Meine kleine Schwester

9 4-8 Minuten 0 Kommentare
Meine kleine Schwester

Meine kleine Schwester

Anita Isiris

Nein, mittlerweile ist Jana nicht mehr wirklich klein – höchstens jung, mit ihren 22 Jahren. Jünger als ich. Das macht gelegentlich fassungslos und neidisch. Aufgewachsen sind Jana und ich in einem kleinen griechischen Dorf, wo jeder über jeden so ziemlich alles weiss. Im Gegensatz zu mir ist Jana ganz Griechin: Schlanke Figur, tiefschwarzes, schulterlanges Haar und ein „klassisches“ Gesichtsprofil zeichnen sie aus und machen sie für die hiesigen Männer absolut begehrenswert. Was Laetitia Casta oder, Carla Bruni für viele Franzosen sein mag, ist meine Schwester für die Männer in unserem kleinen Heimatdorf in Zakynthos. Sie ernähren sich von dem, was die kargen Felder hergeben, leben vom Fischfang und vom Tourismus, der in den letzten Jahren hier leider wieder abgenommen hat, und sie haben vor allem eines: viel, viel Zeit. Zeit, meine Schwester und mich zu beobachten. Sie tun dies, seit wir beide auf der Welt sind, Jana und ich. Mir war es später vergönnt, nach Athen zu ziehen, wo ich unter vielen Entbehrungen mein Abitur geschafft habe – um dann in der Schweiz und in Deutschland Sozialpsychologie zu studieren. Jana ist bis heute in Zakynthos geblieben. Ihr Herz gehört dieser Insel, die ganz in der Nähe von Ithaka, Odysseus’ Geburtsort, liegt. Jana lebt in relativer Armut und kann gerade soviel lesen und schreiben, dass sie die Abrechnungen in der kleinen Dorfkneipe machen kann, wo sie auch ihren unwiderstehlichen griechischen Salat unter die Leute bringt. Lammspiesse, Salat, Retsina. Darauf fahren die Touristen ab. Sie lieben dieses griechische Essen. Das Essen und Jana. Sie wird mit Komplimenten überhäuft und mit Blicken verwöhnt, verstohlenen und unverhohlenen.

Vorerst konnte ich es nur schlecht verkraften, dass sie hie und da einem Touristen zu Willen ist, irgendwann nach Mitternacht. „Weißt du“, sagte Jana vor kurzem lächelnd zu mir, „ich mag das – ich lebe in zwei Welten. Tagsüber bin ich die arbeitsame Frau, die das tut, was die Familie erwartet. Wenn der Abend dämmert, bin ich Verführung. In der Stunde nach Mitternacht aber werde ich zur liebenden Frau, die alles gibt und alles nimmt.“ Mein Stirnrunzeln nahm sie nicht wahr und entfernte sich lachend. Ihr betörendes Parfum hing im Raum. Schon immer beneidete ich meine Schwester, wenn ich ehrlich bin. Ich bin zwar mittlerweile eine gut verdienende Akademikerin und kann mir Dinge leisten, von denen Jana nur träumt. Sie aber trägt eine flammende, nie versiegende Liebe im Herzen: die Liebe zum Leben, die ich, Anita, als Autorin in meinen Geschichten auszudrücken versuche. Jana aber lebt. Eines Abends war es dann so weit: Ich befand mich kurz vor meiner erneuten Abreise in die Schweiz – noch einmal schlenderte ich durch den Pinienwald ans Meer, fühlte den warmen Sommerwind im Gesicht... und wurde von tiefer Melancholie erfasst. Von Zakynthos nach Basel... was für unterschiedliche Welten sich da in mir miteinander verbanden! Nur einmal, einmal wollte ich teilhaben an Janas Lust, einmal wollte ich heimliche Beobachterin sein und mitfühlen, wenn ein Reisender meine geliebte Schwester verwöhnte. Ich kannte die geheimen Plätzchen, die Jana nach Mitternacht mit ihren Liebhabern aufsuchte. Es gab drei Möglichkeiten. Die eine lag direkt hinter unserer kleinen Kneipe, die zweite mitten im Wald auf einer kleinen Anhöhe und die dritte direkt am Meer. Ich suchte diese Stellen auf und stellte mir jeweils vor, wie die Männer meine geliebte Jana küssten, sie leidenschaftlich an den Haaren zogen und irgendwann mit kurzen, kräftigen Stössen in sie eindrangen. In jener Nacht verabschiedete ich mich frühzeitig unter irgendeinem Vorwand (Migräne) von meiner Familie und versteckte mich hinter dem Haus. Es war warm; ein wunderbarer griechischer Sommerabend. Ein „Nana Mouskouri-Abend“, hätte Jana jetzt gesagt. Es war kurz vor Mitternacht, und ich hörte das Klappern des Geschirrs, das in diesen Augenblicken abgeräumt wurde. Dann war es still. Die zwei Schatten entdeckte ich eine halbe Stunde später. Sie bewegten sich in Richtung Wald. Jana hatte sich also für die kleine Anhöhe entschieden. Ich huschte von Baum zu Baum; der Mond erhellte den Weg vor mir und ich musste höllisch aufpassen, dass meine Schwester und ihr Begleiter mich nicht entdeckten. Wie anmutig die beiden vor mir sich bewegten! Wie zwei Gazellen. In Zakynthos gibt es keine Gazellen, klar. Höchstens Schildkröten, die aber sind nicht wirklich anmutig. Ich musste über meine Situation lachen – und gleichzeitig war ich befremdet. Was tat ich da? Was ging mich das an, was meine Schwester hier tat? Sie war ja schon 22 Jahre alt...

Die beiden Gestalten vor mir erklommen die Anhöhe – es duftete wunderbar nach Pinien. Ich hielt einen Moment inne und suchte meinen Beobachtungsposten. Am Nachmittag hatte ich vorsondiert; zielstrebig ging ich auf ein dichtes Buschwerk zu. Der Mond erhellte die Plattform vor mir – und fast hätte ich einen überraschten Schrei ausgestossen. Die Gestalt neben meiner Schwester war eine Frau. Sie war gertenschlank und etwas grösser als Jana. Die Frau war blond und trug ein langes schwarzes Abendkleid. „Friert Dich?“ hörte ich Jana sagen. „Mmmh“, erwiderte die andere – gleichzeitig entledigte sie sich ihres Jäckchens. Die beiden begannen sich leidenschaftlich zu küssen. Es war totenstill. Ab und an hörte ich ein leises Schmatzen, so nahe war ich dran. Anita, die Voyeurin. Meine Knie wurden weich. Was die beiden Frauen hier miteinander machten, ging weit über meinen Vorstellungshorizont hinaus.
Diese schlichte Romantik, der Duft der Pinien, das entfernte Meeresrauschen... die perfekte Kulisse zu einem Kitschfilm. Die beiden rieben ihre Körper aneinander. Dann schob Jana ihrem Gegenüber die Träger des Kleides über die Schultern. Ihre Liebespartnerin trug ein Collier, das bei bestimmten Bewegungen funkelte. Sie warf den Kopf zurück, und Jana küsste ihren Hals. Wie begehrenswert meine Schwester wirkte – ich verstand jetzt erst all die Männer, die ihr nachstarrten, als wären sie schwachsinnig. Jana hatte diese perfekte „S“-Form, die durch ihr dunkles Kleid vorteilhaft verstärkt wurde. Von der Seite beschrieb ihr Busen und ihr Hintern wirklich eine Art „S“. Bald darauf liebten sich die beiden mit nacktem Oberkörper. Was möchtest Du wissen, lieber Leser? Jana hat etwas kleinere Brüste als ich; im Mondlicht wirkten sie milchigweiss und rund. Die Blonde küsste Janas Busen, wieder und wieder, und ging dann in die Knie. Sie befreite Janas Füsse von den Sandalen und begann, deren Zehen abzulutschen, einen nach dem andern. Jana begann zu kichern und sagte wieder etwas auf deutsch. Woher konnte meine kleine Schwester plötzlich deutsch? Hatte ich sie unterschätzt? Die Blonde schob Janas Kleid hoch, bis über die Knie, und verschwand mit ihrem Kopf in der „Unterwelt“ meiner Schwester. Das Bild war eindrücklich: Da war diese von Pinien gesäumte Lichtung, das diffuse Mondlicht... und direkt vor mir stand meine Schwester. Zu deren Füssen kniete eine Frau, die sich jetzt an Janas Oberschenkeln hoch tastete -leckte, -küsste und –kitzelte. Jana presste ihre Lippen zusammen und bog sich nach hinten. Sie wirkte wie ein gespannter Pfeilbogen und federleicht zugleich. Ihre Brüste schenkte sie der Nacht. Sie spreizte die Beine, so gut dies im Abendkleid eben ging, und öffnete sich der Frau unter ihr. Ich spürte, wie ich selbst feucht wurde. Dieser zutiefst sinnliche Anblick... das war zu viel für mich. Ich öffnete meine Jeans und schob die rechte Hand in meinen Slip. Ich begann, mit mir sachte, aber inständig zu spielen. Ich kniete mich hin und streichelte meine Brust mit der Linken. Mit kreisenden Bewegungen ertastete ich meine heisse Muschi und beobachtete die Erregung meiner Schwester. Die Blonde kam unter Janas Kleid hervor und keuchte. „Zieh Dich ganz aus!“ befahl sie in energischem Ton und half Jana aus ihrem Kleid. Jana trug einen Seidenslip; die Blonde bearbeitete jetzt die Pobacken meiner Schwester. Dann riss sie sie zu Boden. Kurz darauf waren beide Frauen nackt und wälzten sich auf dem Waldboden. Die Blonde vollführte rhythmische Zuckungen und bewegte sich auf meiner Schwester, die all das erwiderte. Dann wechselten die beiden die Stellung und saugten sich aneinander fest, Muschi an Muschi. In diesem Moment kam ich. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Stöhnen. Ich war Zeugin von Janas bestgehütetem Geheimnis geworden. Frauenliebe wird in Zakynthos noch heute geächtet, obwohl viele Einwohnerinnen wissen: Es gibt sie, diese zärtliche, „andere“ Form der Erfüllung.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 10681

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben