Monika

Geschichten vom Anfang der Sinnlichkeit

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Monika

Monika

Stayhungry

Er hatte sich angewohnt, die Gesichter der Frauen zu studieren, ihre Bewegungen, ihre Figur. Das war kein Spiel. Es war ein ernsthaftes Suchen um eine seelisch-sinnliche Begegnung, sei es nur für einen Moment und sei es auch, ohne dass die Dame, die in diesem Augenblick all seine Sinne in ihren Bann zog, unbedingt etwas davon bemerken musste.

Das plötzliche leichte Ziehen in seiner Brust, die von äußeren Umständen unabhängige, unvermittelt einsetzende, dezente Beengung der Atmung wurden dabei nicht durch ein bestimmtes Muster an Formen, Haarfarben, Körpergröße hervorgerufen.

*

Sie hatte abgesehen von einer treffsicheren stilistischen Unterstreichung ihres mehr unauffälligen Typs nichts von dem, was ihm erklärlich bevorzugte Attribute anziehender Frauen waren, energiegeladene, tatkräftige Wesen, die auch zu zarten Regungen fähig waren, stark und verletzlich, einfühlsam und wild zugleich.

Monika war forsch, und oft genug ruppig. Freunde und Kollegen nahmen sie überwiegend, wie sie war. Etwas anderes brachte ohnehin keine Verbesserung der Verhältnisse. Letztlich war sie gut gelitten, weil sie mit sich selbst zufrieden war, das Herz auf der Zunge trug und so dann doch nicht besonders schwierig mit ihr umzugehen war. Jeder wußte schnell, woran er mit ihr war, und Hinterhältigkeiten, Verleumdungen oder gar Intrigen hatte niemand von ihr zu befürchten, dazu war ihre schnoddrige Angriffslust viel zu groß. Ihren beruflichen und privaten Verpflichtungen kam sie mit der notwendigen Zielstrebigkeit ohne jeglichen weiterführenden Ehrgeiz nach, wirkliche Hingabe widmete sie nur ihrem Vergnügen. Und dafür tat sie einiges.

Die Nacht machte sie zum Tag für die Jagd, die fortwährende Suche nach dem verlangenden Blick eines Mannes, der sich von ihr nicht mehr lösen konnte. Sie gab nicht die lockende Schüchterne, die sich ankuschelt, sie zelebrierte ihren wahren Charakter und hatte Erfolg. Und der war Selbstzweck, an dauerhaften Beziehungen verlor sie meist bald die Begeisterung. Sie lebte promiskuitiv, fast jeden Mann haben zu können, war für sie ein Lebenselexier, ja mehr noch, eine Droge. Mancher meinte, ihr eine selbstunsichere Persönlichkeit mit Profilneurose zu unterstellen zu müssen, doch das war eine grobe Fehleinschätzung. Sie war selbstbewusst und unabhängig, und wenn es diesen unglaublichen Kick gab, warum sollte sie darauf verzichten?

Ja, warum auch? Natürlich war ihr Lebenswandel bekannt. Doch diejenigen, die meinten, sie als Freiwild und williges billiges Vergnügen einzustufen zu können, zogen sich nur ihren Ärger zu und gingen aus der folgenden Abfuhr öffentlich beschädigt hervor. Sie verstand es, sich Respekt zu verschaffen und wer sie haben wollte, musste sich bemühen und benehmen. Und es war immer ihre Entscheidung. Einfach rumgekriegt hatte sie noch keiner.

*

Er haßte diese Jagd. Und er war süchtig nach ihr.

Jeder weiß, es gibt diese bestimmte Art von Lokalen und mancher weiß auch, wo. An jedem dieser Orte der Begegnung herrschen spezifische Regeln. Es gibt die Treffpunkte, an denen nach wie vor klassisch-konservativ der Mann den ersten Schritt zu tun hat, immer in der Gefahr, zurückgewiesen zu werden, oder mehr noch, sich dem Spaß und Spott von Damen mit unaufrichtigen Absichten auszusetzen.

Diesem demütigenden Ritual setzte er sich nicht aus und er hatte es auch nicht unbedingt nötig. Denn mochte sein Drang noch so fordernd sein, für eine simple Triebabfuhr in derb-obszöner Begegnung war er sich schade, und die Frauen ihm auch. Er brauchte es, das Verlangen zu spüren, dazu reichte es nicht, dass sich irgendeine hergab, wenn nicht die eine, dann eben die daneben. Die Augen mussten einander zum Tanz gefordert haben, einander umschlungen und liebkost, dann war auch eine berührende Begegnung möglich und nicht nur der anonyme Kontakt von gierigem Fleisch auf und in gierigem Fleisch.

Nach den ungeschriebenen Gesetzen anderer Szenetreffs entschieden allein die weiblichen Besucher. Da dem Mann per se unterstellt wurde, es reiche die Erlaubnis, einlochen zu dürfen, um einen Erfolg zu verbuchen, war das Werben der anderen Seite üblicherweise mit erheblich weniger Aufwand verbunden. Die Damen begnügten sich meist mit einer knappen Aufforderung, mehr zustimmendes Abnicken als Einladung.

Dass er in diesem Spiel halbwegs gute Karten hatte, weil er sich gut gehalten hatte, machte es seiner Seele in dieser deprimierenden Umgebung nicht leichter. Denn das war ja zum geringsten Teil sein eigenes Verdienst, und die Grausamkeit dieser Fleischbeschau, die die Akteure auf Kriterien der Zuchtwahl für Paarung und Begattung reduzierte, wurde umso offenkundiger. Dass sich hinter mancher aufgesetzter Maske einer nimmersatten Aufreißerin dann doch eine verletzte, zarte Seele verbarrikadiert hatte, machte die Sache nicht leichter. Denn so hatte sie sich nicht eingeführt in das Ritual, und wenn erst im Spiel die Regeln geändert werden, kann es schwerlich einen einvernehmlichen Ausgang geben.

*

Sie hatte seinen Blick erwidert, und ihrer glich dem seinen, ernst, nachhaltig, kraftvoll, ohne jegliche echte oder kokettierte Scheu, aufmerksam, doch ohne Forderung und – noch – ohne Sehnsucht. Eine Zurückweisung hätte sie nicht verletzen können, denn sie suchte weder eine Schulter, um sich anzulehnen, noch einen charmanten Kavalier, der ihrer Seele schmeichelte. Ein halbherziger, mit sich ringender Bewerber war erfahrungsgemäß kein Garant einer gelungenen Liebesnacht.

Dieser nonverbale Austausch der Wünsche, Sehnsüchte und Absichten war in seiner Erfahrung die aufrichtigste und verbindlichste Art der Werbung um einander. Nur ein einziges Mal war er hierin getäuscht worden, doch letzten Endes musste die Dame sich verbiegen, als sie zu einem viel zu späten Zeitpunkt mit verfehlter Argumentation zurückruderte anstatt sich wahrhaftig zu bekennen.

Monika rauchte in einem Feuer und so bat sie ihn nicht um selbiges. Sie kam einfach auf ihn zu und fragte ihn unverblümt, ob er interessiert sei. Das war nun unstrittig eine rein rhetorische Frage, denn ihre Blicke hatten einander lange standgehalten und erkundet, und während sie ihn fragte, schmiegte sie sich an ihn und küsste ihn mit ruhig fordernder Zunge in den Mund. Gleichzeitig fuhr ihre Hand, verborgen im Schatten ihres Körpers, in seinen Schritt, weniger um sich zu vergewissern als ihm sinnlich zu versichern, dass sie sein Verlangen im wahrsten Sinne erfasst habe. Nur ein unsensibler Betrachter der Szenerie hätte dies als eine obszöne Geste, eine plumpe Anmache oder eine unverschämte Grenzüberschreitung verstehen können, denn es war nach langem Vorspiel, in dem wortlos alle Nuancen der aufeinander gerichteten und sich verbindenden Stimmungen offenbart wurden, ein konsequenter Schritt, der ihr mehr zustand als ihm.

Zwar hatte er jenen zarten Zug in der Stärke ihres Selbstbewußtseins vermisst, der üblicherweise die Tür zu ihm öffnete. Doch ihr Ernst und der Hauch von Härte, der ihrer Ausstrahlung innewohnte, hatten nichts von Verbitterung oder Niedergeschlagenheit. Sie wirkte geheimnisvoll und unverfälscht gleichermaßen, ihr selbstbewusster Stolz machte sie interessant und anziehend. Ihr Kuß, ihre Berührung waren ein Geschenk.

Es war wie immer, wenn er dieses uneingeschränkte Verlangen einer begehrten Frau spürte und mit sehnsüchtig erwarteter Berührung endlich auch körperlich fühlte. Dieser Moment, der Ausblicke auf kommende Freuden gewährte, bereitete unvergleichliche Glücksgefühle. Sein Blut kam in Wallung und heiße und kalte Schauer jagten über seinen Rücken, obwohl ihm schon sein diesem vorausgehender Zustand der Erregung stets als nicht steigerungsfähig vorkam, bis es endlich passierte.

Ihr schien es ähnlich zu gehen, denn ihre Nähe, ihre Zärtlichkeit, die nach außen wie beiläufige Vertrautheit wirken musste, war hitzig, kraftvoll. Hier in Eile zu geraten, hätte vieles zerstört, und das mußte nicht ausgesprochen werden. Sie flirteten, doch nicht in dieser aufgekratzten, überdrehten Art, in der die Erregung noch untauglich verborgen wird in albernem Verhalten. In gut gelauntem Ernst flüsterten sie sich spärliche, gut gewählte Komplimente zu. Es war bereits eindeutig, wie es weitergehen sollte. Einander hierin unaufgeregt zu versichern, war in hohem Maße erregend.

In dieser gemeinsamen Zeit einer langen Vorfreude beobachteten sie so manche Begegnung, in der die Akteure vordergründig schneller handelseinig wurden und so manchen sah man die Anspannung an, mit der sie die Örtlichkeit verließen und dem Ziel zustrebten. Wagemutig gaben sie und er hierzu Kommentare und Prognosen über Verlauf und Erfolg ab, so, als wüssten sie im Voraus, dass es ihnen weitaus besser ergehen würde.

Irgendwann fragte sie ihn schließlich: Kommst Du? und er antwortete nur: Gerne. Es bedurfte keiner weiteren Klärung. Sie steuerte auf ihr Auto zu und er kam gar nicht auf die Idee zu fragen, wohin die Reise ginge.

Und obwohl sie in diesen scharfe-Sekretärinnen-Look gekleidet war mit engem, über dem Knie endenden Rock, tief ausgeschnittener Bluse und reizvollen, aber nicht unüblichen Stöckelschuhen, so ahnte er doch nicht ansatzweise, was ihn erwartete.

*

Nach Ankunft in ihrer Wohnung huschte sie ins Bad. Das kannte er, und wenn dieser Vorgang auch gemeinhin als sich-das-Näschen-pudern bezeichnet wurde, so konnte er dem Plätschern zunächst der einen, dann der anderen Art entnehmen, welche Vorbereitungen sie nun traf. Als sie das Bad verließ, trug sie einen dunkelgrünen Bademantel aus Seide, reizvoll, aber verschlossen, und ging mit ihrer bisherigen Bekleidung auf dem Arm ins Schlafzimmer. Er folgte ihr nicht, da sie ihn nicht dazu aufgefordert hatte und nutzte die Zeit, um es ihr in hygienischer Hinsicht gleichzutun.

Dann setzte er sich auf das Sofa und wartete.

*

Ihre Haltung war im wahrsten Sinn des Wortes perfekt, ihr Rücken gerade, als hätte sie ein Lineal verschluckt, ihr Bauch gespannt, die Brust gereckt, der Kopf hoch erhoben. Ihre ernsten Augen lugten durch den tiefhängenden Scheitel ihrer dunklen, rotbraunen Haare, die bis zu den Schultern reichten.

Sie hätte auch nicht lässiger vor ihm stehen können in diesen Schuhen, deren Absätze so hoch waren, dass es verwunderte, wie sie überhaupt das Gleichgewicht halten konnte. Sie dienten nur als absolut nachgeordnetem Zweck der Fortbewegung, ihre ureigene Bestimmung war die Lust.

Er spürte geradezu, wie sich die Muskeln ihres Unterleibes um sein Glied schlossen in ihrer Anspannung, die Balance nicht zu verlieren, obwohl er sie noch gar nicht berührt hatte. Und in ihrem Blick stand die Erregung wie ein offenes Geheimnis. Sie hatte schon begonnen zu genießen, mehr noch als er, der untätige Betrachter.

Langsam kam sie auf ihn zu, fleischgewordene Symbiose von Kraft und Zerbrechlichkeit.

*

Ihre knappe Schnürkorsage und ihr Slip waren in Schwarz und Hellrot gehalten. Über ihre Hüften verlief ein schwarzer Strapsgürtel, nicht diese billigen, berüschten, schmalen Streifen, die selbst bei perfekter Figur nie richtig sitzen, sobald die Dame sich bewegt, sondern ein festes, formvollendetes Gewebe, das den Lauf ihrer Kurven in idealer Weise betonte. Die schwarzen Strümpfe verliehen ihr im Verein mit diesem sündigen schwarzen Schuhwerk Beine bis zum Hals.

So stand sie, eine Körperlänge entfernt, vor ihm, eine sinnliche Statue.

In diesem schier überirdischen Traum von reizvoller Staffage lag nichts ferner, als sie auf das Sofa zu ziehen. Ihr Schuhwerk und ihre erkennbar gespannte Muskulatur im Bereich ihres Unterleibs schrieen geradezu danach, sie stehend vom Rücken her zu nehmen.

Sie wartete nicht einfach, was geschehen würde. Er betrachtete sie in einem Zustand höchster Erregung. Das sagte ihr nicht nur ihr Blick auf seinen beengten Schritt, davon sprachen seine Augen, seine geröteten Wangen. Gleich ihm atmete sie schwer, denn so verlangend angesehen zu werden, war ein erotisches Hochgefühl. Sie kannte hierbei keine Scham und hatte nicht einmal Angst vor missglückter Pose. Sie wusste um das glückselige Leiden des Mannes in diesem Moment, in dem sein Unterleib zu ihrem drängte und versuchte seinem Blick den Verzicht zu befehlen, um sich dem Körper der Frau zu nähern. Viele Männer hatte sie in diesem Widerstreit der Begierden schon vor sich gehabt und allen war sie eine Göttin. Und so fühlte sie sich auch. Es war immer einfach und das war schön, ihre Mühe der Vorbereitung wurde stets belohnt.

Ihr wissendes Lächeln gab ihr erstmals, seit das Spiel begonnen hatte, fast sanfte Züge. Sie öffnete die Häkchen an den schmalen Verjüngungen des Höschens, zog es zwischen ihren Beinen nach vorne und warf es ihm zu. In dunklem Feuer stand ihre gepflegte Bikinizone über ihrer nun erst zu ahnenden Spalte.

Er schnupperte kurz an dem wie beiläufig dargebrachten Geschenk und bedauerte ein wenig, dass ihm noch kein Geruch anhaftete, dazu war es zu kurz getragen. Dann stand er auf und umarmte sie. Sie umschlangen einander in wilder Erregung, seine Hände strichen verlangen über ihren Rücken, ihre Backen, in ihre Pofalte, ihre Feuchte, nach vorne auf ihre noch bedeckten Brüste, wühlten in ihrem Haar.

Dem animalischen Erbe unserer Vorfahren entsprechend, bei denen der männliche Biß in den weiblichen Nacken die Duldung der Begattung befördert, so schmolz auch sie unter diesen fordernden, wilden Küssen und Bissen dahin. Fordernd öffnete sie sein Hemd, seinen Gürtel, seine Hose. Er entledigte sich seiner Kleidung und entwickelte dabei eine ihrer Anmut und gelungenen ästhetischen Selbstinszenierung vollkommen konträre, unorganisiert drängende Nonchalance.

Das schien sie jedoch nicht zu stören. Während er sich ein Präservativ überstreifte, zog sie das Textil des Büstenhalters ihrer Korsage nach unten, so dass ihre Brüste frei lagen. Ihre Nippel standen frech und erregt gerötet. Sie lachte, als sie seinen gebannten Blick auf ihre lockenden Schönheiten sah. Er war versklavt, und nun würde er ihr Freude bereiten. Sie drehte sich um und stützte sich mit ihren Armen beidseits des schmalen, lebensgroßen Spiegels an die Wand. Ihre Backen lockten in formvollendeter Umrahmung durch ihre Dessous und ihr Eingang ins Reich paradiesischer Freuden war nun als fleischliche Pracht einsehbar.

Es gab kein Halten mehr für ihn. Er drückte sich an sie, Haut auf Haut, umfing sie mit seinen Armen, wollte sie ihre Perle stimulieren, doch sie forderte ihn nur auf: Fick mich!

Auf ihren Stilettos war sie so groß wie er, er konnte ohne die Knie zu beugen, in sie eindringen. Es war göttlich und ihr Stöhnen bewies, dass es auch ihr gut ging.

Manche Frau öffnet sich einfach, das ist ihre Art zu genießen und damit kann man(n) sich in ihr verlieren, muß heftig stoßen, um sich ausreichend zu stimulieren. Das geht gut, wenn es der Wunsch der Frau ist, hart genommen zu werden und sie so auch ihren Höhepunkt erreicht. Ansonsten steht schnell der Vorwurf im Raum, ein rücksichtloser, brutaler Mann zu sein, der dem Empfinden wie auch der Lust der Frau nicht genug Aufmerksamkeit widmet. Das Spiel mit den eigenen Liebesmuskeln praktiziert nicht jede Dame, obwohl das ja nicht nur dem Erleben des Mannes dienlich ist, sondern, wie die Gynäkologen wissen, aber viel zu selten weitergeben, um ein Vielfaches ihr eigenes Genießen steigert.

Sie war feucht und sie war eng, er fühlte ihre aktive Spannung um sein Glied, die Verheißung des ersten Anblicks erfüllte sich. Empfindet man(n) in der Frau die ersehnte Lust, beginnt die Mühe um die Quadratur des Kreises, nicht allzu schnell dem Ziel zuzustreben, sondern beider Lust zu verlängern. Doch sie forderte ihn in eindeutiger Weise auf und er erfüllte ihren Wunsch nach wilder Begattung. Er bemühte sich, ihr in festem Druck in ihr Innerstes zu entsprechen, wenn er selbst sein Kommen befürchten musste und etwas Beruhigung brauchte. Denn ihr heißes Fleisch, ihre wilde Kraft wollte er so lange als möglich verspüren. War der ausstehende kleine Tod auch ein sinnliches Feuerwerk, so machte er seinem Namen erfahrungsgemäß doch alle Ehre.

Wenn er dem gemäß inne hielt, und mit ihr einem Kreisen seines Beckens angemessenen Ersatz zu verschaffen suchte, schlossen sich ihre Muskeln wieder und wieder fest um ihn und im Rhythmus ihrer Kontraktionen atmete sie ihre lustvolle Anstrengung ein und aus. Irgendwann aber ließ sich dieser planvolle Ausgleich zwischen Erregung und ihrer dezenten Beruhigung nicht mehr durchhalten. Er ließ seiner Gier freien Lauf und sie schrie ihre Zustimmung in den von ihrem Atem beschlagenen Spiegel. Er kam tief in ihr und schlagartig schwand jede Kraft aus ihm.

Sie drehte sich um und umarmte ihn, an den Spiegel gelehnt, dann stakste sie auf ihn gestützt zum Sofa und ließ sich fallen.

*

Es folgte kein zärtliches Liebesgeplänkel, für gewöhnlich ein von ihm geliebtes Kind wilder Vereinigungen. Sie begann wieder zu rauchen und knipste dann den Fernseher an. Sie war nicht direkt abweisend und schien mit dem Verlauf der Nacht sehr zufrieden, aber ein kuscheliges Häschen verbarg sich nicht hinter der Fassade des Vamps.

Es gab keine Fassade.

*

Er war etwas ratlos, wußte, hier war er der zartere von beiden. Nun regte sich nicht gleich das Sensibelchen in ihm, denn diese wilde Ekstase, die weit geht und intensiv den animalischen Kern der gegenseitigen Anziehung anstrebte, lag ihm schon sehr. Aber er spürte, wie es manchen Frauen gehen mochte, die sich von einem Moment auf den anderen einem desinteressierten, entleerten Mann gegenüber sahen. Auch wenn sie sich erst an diesem Abend begegnet waren und man wahrlich nicht behaupten konnten, dass sie sich kennen würden, so berührten ihn derartig intime Begegnungen doch immer auch in der Seele, je nach Verlauf im guten wie im schlechten Sinne.

Nun lag sie zwar etwas gelangweilt an seiner Seite, doch ihre Haut, ihr Haar, ihre Scham drangen mit ihren Düften noch durch den Gestank des Tabaks und der Anblick ihrer Figur tat ein Übriges. Sein Körper verlangte eine Fortsetzung und da wurde ihm klar, dass ihr Augenmerk nicht ausschließlich der Glotze gegolten hatte. Denn mit wiederkehrender Härte nutzte sie die Fernbedienung unverzüglich in sympathischer Weise und schob sich verlangend über ihn.

Sie schien dieses Mal kein Verlangen nach einem Akt im Stehen zu haben, doch auch auf allen Vieren oder mit hoch gestreckten Beinen regte ihr Schmuck in Textil und Leder extrem an. Er bahnte sich Wege zu ihrem Geschmack und in ihren Mund und diese genußvolle Balgerei kannte nur Befriedigung.

Die Zeit danach verbrachte er neben einer gleichmütig zufriedenen Sexgöttin, die ein weitergehendes Interesse an ihm nicht erkennen ließ, zu Trübsinn hatte er nach diesem Feuerwerk aber keinen Anlaß. Er wusste einfach, dass es Zeit wurde für ihn, zu gehen.

Sehen wir uns wieder? fragte er so ruhig es ging. Bestimmt. Ihre Antwort bedeutete nun wirklich alles und gar nichts.

*

Doch sie war durchaus bereit zu neuen Taten, auch wenn nichts in den folgenden Begegnungen auf eine Vertiefung von Gefühlen abseits körperlicher Wollust schließen ließ. Doch sie erregte ihn so ausschließlich, dass ein Zwiespalt nicht mehr existierte, sobald er sie sah. Er wollte sie haben und er war ihr verfallen.

*

Und sie zelebrierte jede weitere Nacht in neuer sorgfältig inszenierter Phantasie. Was üblicherweise die Ausnahme ist, bei ihr war es die Regel.

Jede Begegnung mündete in Ekstase.

*

Über die Wirkungsweise dieser weit verbreiteten und dennoch von vielen kopfschüttelnd wahrgenommenen Vorlieben bei Textil und Schuhwerk hatte er seine eigene Theorie. Die Verhaltenslehre beobachtet in verschiedensten Beziehungssystemen von Lebewesen das Phänomen des überoptimalen Reizes. So gibt es beispielsweise im Wechselspiel auslösender Reize zwischen fütternden Eltern und hungrigen Küken solche Zeichen, die denen der Natur kaum noch ähneln, deren Zweck aber erheblich intensiver erfüllen als die naturgegebenen Signale, eben die überoptimalen Reize. Ist die Unterstreichung der weiblichen Figur, die Hinführung zur Scham, die Betonung und Variation des behaartes Dreieck durch Straps, Korsett, Strümpfe, die Streckung und Spannung von Muskulatur und Haltung durch unnatürliches Schuhwerk irgend etwas anderes?

Im Ergebnis ist dies letztlich vollkommen unbedeutend, die Wirkungsweise dieser Accessoires ist beiderlei Geschlecht bekannt. Die einen sind abgestoßen von dem einen oder anderen, vielen ist es egal und manche finden sich zufrieden im exotisch verfremdeten Erleben vertrauter Genüsse. Es gibt eben auch im Sexuellen verschiedene Kulturen. Der Mensch schafft bedeutende Gemälde, Bauwerke, Literatur und erhöht sein ihm gegebenes Wesen, aber im sinnlichen Fühlen sollte dies gering zu schätzen sein? Es muß ja nicht per se schlecht sein, was einem nicht auf Anhieb entspricht. Warum also nicht Gebrauch machen von diesem Geschenk?

*

Monika war nicht so. Ihr hatte kein Mann diese sündige Ausstaffierung unter den Weihnachtsbaum deplaziert, dass sie sie widerwillig und im Gefühl der Herabwürdigung zum Fetisch gebrauchte. Diese Neigung war ihre eigene Lust und wen sie erwählte, der durfte dies mit ihr teilen.

Das Repertoire ihrer Ausstattung umfasste so ziemlich alles, was hoch war, einschließlich dieser Plateausohlen, die ihn an die stilistischen Todsünden der Glamrock-Ara seiner frühen Jugend erinnerten.

Babydoll und Schottenröckchen, Neglige und Catsuit beflügelten seine Erregung nicht annähernd so, wie die Symbole starker, selbstbewusster Weiblichkeit: Korsett und Korsage, Büstenhalter und Strumpfgürtel, Stiefel und Pumps, Lack und Leder.

Verletzlichkeit, Schwäche, Verzweiflung sind auch für eine starke, erfahrene Frau ehrbare Gefühle, sie nehmen ihr nicht das Recht, ihren Kopf hoch zu tragen. In seinem Empfinden ließen diese Regungen sie vielmehr wirklich zu Wesen aus Fleisch und Blut werden. Kindlichkeit, Unerfahrenheit, Unschuld jedoch konnten ihn nicht locken. Diese Art von Schwäche knebelte seine triebhaften Kräfte, und darüber war er immer auch erleichtert.

Doch hier war es anders. Das frivole Spiel mit einer Rolle war keine wirkliche Unterlegenheit, es gefiel ihr nur, sich zu verkleiden, sich zu verwandeln, mit ihrer Lockung Macht auszuüben. Ihr zu Liebe konnte er dem entsprechen und der Gefallen, den sie daran fand, wirkte schließlich doch auch auf ihn anregend, hier eben als sekundäre Funktion ihrer aufwändigen Vorbereitung.

*

Es war ihr Blick gewesen, mit dem sie den seinen erwidert hatte, der ihn gefesselt hatte. Dieser hatte keine Spur von Abwehr geboten, doch auch kein vordergründiges plattes Verlagen verraten, das weder Mann noch Frau gut zu Gesicht steht. Ihr nüchternes Interesse gab sie in unverfälschter Weise zu erkennen, und gerade, wenn man wusste, was es tatsächlich bedeutete, war dieses spröde schnörkellose Verlangen umso erregender.

Mit ihr hatte er einen ungewöhnlichen Schatz gefunden, und damit hatte das Abenteuer begonnen. Denn weder gehörte sie ihm im gebräuchlichen Verständnis zwischenmenschlicher Beziehungen noch wusste er nun, da es wahr geworden war, wie es weitergehen sollte, weitergehen könnte.

Wie selbstverständlich musste er akzeptieren, dass es andere Männer gab, und eigenartiger Weise machte ihm das nicht allzu viel aus, obwohl sporadisch eine atavistische Rivalität in ihm brodelte. Doch diese buhlte nicht um ihre Liebe, nur um ihre Bereitschaft zur Begattung, aber eben nicht in dem Sinne, dass es egal gewesen wäre, ob sie es war oder eine andere. Nur sie trieb ihn um, verstörte seine Träume, nagte in seinem Hirn, wenn er sich des Tages konzentrieren sollte.

Manchmal hatte er das Gefühl, langsam verrückt zu werden. Er rebellierte dagegen, gegen sie. Im Streit zeigte sie ihm gelassen die kalte Schulter und wickelte ihn wortlos um den Finger, wenn sie ihr aufrichtiges Verlangen nach ihm spürte. Er hatte dem nichts entgegen zu setzen.

*

Sie saß an der Bar, sah ihm ernst und fest in die Augen. Sie kam nicht auf ihn zu, winkte ihn nicht zu sich, gab ihm kein Zeichen. Aber dennoch sah sie ihn an, nur ihn. Also konnte er sich seiner Unsicherheit nicht hingeben und ging zu ihr.

Du bist wieder auf der Jagd?

Ja, Du kennst mich doch. Interessiert?

Ja, dachte er sich, Ja und Nein.

Er wollte sie haben, obwohl sie im Alltag nicht viel verband, er wollte sie nicht teilen.

Er wollte sie nicht mehr haben, weil er sie nie haben könnte.

Er wollte nicht mehr mitgehen mit ihr, weil er sich verlor an sie.

Er wollte nicht mehr mitgehen mit ihr.

Nur dieses eine Mal noch.

Ja, sagte er. Das weißt Du doch.

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