Seit zwei Nächten schlief er nun im Keller auf dem alten Sofa. Sie hatte ihn nicht dazu aufgefordert, noch nicht einmal darum gebeten. - Aber er konnte nicht länger jeden Morgen wach neben ihr liegen, verzaubert und verzweifelt zugleich, ihrem gleichmäßigen Atem lauschen, darauf warten, daß sie die Augen öffnete, daß sie sich bewegte. Und das bedeutete für ihn: die Hände falten, sich zusammenkrümmen wie ein Wurm, sie anflehen um ein wenig Nähe, ein bißchen menschliche Wärme, darum, ihre Hand küssen zu dürfen...
Er hatte ihr kühles Nein nicht mehr ertragen können und daß der Tag mit Vorwürfen begann, auch nicht, daß sie ihn als Last empfinden mußte, wenn er so neben ihr lag, so zerbrochen, so ohne jede Würde, hilflos wie ein Kind, das Böses getan hat und dem die Verzeihung verweigert wird...
Aber auch hier, in der Einsamkeit seines Kellerlochs, sah er sie im Wachtraum ständig vor sich. Er sah ihr langes schwarzes Nachtkleid, die zarten Spaghettiträger über den vollen, sonnenbraunen Schultern, diese verwirrenden Spitzenapplikationen dort, wo sein Himmelreich begann, aus dem er nun wohl für immer verbannt sein würde.
Er solle sich beruhigen, hatte sie gesagt, als er am Tag seines Auszugs aus dem Paradies vor ihr auf dem Boden lag, das Gesicht gegen den Teppich gepreßt, er solle sich beruhigen, und dann hatte sie ihm ihre Hand überlassen. Für einen kleinen, unendlich kostbaren Moment durfte er seine vom Weinen feuchten Wangen noch einmal gegen diese kühle, glatte Haut schmiegen, durften seine Lippen sich in verzweiflungsvoller Leidenschaft noch einmal ihrer Finger bemächtigen, die zu soviel Zärtlichkeit in der Lage waren...
Er erinnerte sich nur zu genau: Wenn sie ihn in glücklichen Tagen mit der Hand befriedigte, sie zu mehr nicht bereit war, hatte er sie oft angefleht, ihm doch die Brust zu geben, mit dem Versprechen, daß er dann auch ganz bestimmt sofort abspritzen würde. Sie aber hatte nur amüsiert gelächelt, den Kopf geschüttelt oder ihm bestenfalls ohne ein Wort den Zeigefinger der anderen Hand zwischen die Lippen gedrückt. Und er hatte sich festgesogen, hatte gestöhnt und gewimmert wie ein hilfloses Tier, ganz hingegeben seiner tiefen Schmach und seiner hohen Lust, und es gab kein Halten, kein Zurück. Sie wußte ganz genau, daß mehr nicht nötig war, nur ein Finger ihrer Hand...
Nach dem Fehltritt
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