Messerscharf

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Messerscharf

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Madam Lasterhaft

Das Smartphone tanzte vibrierend auf der Tischplatte bis es von dem Latte Macchiato Glas mit dem zweifarbigen Papierstrohhalm gebremst wurde. Braune, glatte Haare beugten sich über das beleuchtete Display. Die vielen, kleinen Sommersprossen zierten Sandras Schultern wie matte Pudersprenkel. Vereinzelt waren sie um ihre markante, aber edle Nase zu sehen. Schnell war das Handy abgefangen als es nun sich zielstrebig in Richtung Abgrund vorarbeitete wie eine Aufziehfigur sich ohne menschliche Führung in eine Richtung bewegte. Waren wohl ein paar Nachrichten, die da hereinflatterten und dem Handy keine Pause gönnten. Die Schnellansicht des Handys bestätigte den Verdacht: Markus war der Absender aller Botschaften. Er war ein sehr interessanter Mann. Fast 1,90m groß, mit schwarzen dichten Haaren und olivfarbener Haut gesegnet. Sandra fühlte noch seine sanften Berührungen an ihren Brüsten, Rücken und Händen als hätten sie sich für immer angenehm auf ihre Haut gelegt als der Abend des Kennenlernens vorbei war. Mit leicht unruhigen Fingern öffnete sie die Einmal-Nachricht ihres Messengers. Es war seine Zeit. Die Nachmittagsvorstellung war beendet. Schon vorab vom Absender so eingestellt, dass diese nur einmal zu öffnen war. Das glattpolierte Tischchen im Café schimmerte Sandra in warmen Brauntönen an.

Im Schatten und schwach eingestellten Displays konnte Sandra erkennen, dass das eindeutig ein ganz netter Penis war, der sich da wie eine große Pinocchio Nase ins Foto drängte und es beinahe ausfüllte. Leicht olivfarben. Das musste seiner sein. Groß und prall hatte sich die Beule angefühlt, die Sandra beim Tanz an ihrem Oberschenkel gespürt hatte. Bald. Ganz bald würde sie prüfen wie er sich in ihrer Lustspalte anfühlte. Ob er sie gut ausfüllte und befriedigte. Ob er ein Könner war. Doch, sie dachte schon. Mit einem Lächeln auf den ausnahmsweise mit zartem Lippenstift geschminkten Lippen war sie sich gewiss über die aufdringliche Geste nach Aufmerksamkeit und drängender Lust ihres Gegenübers. Wie ein Schuljunge wurde das Werk vorgezeigt, das es zu begutachten gab. Das Begehren musste groß sein. Sehr nett anzusehen und doch musste die Begutachtung ein Ende finden, da Sandra sich im öffentlichen Raum befand. Sie brauchte mehr Zwischennuancen und Begehren in Worten statt in einem Dickpic. Seine Gier nach ihr schmeichelte ihr unterschwellig, auch wenn sie dies sich selbst nicht eingestehen mochte. Trotzdem. Stil musste sein. Das würde sie schon noch in den Griff bekommen und ihn dahingehend beruhigen, dass er im sicheren Hafen der dauerhaft befriedigten Sexualbedürfnisse eingefahren war und an einem zugewiesenen Platz anlegen durfte. Zumindest solange er in der Stadt war. Er musste nicht mit seinem Kran in ihren Garten der Lust einfahren um zu beeindrucken. Ein sachtes Klopfen am Eingang der Tür konnte genauso dazu führen, dass sie sich leidenschaftlich hingeben werden würden. Diese Erfahrung würde Sandra ihm schenken, bevor die Zeit und das Zirkusprogramm sie wieder auseinandertreiben würde. Das lastete schon merklich auf Sandras zarter Brust.

Mit erwartungsfrohen Augen standen die Kinder der Zirkusfamilie wie verkleidet in ihren noch zu großen umgekrempelten Zirkuskleidern auf der Wiese und liefen zum Kassenhäuschen. Hinter der Scheibe stand eine junge völlig in anliegendem Glanzstoff gehüllte Frau. „Bin ich noch rechtzeitig?“, haspelte Sandra. „Ja natürlich, solange ich noch da bin geht die Vorstellung nicht los.“, antwortete sie. Sandra wurde bewusst, dass es sich um einen reinen Familienbetrieb handeln musste. 37 Grad brannten auf das Zirkuszelt herunter. Wie das nur gutgehen konnte darin nicht zu verschmachten? Sandra rieb sich ihre Armknöchel, wie sie es öfters tat um ungeklärte Situationen zu übergehen, und schlich in das dunkle Innenzelt durch geöffneten Planen, setzte sich hinten in die letzte Reihe. Die glatten Planken federten leicht unter ihrem annehmbaren Po.

Die Vorführung begann. Nachdem der Clown, der selbst bestimmt nicht einmal vierzehn Jahre alt war seine gespielten erfolglosen Versuche eine Flasche auf einem Stab zum Stehen bringen zu lassen hinter sich gebracht hatte ging er hinter die Bühne um sich nun den festen Gummi vom Gesicht zu ziehen, der seine rote Nase auf die eigene gepresst hatte. Er hatte das Publikum belustigt und angeheizt. Er beugte sich auf die Seite und tankte gierig Wasser nach wie eines der Kamele, dass sich bei ihm befand und ihn fragend kauend anblickte. Mit dramatischer musikalischer Untermalung und vollmundigen Worten wurde Markus angekündigt. Die Tiere hinter dem Vorhang spürten auch die vertraute Anspannung die in der Luft lag und schnaubten, scharrten mit den Hufen und oder warfen ihre Köpfe hin und her. Markus dunkle Augen gingen in das gleißende Licht und ließ sich vom Applaus auffangen. Er war bereit für seine Supernummer. Er hatte geübt wie ein Besessener. Wie eine Infusion voller berauschender Mittel wirkte der Beifall und das Licht auf ihn. Gestern noch hatte das Leben im Zirkus sich wie ein Prokrustesbett angefühlt, als sie im allabendlichen Abendessen die Kosten für das neue Zirkuszelt besprochen hatten. Die künstlerische Freiheit wurde immer wieder in den Zwängen der menschlichen Existenz und betriebswirtschaftlichen Fragen unterworfen. Wie unverfänglich und frei hatte sich die Haut der Tanzpartnerin da angefühlt, und ihm die Sorgen wie Gift aus den Adern gesogen mit jedem Kuss, den sie so leidenschaftlich ausgetauscht hatten. Eine neue Zeit sollte kommen. Die Varietés der Nachbarstädte suchten auch dringend Schausteller. Der Geschmack eines neuen Lebens keimte in ihm auf. Vor der Zirkusnummer war Markus voller Adrenalin und bis zum unerträglichen Maß durchzogen von Begierde, dass er den Gedanken an den gestrigen Abend nicht mehr aushalten konnte. Er verzog sich in seinen Wagen um Hand anzulegen. Er knöpfte seine Hose auf und rieb den harten Schwanz in seinen Händen. Mit geneigtem Kopf schloss er die Augen und träumte vom ersten Traumtanz mit der Schönheit zu zweit. Er würde ihre glatten Haare zwischen seinen Fingern hindurchgleiten lassen während er Sandras zarte Schultern küssen würde. Ihr Duft würde sich in seine Nase saugen lassen. Nie mehr wollte er etwas anderes riechen. Er war benebelt und musste seinen Dolch in sie drängen. Markus war ein Mann der Tat. So sollte Sandra wenigstens aus der Ferne etwas von seinem Intermezzo haben. Sehen, auf was sie sich freuen konnte und was sie gerade verpasste. Durch ihre seidene Strumpfhose hatte er ihre Feuchtigkeit ebenso gespürt wie den Druck ihrer Oberschenkel, die ihn an sich gepresst hatten.

In der Mitte der staubigen Manege stand er. Das Mannsbild mit Hemd und Anzug. Edel und doch dem Kitsch des Zirkus nicht abgeneigt was an den auffälligen Knöpfen zu sehen war. Nachdem er die bestimmt abscheulich schmeckende Flüssigkeit in seinen Mund aufgenommen hatte blies er stoßweise diese in die Luft und lockte dabei die furchterregendsten Flammen hervor. Zum Schluss stand die sogenannte Lila Flamme auf dem Programm. Eine vier Meter hohe Lichtskulptur. Als die gigantische Feuersäule beinahe bis zur Kuppel aufloderte fragte sich Sandra für einen Augenblick, ob dies der Grund für das neue Zelt war. Der Mann hatte wie es aussah vor nichts Angst. Eine sichere Warte hatte sie sich da zur Beobachtung ausgesucht. Weiter ohne Furcht ließ er die Glitzerfrau an einem feuchten aufrecht aufgestellten Tisch stehen und Kommandos geben um neben ihr die Messer nur so ins Holz zu treiben. Jede Faser seines Körpers war angespannt und konzentriert. Im nächsten Akt war von einem Stuhl bis zu riesigen Stangen alles Mögliche auf seinem Kinn und wurde ausbalanciert. Als Sandra sich fragte, was dieser Mann denn nicht könne trat die Frau im Strassanzug auf die Bühne. Sie ließ sich einen Reifen nach dem anderen von ihm zuwerfen und lächelte Markus verwegen an. Sandra durchzuckte von Kopf bis Fuß ein Blitz. War Markus vielleicht glücklich liiert mit seiner erotisch anmutenden Hula-Hoop Lady? In ihrem inneren Auge prüfte sie die Gesichter der Kinder. Hatten sie Ähnlichkeit mit ihm? Nein nicht wirklich. Ruhig Blut. Sie versuchte den Gedanken wie eine lästige Fliege wegzuscheuchen und überlegte, wie sie ihn überraschen konnte. Nervös kneteten die Zehen in den Grashalmen des Bodens herum. Der Zirkus war auf einem Feld untergebracht. Sandra fühlte sich in ihrem Begehren total geerdet. Machte ein Foto von ihrem Favoriten. Schickte es ab mit der Botschaft: „Du machst dich großartig. Heute Abend zu mir? Dann verrätst du mir das Geheimnis, wie du so gut schmeckst nachdem du dieses Feuermeer ins Leben gerufen hast.“ Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Manege in der sich nun der Kinderclown mit seiner Flasche erneut abmühte. Suchend schaute er in die Menge hinein. Er würde nicht doch von ganz hinten? Zu spät. Mit seinem Finger zeigte er auf Sandras Nachbarn ein paar Stühle weiter. Der Lichtkegel wanderte zu ihm. Jetzt blendete er so sehr, dass sie nicht wusste wer sie alles erkennen konnte. Der Schweiß rann ihr zwischen ihren blanken Oberschenkeln den Minirock herab. Ihr Handy vibrierte. Doch Sandra wollte nicht durch eine Bewegung die volle Aufmerksamkeit des Clowns erhalten um etwas machen zu müssen vor allen.

So schnell es möglich war warf sie einen Blick aufs Handy als das Licht des Scheinwerfers endlich nicht mehr in ihrer Nähe war. „Hallo meine Lieblingsstalkerin! 😉 Ich dachte ich bekomme ein nettes Foto von dir! Wer sich so gut zu tarnen weiß, darf gerne heute Nacht um halb zwölf in die Manege kommen. Ich lasse mir etwas einfallen. Es wird dir mehr als gut gefallen. Ich hoffe du bist hungrig.“ Was sollte das bedeuten? Also richtig hungrig oder nur im übertragenen Sinne? Sandra sah sich suchend um. Blickte zum Zelthimmel. Nirgends war Markus auszumachen. Wollte er sie auch mit Messern bewerfen um sie dann zu vernaschen oder was war sein Plan für die heutige Nacht? Noch nie schlug Sandras Herz so aufgeregt wie gerade. Wie sollte sie die Zeit bis zum Abend doch nur aushalten!

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