„Ich bin hinter dem Heizkörper eingeklemmt und kann mich nicht mehr lange halten!“, schrie sie mehr als das sie sprach, durch das auf Klappe stehende Fenster.
„Und wie kann ich ins Haus kommen?“, fragte der Mann recht sachlich zurück.
Daran hatte Myriam noch gar nicht gedacht. Die Eingangstür konnte von außen nur mit einem Schlüssel geöffnet werden und der lag unerreichbar für sie, auf dem Schreibtisch.
„Ich komme nicht an den Schlüssel, er liegt zu weit weg!“, teilte sie ihm mit.
„Ich weiß auch nicht, wie sie hier rein kommen können.“, presste sie unter Tränen hervor.
Doch nun kam Bewegung in den Fremden.
Zuerst stellte er sein Fahrrad so unter das Fenster, dass er es als eine Art Leiter benutzen konnte. Auf dem Sattel stehend griff er mit einer Hand in das aufgeklappte Fenster und zog sich dann mit Schwung auf die Fensterbank.
- * -
Als Torsten sein Fahrrad nun in die Einfahrt des Firmengeländes schob, konnte er die Frau oben am Fenster gelehnt sehen. Er sah, dass ihre Schultern zuckten, wahrscheinlich weinte sie.
Nachdem er mehrmals gerufen hatte und sie sich nicht rührte, hob er seine Stimme etwas an und rief:
„Hallo, was ist mit ihnen? Brauchen sie Hilfe?“
Langsam hob sie den Kopf. Zwei wunderschöne, dunkle und völlig verzweifelte Augen schauten ihn ungläubig an.
Und dann als sie wahrnahm, dass dort jemand war der helfen konnte, nickte sie mit dem Kopf um dann Augenblicke später herauszupressen:
„Hilfe, bitte helfen sie mir!“ Dabei erstickte ihre Stimme fast in einem Schluchzen.
Da sie anscheinend nicht in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Weil sie auf seine Frage, wie er ins Haus kommen könne, nur ausweichend antwortete, - sie käme nicht an den Schlüssel.- Machte sich Torsten mit der Umgebung vertraut und erkannte sehr schnell, dass der einzige Weg durch das Klappfenster führte.
Das Fahrrad als Leiter benutzend hatte er sich binnen kurzer Zeit am Fenster hochgezogen. Die Frau, die mit dem Rücken zum halb geöffneten Fenster eingeklemmt war, schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen über die Schulter an.
Nachdem Torsten mehrfach versucht hatte mit der Hand an den Fenstergriff zu kommen, gab er dieses Unterfangen auf. Sein Arm war einfach zu kurz. Er überlegte, was er nehmen könnte. Ein Stock, irgendetwas stabiles mit dem er drücken konnte.
Da viel ihm plötzlich seine alte Luftpumpe ein, - das könnte gehen - dachte er.
Ohne lange zu überlegen, sprang er von dem Fenstersims nach unten. Hier kam ihm sein wöchentliches Sportprogramm zu Gute. Federnd fing er den Fall ab, um im nächsten Moment schon wieder mit der Luftpumpe bewaffnet auf der Fensterbank zu stehen.
Myriam verfolgte seine akrobatischen Bewegungen und staunte mit welchem Geschick er jetzt daran ging das Fenster zu öffnen.
Ein paar Schläge mit der Pumpe brachten den Griff in eine leichte Schräglage, danach brauchte er den Fenstergriff nur noch herunterzudrücken und das Fenster war auf.
Da das Fenster durch die Klappstellung jetzt nur noch im unteren Scharnier fest war, hatte Torsten Mühe den Fensterflügel festzuhalten und gleichzeitig im Innern auf den Fußboden zu springen. Doch irgendwie gelang es ihm und er konnte das Fenster schließen.
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