Ich war zehn Jahre lang verheiratet und es ist gut für uns alle drei (unsere gemeinsame Tochter lebt - glücklich - bei "ihm" und seiner jetzigen Ehefrau) gut, dass sich unsere Wege getrennt haben. Trotzdem möchte ich die Zeit auch unter dem Blickwinkel meiner sexuellen Entwicklung und Erfahrung nicht missen. Ich möchte meinen Ex damit jetzt nicht beschimpfen, das Gegenteil ist eher der Fall, wenn ich sage, dass er ein ganz großes "Schwein" sein konnte. Er hatte eine unglaublich schweinische Phantasie, immer Lust, war absolut tabulos (stimmt so nicht: er hatte ganz klare Prinzipien, z.B. war reale sexuelle Gewalt - nicht gespielte - für ihn, wie auch für mich, absolut tabu - also beispielsweise sexuelle Gewalt gegen Kinder oder so ähnliche hirnkranke Sachen). Er hätte mir jeden sexuellen Wunsch erfüllt, (... wenn ich welche gehabt hätte ...!!!). Und er hat sich 1000 Sachen überlegt, wie er mich verführen und unser Sexualleben bereichern und abwechslungsreich gestalten kann. Heute, mit Abstand, weiß ich das zu schätzen, was mir damals oft Druck gemacht hat. Er hat sich oft beschwert, dass nie mal was von mir käme, dass er immer ziehen und die Verantwortung für unser Sexleben tragen müsse, Ich werde ihm ewig dafür dankbar sein, wofür ich ihm früher nicht dankbar sein konnte. Damals war er mir einfach sexuell viel zu weit voraus. Und wenn tatsächlich mal was von mir kam, dann war er immer schon da, ein Kick schneller. Ich hatte keine Chance bei ihm. Aber heute weiß ich, dass das keine böse Absicht war und wie gesagt, meine diesbezügliche Dankbarkeit ist grenzenlos und uneingeschränkt.
Es war ja auch sehr einfach für mich. Durch seine Art lernte ich Dinge kennen, auf die ich damals alleine nie gekommen wäre. Ohne Verantwortung brauchte ich immer nur mitzumachen und der Sex mit ihm hat mir fast immer sehr, sehr große Lust bereitet, und nachdem er seine Analversuche aufgegeben hatte, war es das sexuelle Paradies mit ihm. Er war mein erster Mann und mit ihm hatte ich auch meinen ersten "Fick" (sag ich jetzt mal, weil mir das Wort "Geschlechtsverkehr" hier fehl am Platze vorkommt.) Er hat mir gezeigt, dass auch Erwachsene noch masturbieren dürfen (bei ihm hieße das: "sollen" oder "müssen"), und dass dadurch auch der gemeinsame Sex besser wird. Er hat mir meinen ersten Vibrator gekauft und meinen ersten Gummischwanz (einen schönen schwarzen...). Ich hätte mich nie in einen Sexshop reingetraut. Er ist mit mir in Pornofilme gegangen, später ist er in die Videothek gegangen um die Filme auszuleihen, auch speziell solche von denen er mittlerweile wusste, dass sie mir gefallen. Die hat er dann mit mir gemeinsam geguckt, seine Schmuddelvideos hat er mir nicht mehr zeigen wollen, sondern alleine geguckt und sich dabei Lust auf mich oder einen runter geholt. Meine raffinierten Dessous habe ich fast alle von ihm geschenkt gekriegt, meine Schamhaare hat er mir das erste Mal rasiert und es mich dadurch mögen gelehrt... Kurzum, für meine sexuelle Entwicklung war und bleibt er DER Glücksfall meines Lebens. Dass es im sonstigen Leben auf die Dauer nicht zusammenpasste, ändert daran rein gar nichts.
Obwohl ich heute noch viele Sache so mache wie damals zusammen mit ihm, ist es heute aber etwas anderes. Heute trage ich die Verantwortung und damit auch das Risiko für das Misslingen. Aber andererseits auch das volle Erfolgserlebnis des Gelingens. Heute bin ich für meine sexuelle Befriedigung selbst verantwortlich. Und wenn ich mich mal für längere Zeit selbst unausstehlich finde, muss ich mich selbst fragen, ob es vielleicht daran liegt, dass ich in letzter Zeit wie eine Nonne im Kloster gelebt habe, und ob ich da nicht (selbst!!) etwas dagegen unternehmen könnte sollte (müsste!!!).
Ich habe die Erfahrung mit mir gemacht, dass unter Umständen Wochen vergehen können, in denen ich meine Sexualität glatt vergesse. Null Trieb, null Lust, aber auch keine Unlust, neine Sex existiert einfach nicht: Luna, das asexuelle Wesen. Meist werden diese Phasen nicht dadurch beendet, dass mir en toller Hecht (oder Hechtin) über den Weg läuft und mich aus meiner Asexualität reißt, ich fange an, wie oben erwähnt mich selbst nicht mehr so recht leiden zu können. Zuerst merke ich das noch gar nicht, aber irgendwann (wahrscheinlich dann, wenn es meinen Arbeitskollegen schon längst aufgefallen ist) schaue ich dann in den Spiegel und irgend so eine leblose Gestalt starrt mich aus hohlen ausdrucklosen Augen an. Spätestens dann ist es Zeit etwas zu tun.
Und dann kommt mein Ex (in Gedanken) und klärt mich zum 100. Mal darüber auf, dass es mit der sexuellen Kraft genauso ist, wie mit allem andren auch: Wenn ich sie nicht nutze verkümmert sie, wenn ich meine Lust nicht pflege, dann wir sie immer und immer schwächer. so wie man durch Faulheit immer fauler und träger wird, so ist es auch mit unserem sexuellen Potenzial. Es verschwindet als Kraftquelle und kommt sehr oft als krankheit wieder zum Vorschein.
Und dann tue ich etwas, wovon man denken könnte, dass die ja wohl auch nicht das richtige ist. Aber es ist das richtige, zumindest für mich: Ich zwinge mich selbst zum Sex! Ob ich Lust habe oder nicht, ich verordne mir eine Sexualtherapie. Schön und gut, wenn es gerade Wochenende ist, wenn nicht dann trotzdem. Ich fange an mir jeden Abend einen Orgasmus zu machen. Ich nehme mir dazu mein elektrische Massagegerät und halte es eben so lange dran, bis es mir kommt. Und wenn es eine halbe Stunde lang ist, ist mir das auch egal: irgendwann ist es so weit. Wenn es abends im Bett ist, habe ich mir vorher die Zähne geputzt und mich zum Bettgehen fertig gemacht, dass ich danach sofort einschlafen kann. Was ich dann auch prompt tue. Und so mache ich das am nächsten Abend wieder. Und wenn ich am übernächsten Tag meine, ich ein Tag Pause könne doch nichts schaden, im Gegenteil, da hätte ich einen Tag später doppelt so viel Power, dann bringe ich meine ganze Willenskraft auf, diesem Ansinnen nicht nachzugeben, und halte meine elektrische Freundin ("Petra" steht drauf, in einem seriösen Sanitätshaus selbst gekauft, wegen "Muskelverspannungen im Nackenbereich", wie ich der Verkäuferin erklärte) dran und setze sie erst dann wieder ab bis sie es mir wieder besorgt hat. Und siehe da, nach ein paar Tagen schaut da ein ganz anderer Mensch aus dem Spiegel. Wenn ich auf diese Weise wieder zu meiner Mitte gefunden habe, gönne ich mir auch mal einen Ruhetag, so wie beim Joggen auch. Und dann kann es sein, dass es über ein halbes Jahr lang jede Woche mich mindestens vier Mal ausgiebig mit mir beschäftige. Und wenn es dann Sommer ist, und ich frei habe, ist es durchaus schon passiert, dass ich an einem Tag schon mal dreimal ran musste, und am nächsten Mal zweimal und einen Tag später sogar viermal.
Wenn ich dann so drauf bin, kann nämlich so ungefähr das Gegenteil von dem eintreten, was mir in asexuellen Zeiten widerfährt: Während mich da nichts, aber auch nicht (sexuell) interessiert, habe ich jetzt oft bei den alltäglichsten Gegebenheiten sexuelle Hintergedanken und die unmöglichsten Dinge können mich sexuell entfachen.
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