Nachtschwester

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Nachtschwester

Nachtschwester

Leif Larsson

Sie benötigten eine Weile, um von der rauschhaften Höhe des gemeinsamen Orgasmus herunterzukommen. Chisato atmete tief durch und rappelte sich mühsam auf.
„Nun? Hast du alles mitbekommen?“
„Das kann man wohl sagen. Diese Ben-wa-Dinger müssen eine Wucht sein. Eigentlich ist es ungerecht, dass es so etwas nur für Frauen gibt. Direkt diskriminierend ist das.“
„Nur kein Neid.“, beschwichtigte sie ihn und streichelte seine Kronjuwelen. „Du hast deine eigenen Perlen …Herrjeh! Schau, was du angerichtet hast!“
Bekümmert betrachtete sie den nassen Fleck auf einem der Körbchen ihres Büstenhalters. Kevin grinste sie an.
„Kleckern gehört dazu, hat mal jemand gesagt. An deinem rechten Unterarm hängt übrigens auch etwas von mir.“
Chisato ging zum Waschbecken und entfernte Kevins Liebeselexier mit warmem Wasser.
„Soll ich dir mal etwas zeigen?“
Sie öffnete den Bund und schob die Stretchhose samt Slip über ihre Hüften nach unten. Zum Vorschein kam ein meisterhaft rasierter Venushügel, aus dessen Spalte ein roter Faden hing. Durch Spreizen der Schenkel und Ziehen an dem Faden förderte sie zwei glänzende, durch eine kurze Strippe miteinander verbundene Kugeln zutage. Rasch zog sie die Hose wieder hoch, reinigte den Ben-wa sorgfältig unter dem Wasserhahn und legte ihn auf Kevins Brust.
„Fühlt sich schwer an.“, bemerkte er und betrachtete die unscheinbaren, mit rotem Silikon überzogenen Kugeln.
„Das müssen sie auch sein.“, klärte Chisato ihn auf, während sie BH und Kasack anzog. „In ihrem Innern befinden sich kleinere Kugeln aus einem schwereren Material. Durch das Herumkullern und Vibrieren stimulieren sie sämtliche Nervenenden, die sich in der Nähe befinden, auch den G-Punkt. Man muss sie natürlich richtig festhalten, damit sie nicht herausflutschen, aber das trainiert die Scheidenmuskulatur. Wehe dem Penis, der in einen solchen, durch Ben-wa gestählten Schraubstock gerät …“
Sie nahm den Ben-wa von Kevins Brustkorb und steckte ihn in die Seitentasche ihres Kasacks. Kevin glaubte, ein leises Klacken zu hören.
„Heute brauche ich sie nicht mehr. Und jetzt mache ich dich erst mal sauber und packe dich wieder unter die Decke. Sonst erkältest du dich womöglich noch.“
“Wenn ich dadurch länger dein Patient bleiben kann, wäre mir das nicht unangenehm.“
„Eine Erkältung ist noch kein hinreichender Grund, dich hierzubehalten. Und eine Lungenentzündung wirst du dir meinetwegen kaum zuziehen wollen.“
„Für dich würde ich noch ganz andere Dinge in Kauf nehmen.“, erwiderte er ernst.
„Du bist todmüde und redest Unsinn.“, tadelte sie ihn. Tief in ihrem Herzen jedoch hatten seine Worte sie seltsam angenehm berührt.
*
Chisato besuchte Kevin auch die nächsten Tage regelmäßig. Wenn es ihre Zeit erlaubte, blieb sie nach dem Liebesspiel noch eine Weile bei ihm. Sie führten angeregte Gespräche über die Unterschiede zwischen westlicher und fernöstlicher Lebensweise, stritten über den Sinn und Unsinn deutscher Einwanderungspolitik und diskutierten über Japans ambivalentes Verhältnis zur Atomenergie. Nachdem sie sich in den vergangenen Nächten körperlich näher gekommen waren, lernten sie sich jetzt intellektuell kennen. Doch am Abend bevor Kevin entlassen werden sollte, wartete er zu seinem grenzenlosen Bedauern vergebens auf sie. Die Nachtschwester, die an ihrer Stelle kam, wusste auf seine Frage lediglich zu berichten, die Japanerin habe sich freigenommen.
»Vielleicht ist es wirklich besser so.« dachte er, als er morgens seine Sachen packte. Zumindest Bastian ließ es sich nicht nehmen, ihm seinen Rollkoffer bis zur Eingangshalle zu ziehen. Kevin dankte ihm für seine Hilfe. Gerne hätte er sich auch bei Chisato bedankt, doch sie war in keinem Tagesdienstplan eingetragen. Er setzte sich auf eine Bank, um auf das bestellte Taxi zu warten. Wehmütig dachte er an die furiosen Nächte, die sie ihm geschenkt hatte. Ein leises Geräusch hinter ihm ließ ihn aus seinen trüben Gedanken aufschrecken. Dieses Klackern hatte er doch schon irgendwo gehört! Irritiert drehte er sich um. Chisato stand hinter ihm. In ihrem lila Jersey-Sommerkleid mit dem verspielten Schlüssellochausschnitt hätte er sie fast nicht wiedererkannt. Sie hielt die Schnur mit der Ben-wa zwischen Daumen und Zeigefinger und ließ die beiden Kugeln hin- und herschwingen. Sie waren es, die das Geräusch verursachten.
Kevin sprang auf und lief hinter die Bank, blieb aber auf halbem Wege verlegen stehen.
„Wolltest du mich nicht schon vor Tagen in die Arme nehmen? Wo ist der Gipsverband, der dich daran hindern könnte?“, ermunterte sie ihn. Gerührt schloss er die zierliche Japanerin in die Arme. Seine so lange zur Tatenlosigkeit verurteilten Hände streichelten ihr duftendes Haar, ihren Rücken, ihre Wangen.
„Warum bist du gekommen, Chisato?“
„ich dachte, du könntest eine private Nachtschwester gebrauchen - und gutes Personal ist heutzutage verdammt schwer zu bekommen …“

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