„Und das würde für dich zählen, für den Mile High Club meine ich?“, fragte Lucia und saugte geräuschvoll an ihrem Spritz.
„Schon, aber nur, wenn wir es gegenseitig tun. Wie gesagt, das Kriterium ist: jeder einen Orgasmus, Tausend Fuß über der Erde.“
„Ich dachte eine Meile.“
„Ja klar, das meine ich natürlich.“
„Also kein Sex auf dem Bordklo?“
„Kein Sex auf dem Bordklo.“
Unser Flug ging planmäßig um 21:40 Uhr, aber wegen kleinerer technischer Probleme starteten wir mit zwanzigminütiger Verspätung. Unsere Plätze in der Economy-Class hatten wir klug gewählt. Wir flogen mit einer Boeing 747-8, und ChatGPT empfahl uns die Reihen 45-47, und zwar ganz konkret die Sitze B und C beziehungsweise H und J. „Diese Reihen sind in einer 2-4-2-Konfiguration angeordnet, was mehr Privatsphäre für Paare bietet“, so der Chatbot im O-Ton. Wir wählten 47 H und J. Das ist ganz hinten im Flugzeug, nahe den Toiletten. Nur für den Fall ...
Nachdem wir das typische lieblose Plastikessen der Economy-Class vertilgt hatten, machten wir uns bettfertig für die Nacht. Sowohl Luisa als auch ich hatten uns für den Flug sehr casual angezogen: Jogginghosen, Yogapants und Hoodies. Nicht nur, weil man in lockeren, weiten Klamotten besser schlafen kann, sondern auch, weil man so leichter an die wichtigen Körperstellen kommt, ohne störende Gürtel, Knöpfe oder Reißverschlüsse. Ich hatte zudem die weitesten Unterhosen angezogen, die ich finden konnte, um neugierigen Fingern ihre Suche zu erleichtern.
Zunächst chillten wir aber noch ein wenig. Ich zappte durch das Inflight Entertainment Programm, Lucia las in ihrem Kindle. Irgendwann wurde das Kabinenlicht abgedimmt, und das war für mich das Signal, dass wir uns langsam unserem Vorhaben widmen konnten. Ich war vollkommen nervös. Ich hatte auf einmal Angst, dass die Realität meine Lieblingsfantasie zerstören könnte, dass ich es vielleicht doch nicht mögen oder nicht hinbekommen würde, dass ich im entscheidenden Moment einen Hänger hätte. Oder dass man uns erwischte und wir uns bis auf die Knochen blamieren würden und obendrein eine saftige Strafe bezahlen müssten. Der Urlaub in Argentinien war ohnehin viel teurer, als wir uns das eigentlich leisten können, und an Lucias Laune im Falle eines Fails wollte ich gar nicht erst denken. Also tat ich erst mal: nichts. Und schaute weiter in die Glotze.
Mile High Club
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