Aber heute am Sonntag war der ganze Parkplatz leer und sie hatte genug Platz.
Als Myriam ihren gelben Polo nun so durch die leeren Straßen fuhr, gingen ihre Gedanken zurück zum Freitag.
Sie arbeitete erst seit kurzer Zeit bei der Firma H. J. Spreyer, einer Firma der Klima- und Lüftungstechnik.
Myriam war dort seit ca. drei Monaten als technische Zeichnerin beschäftigt und hatte vor vierzehn Tagen vom Juniorchef den Auftrag erhalten, die Klimazentrale eines Bürohauses zu zeichnen.
Der Auftrag an sich war nichts Besonderes. Sie hatte in einem Konkurrenzunternehmen gelernt und hatte ihre Prüfung mit „sehr gut“ bestanden, war also in der Lage solche Aufträge selbstständig aufs Papier zu bringen.
Hier aber waren zwei Dinge die Myriam etwas unsicher machten. Zum Einen war da der wahnsinnig kurze Termin, morgen am Montag musste sie die Zeichnungen abgeben.
Die Pläne waren zwar fertig, aber das Beschriften und in Tusche nachzeichnen fehlte noch und gerade das war immer sehr zeitaufwendig.
Und dann hatte der Junior ihr noch angedeutet, wenn sie diese Aufgabe zu seiner Zufriedenheit ausführen würde, könnte ihre Festeinstellung um drei Monate vorgezogen werden.
Mit Feuereifer hatte sie sich an die Arbeit gemacht, denn 300,-- Euro mehr im Monat konnte sie sehr gut gebrauchen. Ihr Auto wollte so manches Mal nicht mehr und auch in der neuen Wohnung fehlte noch so manches Stück.
Als Sie dann am Freitag merkte, dass sie den Termin nicht halten konnte, war sie den Tränen nahe. Fehler häuften sich und ihre Unruhe übertrug sich auch auf ihre Kollegen.
Als dann auch noch der Abteilungsleiter, Herr Runge, sie wegen ihrer heruntergefallenen Schmierzettel anblaffte, konnte sie nicht mehr an sich halten. Den Tuschefüller auf den Schreibtisch knallen, aufspringen und hinauslaufen war alles.
Als sie in der Toilette ankam rollten schon dicke Tränen über ihre Wangen. Myriam schloss sich ein und blieb fast eine halbe Stunde dort drinnen. Sie heulte erst aus lauter Verzweiflung über den verpatzten Termin und dann aus Wut über die Rüge ihres Abteilungsleiters.
Sie kam erst wieder zur Besinnung als draußen jemand an die Tür klopfte.
„Myriam?“ Hörte sie ihre Kollegin Heike. „Bist du OK?“
„Ja, ja.“, schnaufte sie zwischen zwei Schluchzern.
„Myriam, komm raus!“, sagte ihre Kollegin. „Herr Runge hat es doch nicht so gemeint. Er ist ganz ratlos und weiß überhaupt nicht, was er getan hat.“
„Hat ja auch nichts getan!“, murmelte sie vor sich hin und schloss dabei gleichzeitig die Tür auf.
„Er hat nur das Fass zum überlaufen gebracht.“
Heike schaute sie mit großen Augen an und sagte: „Mein Gott wie siehst du aus! Das muss dich ja fürchterlich getroffen haben, was ist denn nur los?“, stieß sie hervor.
„Ich schaffe den Termin nicht mehr bis Montag und überhaupt ist mir das alles egal. Sollen die doch zusehen wie sie klar kommen, solche kurzen Termine kann man ja auch nicht halten.“
Als sie das sagte drehte sie den Wasserhahn auf, füllte ihre Hände mit Wasser und kühlte ihr gerötetes Gesicht mit dem kühlen Nass.
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