Das nasse Kätzchen

Geschichten vom Anfang der Träume

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Das nasse Kätzchen

Das nasse Kätzchen

Stayhungry

Zum Überschreiten dieser eigentlich harmlosen Grenze des gängig Erlaubten gedrängte Damen quälten sich nur mit dem Anspruch und dann gab‘s kein sinnliches Erlebnis, nur betretene Verlegenheit, die Vorstufe zum erotischen Katzenjammer. Mann hatte einen Blick in seine schmutzigen Abgründe gewährt und frau war verunsichert ob dessen, was da noch im Verborgenen gären mochte.
Nun hatte diese Neigung nichts mit Voyeurismus zu tun, denn der verstohlene Blick beim Austreten der Liebsten bei Wanderung und Fahrradtour weckte keine sinnliche Regung in ihm.
Es ging dabei also um die Zeigefreudigkeit, die Freude der Damen an der jungenhaften Neugier des Mannes, dem wegen der fröhlichen, unbeschwerten, spielerischen Erfüllung gesellschaftlich verpönter Begierden kein Grund zu Scham und Selbstzweifel gegeben war. Unvergesslich waren ihm jene Momente, in denen die Liebste lächelnd in seinem Haar kraulte, während er, zwischen ihren weit geöffneten Schenkeln kniend, gebannt ihren Strahl verfolgte, sich immer wieder mit einem Blick in ihre tiefen blauen Augen versichernd, dass sie ihm wohl gesonnen war. Sie war es, damals.
Ja, gerade in solchen harmlosen Spielereien entstand mehr Intimität als in einem klassischen Fick, in dem die Akteure oft nichts von der wahren sinnlichen Identität des anderen erfuhren, weil sie sich eben — und durchaus befriedigend — an gängige Regeln hielten.
Dass er irgendwann dann doch nicht mehr nur sehen und riechen, sondern auch schmecken und fühlen wollte, entsprang seiner tiefen Sehnsucht, bei vollem Bewusstsein die Welt vergessen zu können, und sei es nur für einen Augenblick. Dazu bedurfte es eines wahrhaft großen Gefüh das schon in der Erwartung des Geschehens übermächtig, in seiner Erfüllung überwältigend war, jenes des vollzogenen Bruchs des Tabus eben.
So war das, und das ließ ihn ratlos und meist unverstanden. Alles geht eben doch nicht, sagte er sich dann immer und gab sich letztlich nur seinen überbordenden Phantasien hin.
Bis Elvira kam.

* * *

Ich glaube, mein Kätzchen wird bald nass! Mit diesen Worten am Telefon bestellte sie ihn wenige Tage nach jener ereignisreichen Nacht auf U 117. Die Hitze schoss ihm in den Kopf und seine Hände zitterten. Ja, ich komme, presste er nur heiser hervor, und begab sich mit weichen Knien in den zu dieser Zeit verlassenen Trakt im Altbau des Dienstgebäudes. Hier waren nur noch Materialausgabe und Kopierservice untergebracht, und die hatten Freitags ab 12Uhr geschlossen.
Elvira erwartete ihn bereits auf dem Flur, und nachdem sie sich vergewissert hatten, dass niemand es bemerkte, betraten sie beide den Raum und verschlossen die Tür hinter sich.
Die Örtlichkeit versprühte den Charme der 1960er Jahre mit grau gesprenkelter Fliesung, vieles schon gesprungen, abgeschlagen. Dazu als Ausstattung hinter der Tür ein paar Garderobenhaken mit Kitteln der Putzfrau, ein paar Schrubbern und Eimern, in der Mitte der linken Wand ein emaillierter Ausguss mit Metallgitterauflage für die Putzkübelbefüllung und — leerung, dazu als fast schon nicht nachvollziehbarer Luxus, ein vom Zahn der Zeit deutlich angenagter Spiegel, gesprenkelt, vom Rand her erblindend, aber noch halbwegs tauglich.

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