er ja schon viel mehr.

„Das macht sie immer, wenn wir mal Streit haben.“, platzte er mit dem nächsten Satz raus.

„Ich habe ihr ja gleich gesagt, dass es mit uns nicht gut gehen kann.“

„Wieso nicht?“, warf Danny ein.

„Ist doch klar, wenn einer nachts arbeitet und der andere tagsüber. Wann soll man sich dann noch sehen. Wenn ich nach Hause komme, schläft sie, und wenn ich aufstehe, ist sie schon lange auf ihrer Arbeit.“

„Ja, das ist ein Problem!“, meinte Danny.

„Am Wochenende hilft sie oft hier in der Kneipe, aber heute war sie dazu nicht bereit.“

Danny nahm einen Schluck und blickte den Wirt aufmunternd an.

„Urlaub machen will sie! Als wenn das so einfach geht.
Ich kann doch den Laden nicht zu machen und ein paar Tage wegfahren.
Ach, die soll mich kreuzweise ...!“, machte eine wegwerfende Handbewegung und befasste sich wieder mit dem Putzen der Biergläser.

Danny beobachtete sein Gesicht im Spiegel hinter dem Regal mit sauberen Gläsern.
Man konnte ihm ansehen, dass er wütend war. Seine Lippen hatte er zu einem schmalen Strich zusammengepresst und die Muskeln an seinen Wangen traten stark hervor, so intensiv biss er die Zähne aufeinander.

Abrupt drehte er sich wieder um.
„Jetzt ist Schluss! Ich habe mir das lange genug anhören müssen, ich will nicht mehr.
Soll sie doch wieder bei ihrer Mutter einziehen.“ Plötzlich machte er ein ganz nachdenkliches Gesicht.

„Scheiße!“, platze es aus ihm heraus.

„Wieso, was ist Ihnen gerade eingefallen?“

„Das ist blöd, ich muss mir ja eine neue Bleibe suchen.“ Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.

„Ihr gehört ja die Wohnung. Ach egal, zieh ich eben wieder hier ein.“

Danny konnte in seinem Gesicht lesen, dass es ihm auf einmal nicht mehr so egal war.

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