Er bekannte seine Sehnsucht, seiner Liebsten treu zu sein, wiewohl sie seinem Wohlbefinden in sinnlicher Hinsicht zunehmend weniger Engagement zu Teil werden ließ. Er hatte gestritten, er hatte gebettelt, aber sie war vor allem darauf bedacht, sich nicht verbiegen zu lassen.
Oft fühlte er sich wertlos, abstoßend, widerlich, da es ihr schon so schwer war, ihm entgegen zu kommen. Das Bekenntnis, es sei nicht gegen ihn gerichtet, er dürfe das nicht persönlich nehmen, hatte ihm ganz und gar nicht geholfen. Eine intime Zurückweisung ist immer persönlich und selbst wenn der Verstand dann ackert wie blöde, dann kann er die Verletzung nur abmildern, eine Verletzung bleibt es.
Er hatte schwer mit sich gerungen und es irgendwann annehmen können, auf sie zu warten. Dann war ihr Zusammensein auch beglückend. Aber immer wieder meldete sich still in ihm die Sehnsucht nach dem Mehr, die Hoffnung, etwas, das Teil des Lebens und Liebens gewesen war und verloren ging, möge sich wiederfinden.
Er gab sich seinen überbordenden Phantasien hin in Bezug auf ganz konkrete Damen und er wurde ein Meister des Flirts, jener Kunst der sinnlichen Respekterweisung, die niemals eindeutig war, immer als lediglich charmant oder als uneingeschränkt intim gedeutet werden konnte, aber eben immer interpretiert werden musste. Hierbei konnten stets beide Akteure geordnet den Rückzug antreten oder sich in eine verhängnisvolle Affäre stürzen.
Letzteres ließ K. niemals zu.
Interessiert hörte sie zu, unterbrach ihn nicht und ihr Minenspiel bezeugte ihre ernsthafte Anteilnahme. Doch gänzlich ohne Heiterkeit verlief diese Therapiestunde auf der Couch nicht — gelegentlich pupste sie, dann lachte sie unbeschwert und meinte mit entschuldigendem Kopfschütteln: beim Arschficken pumpen die Jungs immer soviel Luft in mich rein.
Auch K. musste lachen und bewunderte ihre absolute Unbefangenheit in intimen Dingen.
*
Was gehört ihr? Was gestehst Du dir zu? Du bist hier, ich bin nackt, das ist jetzt kein ausschließlich nüchterner Geschäftstermin, lachte sie. Du lebst also nicht wie ein Mönch!
Noch während er überlegte, gab sie selbst die Antwort: Das Eindringen ist ihr vorbehalten. K. nickte. Nun bin ich eine dauergeile Dreilochstute, raunte sie ihm lächelnd ins Ohr, und du willst nirgends rein bei mir? Ihr bedauernder Unterton klang aufrichtig, aber in ihren Augen und Mundwinkeln verriet sich der Schalk. K. atmete schwer. Nein, antwortete er heiser.
Dann ist auch die Berührung verboten, denn sie ist im Fühlen schon die Vorwegnahme des Kommenden, der Erfüllung aller Sehnsüchte. Und erst recht gehört ihr das Küssen, denn das ist die gefühlvollste Begegnung zweier Menschen.
Wie recht sie hatte. In seinem Hirn tobte ein Gewitter widerstreitender Empfindungen. Er sehnte sich nach seiner Liebsten, mit der er wahre Intimität entdeckt hatte, und er sehnte sich nach dieser jungen Frau, die in seine Seele vorzudringen suchte, die in der Sinnlichkeit der Abgrenzung noch keinen Vorrang vor der Hingabe gab.
Das Wichtigste in der Liebe ist die Freude beim anderen, fuhr sie fort. Ich freue mich, dass Du mir nah sein willst, dass Du mich begehrst, dass ich Dich errege, alles andere ist keine Erotik, nur schnöder Sex, wie vorhin eben. Der kann sehr schön sein, aber er zieht nicht in der Brust, wenn Du daran denkst und er befriedigt nur den Körper, nicht die Seele, und den auch nur für kurze Zeit.
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