Neunzehnte Geschichte … die, mit zwei gänzlich unterschiedlichen Beziehungen

Svenjas Tagebücher

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Neunzehnte Geschichte … die, mit zwei gänzlich unterschiedlichen Beziehungen

Neunzehnte Geschichte … die, mit zwei gänzlich unterschiedlichen Beziehungen

Svenja Ansbach

1993, nach meinem ‚Ersten Mal‘ in Portugal mit Rui passierte erst einmal wenig. Weder schrieb ich ihm, obwohl er mir am letzten Tag seine Adresse in bester Sonntagsschrift aufgeschrieben hatte, noch sah ich ihn jemals wieder.
Ich war jetzt auf der Suche nach einem festen Freund, wurde aber zwei Mal fett verarscht.
So richtig üble Geschichten. Einmal sollte ich Zweitfreundin werden. Also natürlich nicht ‚offiziell‘, nein, das musste ich selber rausfinden, indem ich ihn untergehakt mit einer anderen Schnepfe durch die Stadt laufen sah. Das andere Mal ging es nicht ums Fremdgehen, aber er hatte mich in den ersten Tagen nach Strich und Faden belogen, was seine sonstigen Lebensumstände betraf. Wer wollte schon einen überschuldeten Vollpfosten? Ich jedenfalls nicht!
Ich zweifelte heftig an mir. War ich blond? Stand in Leuchtbuchstaben ‚Doof‘ auf meiner Stirn?
Vielleicht war das der Punkt in meinem Leben, an dem sich die - nun sagen wir mal – sich entwickelnde ‚Sexuelle Aufgeschlossenheit‘ mit einer gewissen Abgeklärtheit, oder sollte ich sagen Abgebrühtheit, mischte.
Aus heutiger Sicht würde ich es kürzer und souveräner beschreiben: ‚Flittchen meets Hexe‘. Ich holte mir in der nächsten Zeit ein paar Mal, was ich haben wollte und ließ auch ein paar geknickte Herzen zurück.

Heute bin ich nicht mehr stolz drauf, auf diese ‚stellvertretende Rache‘, aber so war es eben geschehen.
Ich fing an mich an diese sexuelle Freiheit zu gewöhnen und lernte von den Männern nicht mehr aufs Kreuz gelegt zu werden, jedenfalls nicht aus anderen Gründen als zum Ficken. Ich versuchte damals gar nicht mehr aktiv den ‚Mr. Right‘ zu finden. Das ging ungefähr zwei Jahre so, in denen ich mich nicht vor jedem auf den Rücken geworfen habe, der mir über den Weg lief, aber doch die eine oder andere sexuelle Erfahrung machte.
Ich wohnte immer noch im Schwesternwohnheim – gut und billig - und half mit, den Ruhm und die Namensgebung zu verteidigen, hieß das Wohnheim bei der männlichen geschlechtsreifen und kopulationswilligen Bevölkerung doch halb bewundernd, halb abschätzig ‚Schlüpferburg‘.
Ja, und dann kam doch, quasi aus Versehen, erst Mal Ruhe und Beständigkeit in mein (Sex-)Leben.
Ich hatte nicht nach ‚Mr. Right‘ gesucht, aber er mich gefunden!
Nämlich auf dem Radweg. Ich Tollpatsch hatte es geschafft mit meiner Hose in meine Fahrradkette zu geraten und mich auf dem Radweg so richtig, richtig, lang zu machen, inklusive aufgeschlagenem Knie und vom Asphalt aufgeschürften Händen. Das Rad war natürlich auch im Arsch wegen einer Acht im Vorderrad. Bei allem Schmerz war mir das Ganze vor allem superpeinlich.
Wie Frank Drabbin in „Die nackte Kanone“ wollte ich am liebsten rufen „Gehen sie weiter, hier gibt‘s nichts zu sehen!“

Aber er war sofort zur Stelle um zu Helfen.
Nein, es war keine Liebe auf den ersten Blick, die gibt’s nur bei Rosamunde Pilcher, aber seine Hilfsbereitschaft, seine Fürsorge, auch seine Beharrlichkeit dafür zu sorgen, dass ich nach Hause kam, ließ mich aufmerken.
Das ist bestimmt ein toller Kumpel, dachte ich. Bisher hatte ich nur mit den Hühnern abgehangen, ihr wisst ja, Anett, Isabell und Andrea. Diese hatten aber teilweise schon Kerle am Start, die manches Mal bei unseren Treffen dabei waren. Da fühlte ich mich, so ‚unbemannt wie eine russische Raumkapsel‘, zuweilen ein bisschen verloren.
Aus dem Kumpel wurde innerhalb acht Wochen doch mein Freund.
Ich schau mal, wann war’s …? Ach ja, … hier.

„Dienstag, 11. September 1995
Voll hingeknallt mit dem Rad.
Vorderrad hin, kleinere Schürfwunden.
Hab mich voll geschämt.
Mein „Retter“ heißt Thomas, der ist süß,
… das war süß.
Habe ihn zum Dankeschön für nächsten
Sonntag ins Cafe eingeladen.“

****

„Sonntag, 17. September 1995
War ein schöner Nachmittag.
Thomas ist voll nett. Ein echter Kumpeltyp.“

Verliebt klang das nicht. In den nächsten Wochen sah ich ihn immer Mal wieder allein oder weil ich ihn mit zur Clique schleppte. Aber zunächst dachte ich wirklich nicht an mehr. Vielleicht doch kurzzeitig, dass weiß ich nicht mehr so genau, aber wenn, hatte ich den Gedanken wieder verworfen. Nur ein Kumpel! Ende der Durchsage.
Aber irgendwie kam es anders. Ich blätterte über paar nichtssagende Aufzeichnungen hinweg und stieß auf

„Sonntag, 3. Dezember 1995
1. Advent
Heute ist es passiert. Hat sich so ergeben.
Ich hatte es nicht darauf angelegt.
Aber es ist passiert. Sind wir jetzt ein Paar?“

Ja, wir waren danach ein Paar, für geschlagene drei Jahre. Na ja, - fast. Es ging bis in den Juli 1998. Er hatte aus beruflichen Gründen im Frühjahr umziehen müssen. Das überlebte unsere Beziehung nicht. 650 km war einfach zu viel.
Ehrlich gesagt, war ich irgendwie auch erleichtert. Unsere Beziehung war eigentlich gut gewesen, aber in der Kiste wurd’s mir immer fader. Die Hexe hatte ich im Zaum halten können, keine Eskapaden, kein herzloses Schlussmachen, das hätte ich einfach nicht übers Herz gebracht, aber das Flittchen lärmte ständig in meinem Kopf und verlangte nach mehr.

Ich spielte wieder verstärkt an mir selbst rum, so wie in den guten alten Zeiten vor Thomas, aber das war irgendwie auch keine (Dauer-)Lösung, wenngleich ich es mit der Zeit auf eine erhebliche Fingerfertigkeit brachte und mir selbst mindestens genauso gute Höhepunkte verschaffen konnte als jeder Hengst es vermochte.
Es nahm zuverlässig die Anspannung, aber hinterher, wenn ich auf meine aufgeweichten Fingerkuppen schaute, kreischte die Bitch in mir noch lauter.

Es ist vielleicht bezeichnend, wenn mir der Sex mit Thomas nicht eine Aufzeichnung wert ist. Und das obwohl wir es durchaus auch mal in der Disco auf dem Klo, in seinem Auto auf einem Waldweg und ganz ganz leise im gleichem Zimmer gemacht haben, in dem seine kleine Schwester, die zu Besuch war, auf dem Sofa schlief … oder auch nicht?

******

Nach Thomas kam wieder eine Zeit mit ONS und andere Episoden.
Z.B. die aus dem Jahr 1999 mit meinem kleinen Perversling im Haus, der mir mal so richtig die Bude durchfeudeln musste. Ja, ich meine tatsächlich die Bude, nicht die Musch;-) Also o.k., die auch, aber nur einmal! Aber die Story ( „…die mit den Schlüpfern“) habe ich euch ja schon erzählt.

Aber wie es so ist im Leben: Frei nach dem polnischen Film mit dem Titel ‚Überall ist es besser, wo wir nicht sind‘ wollen wir immer das, was wir nicht haben!
Ich wollte ein aufregendes Sexleben, aber ohne die ‚Jagd‘ vorher, denn die war leider nicht immer erfolgreich. Manchmal kam Frau mit leerem Netz und geflutetem Hafen nach Hause, manchmal sah der Fang zwar nicht wie ein Fisch aus, roch aber trotzdem nicht gut …

Die Lösung glaubte ich in ‚Freundschaft plus‘ zu finden – ein Fick-Buddy musste her! Dieser Gedanke reifte in mir ein paar Monate nach Thomas. Ich meine, ‚Freundschaft plus‘ hieß das damals noch gar nicht. Erst ein Hollywoodstreifen hat später diese Bezeichnung populär gemacht. Ich nannte es damals, glaube ich, ‚Sex ohne Verpflichtungen‘. Heute kennen es aber alle unter ‚fwb – friends with benefits‘.

„Montag, 23. November 1998
Gibt es zwischen ‚Klammerbeziehungen‘
und Eintags-Sex nichts Anderes?
Es muss doch die Möglichkeit geben, seinen
Hormonspiegel zu regulieren ohne den
Beziehungskack, diese ganzen Verpflichtungen?“

Das war der erste Eintrag dazu, den ich in meinem Tagebuch fand. Es folgten noch einige, in denen ich meine Überlegungen weiter ausführte. Am Ende stand Anfang Januar 1999 eine Kleinanzeige im Stadtmagazin (Chiffre natürlich).
Ja, so war das damals noch. Kleinanzeigen! Das Internet steckte noch derb in den Kinderschuhen!

„Gelegentliche Treffen mit oder ohne ….
und keine gegenseitigen Verpflichtungen?
Frau, 25, sucht so etwas. Du auch?“

Das wirkte auf den ersten Blick nicht sonderlich explizit, aber es stand in der einschlägigen Rubrik „Nahverkehr“ und das sagte alles. Mein Alter hatte ich um ein Jahr verfremdet, also ob mich sonst jemand erkannt hätte! Irgendwie süß! Ich musste beim Lesen lächeln, mir stand damals ja ‚Dauergeil‘ nicht in Leuchtbuchstaben auf die Stirn geschrieben.
Die Resonanz war überwältigend. Ein halber Waschkorb voller Briefe von Männern. Von potentiellen Seitenspringern, muss ich leider sagen. Jeder, der sich als solcher zu erkennen gab, wurde gleich aussortiert. Und das nicht aus moralischen Gründen, denn die anderen Schlitzträgerinnen waren mir ziemlich egal, Frauensoli kannte ich nicht. Nein, sondern aus pragmatischen Gründen. Das wurde zuweilen nur unnötig kompliziert und außerdem wollte ich einen flexiblen Toyboy und nicht jemanden, der erst mühsam eine Legende aufbauen musste, nur um ein paar Stunden von der Angetrauten zu verschwinden, wenn er mich bespringen sollte/wollte.

Mit einigen Männern traf ich mich an öffentlichen Orten. In Cafés oder Pinten, quasi zum ‚Casting‘.
Dabei wurden weitere Kandidaten aussortiert. Ungepflegte, unsympathische und die letzten gebundenen, die mir bei der Durchsicht der Briefe durchgeschlüpft waren. Ich hatte eine sehr geschickte Methode entwickelt, die Jungs subkutan zu ‚verhören‘, ohne dass sie das merkten. Manche wollte mir den häuslichen Rochen verschweigen, verhaspelten sich aber dann in der geschickt arrangierten Fragerunde … Goldig ….!

Letztendlich blieb einer über: Markus. Ich nannte ihn, genau wie seine Freunde, Marc. Wir kamen überein, es mal zu probieren.
Merkwürdigerweise ließen wir es langsam angehen. Kein ONS! Erst mal die Kumpelebene checken, ob die sich gut anfühlte. Nach ein, zwei Wochen ging‘s auch endlich in die Kiste. Über das erste Mal hatte ich mir notiert:

„Mittwoch, 17. Februar 1999
Heute habe ich Marc das erste Mal rangenommen.
War so mittelprächtig, aber passt.“

Jugendliche Selbstüberschätzung? Warum hatte ich ihn rangenommen? Vielleicht ja auch er mich? Egal, es muss wirklich mittelprächtig gewesen sein. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern. Ich weiß nur noch, dass es bei ihm war. Nach einem fröhlichen Pokerabend mit seiner Clique war ich geblieben. Und nach dem sich alle getrollt hatten, war es passiert. Ich blieb nicht bis zum Frühstück. Reine Vorsichtsmaßnahme, dass fühlte sich ja sonst wie Beziehung an!
Ab da lief es! Manchmal trafen wir uns nur so, um was zu unternehmen, manchmal trafen wir uns für irgendeine Freizeitaktivität, fickten davor, danach, dazwischen, manchmal trafen wir uns nur zum Zwecke des Austauschs von Körpersäften.
Seit einer Reihe von Jahren war sms erfunden und wir hatten endlich unsere ersten Handy’s. War ja damals alles noch ziemlich teuer.

Es gab Tage, da lief der sms-Dialog durchaus mal so:
„Ficken? Bin Geil.“
„Bei Dir?“
„Ja, mach schnell!“
„Bin unterwegs.“
Weil es einfach praktischer war, hatten wir doch schon nach vier Wochen Schlüssel getauscht, auch wenn sich das ein bisschen nach Beziehung anfühlte.

Hört sich also gut an, so eine ‚friends-with-benefits‘ Geschichte?
Nun, in Wirklichkeit gab es irgendwann Komplikationen. Es gibt immer Komplikationen - aber das ahnte ich am Anfang in diesem Frühjahr 1999 noch nicht.

Zuerst war es wirklich Bombe. Wir rammelten wie die Stallhasen ohne vorherige ‚stundenlange Balztänze‘ wann, wo und wie wir wollten. Mal drei Tage hintereinander, mal zwei Wochen nicht. Glücklicherweise hatte er kein Problem mit meinen Erdbeerwochen, da war ich nämlich immer besonders geil.
Und damit nicht genug! Da wir ja eine unverbindliche Fickbeziehung hatten, trieb ich es ab und an auch mit anderen. Wir sprachen aber nie darüber. Auch wenn Marc mal was anderes am Start hatte, was anscheinend viel seltener geschah, wurde darüber kein Wort verloren.

Nur als die Sache mit Andy passierte … ich glaube das wäre Marcs Ende gewesen, wenn er das mitbekommen hätte.

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