Nur eine Nacht

10 6-10 Minuten 0 Kommentare
Nur eine Nacht

Nur eine Nacht

Justin Zara

Ob es Zufall war, oder vielleicht Schicksal? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass mir diese Begebenheit die wohl aufregendste Nacht meines Lebens beschert hat! Ich war an diesem Abend mit meiner Freundin Kerstin in einer Bar, die neu in unserer Stadt eröffnet hat. Die Werbung war viel versprechend und wir wollten uns den Laden einfach mal ansehen. Als wir gegen 22.00 Uhr dort eintrafen, war noch nicht allzu viel los, so dass wir noch einen guten Tisch in einer der vielen Nischen bekamen. Von dort aus hatten wir den Eingangsbereich und einen großen Teil der Bar im Blickfeld, waren aber nicht gleich für jeden zu sehen. Kurz gesagt, der Tisch war nahezu perfekt! Wir studierten ganz in Ruhe die Cocktailkarte und bestellten dann bei dem schnuckeligen Kellner einen von den exotischen Drinks. Während wir mit den kleinen Cocktailschirmchen rumspielten, beobachteten wir die Neuankömmlinge und fanden für jeden den passenden Kommentar. Wie das bei den Mädels so ist, waren es vielleicht nicht immer die nettesten Kommentare, aber wir hatten viel Spaß und das war die Hauptsache.

Ein paar hübsche Kerle waren auch da und erlangten natürlich sofort unsere Aufmerksamkeit. Mit einem Bewertungssystem von 1 – 10 wurde jedes relevante Körperteil genauestens unter die Lupe genommen und benotet. Es waren sogar ein paar Typen dabei, die es in der Gesamtwertung auf eine 8 brachten, was wirklich für unsere Kriterien schon ziemlich gut ist. Kerstin probierte dann natürlich auch gleich, mit einem der „8er“ Blickkontakt aufzunehmen. Wie nicht anders erwartet, gelang ihr das auch blitzschnell. Sie sah aber an dem Abend auch einfach umwerfend aus. Ihre langen blonden Locken hatte sie kunstvoll hochgesteckt und einige Strähnen kringelten sich dabei frech um ihr Gesicht. Das Tiefblau ihres kurzen Kleids ließ ihre Augen richtig leuchten und der knallrot geschminkte Mund gab den perfekten Kontrast dazu. Neben ihr kam ich mir oft vor wie ein graues Mäuschen. Ich war vielleicht nicht gerade hässlich oder so, aber wirkte wohl doch ziemlich blass und unscheinbar in ihrer Anwesenheit. Naja, wie dem auch sei. Kerstin flirtete was das Zeug hielt und schon nach ein paar Minuten kam die „8“ mit seinem Freund und 2 Cocktails zu uns herüber.

Kerstin verfiel sofort in ein angeregtes Gespräch mit ihrem Typen, während sein Kumpel und ich uns beharrlich anschwiegen. Ich hatte auch null Ahnung, über was ich mit dem Kerl reden sollte. Rein gar nichts an ihm gefiel mir oder reizte mich auch nur im Geringsten. Seine blonden Haare hatte er dick mit Gel beschmiert und nach hinten gekämmt und sein dümmliches Grinsen war alles andere als ansprechend. Gelangweilt spielte ich weiter mit dem Cocktailschirmchen herum, lauschte mit halbem Ohr Kerstins Flirtereien und beobachtete wieder den Eingangsbereich. Vielleicht kam ja noch ein Typ herein, der was für mich war. Doch meine Hoffnung erfüllte sich leider nicht, stattdessen fiel mir aber vor Schreck das zusammen geschobene Schirmchen in meinen Cocktail hinein. Direkt in der Tür stand der Mensch, den ich hier am wenigsten erwartet hatte: Mein Ex-Freund Torsten! Er war mit 2 anderen Männern herein gekommen und schaute sich wohl nun nach einem freien Tisch um. Aber was machte er hier? Soviel ich wusste, war er vor ca. einem halben Jahr wegen seinem Job weggezogen. War er vielleicht zu Besuch hier?

Wir waren jetzt schon fast 2 Jahre nicht mehr zusammen, aber ich musste mir eingestehen, dass er wirklich fantastisch aussah. Seine dunklen Haare waren immer noch so wuschelig wie damals und sein Lächeln zog einfach jeden in seinen Bann. Automatisch rutschte ich etwas tiefer in meinen Sitz und hoffte, dass er mich nicht entdeckte. Die Drei fanden dann ein Plätzchen an der Bar und ich konnte sie wunderbar beobachten, ohne dass sie mich sahen. Torsten schien seinen unverwechselbaren Humor noch nicht verloren zu haben, denn während er die ganze Zeit redete, lachten die beiden anderen ständig. Ab und an schaute er einem vorbeilaufenden Mädel hinterher und ich merkte, wie das meinem Herz einen kleinen Stich gab. Ich war wohl nie ganz über ihn hinweg gekommen. Die Trennung war auch alles andere als schön und ich hab ihm sehr lange hinterher geweint, obwohl ich diejenige war, die einen Schlussstrich gezogen hatte.

Als ich ihn da dann so sitzen sah, dachte ich unwillkürlich an unsere gemeinsame Zeit zurück. Wir hatten wirklich sehr viel Spaß miteinander und haben jede Sekunde miteinander bis aufs letzte ausgekostet. Seine Augen blickten mich immer zärtlich an und seine Hände berührten mich ständig auf irgendeine Art und Weise. Jede Berührung jagte mir damals einen Schauer über den Körper und ich musste mich oft zusammenreißen, um nicht in aller Öffentlichkeit über ihn herzufallen. Unsere Beziehung beinhaltete natürlich weitaus mehr als nur Sex, aber der Sex war es, der sich in dem Moment in meine Gedanken einschlich. Diese Gedanken ließen mich lächeln und ich versuchte mein Gesicht ein wenig vor den anderen zu verbergen. Kerstin war ihrem Typen inzwischen schon ziemlich nahe gerückt und schien schon bald an ihrem Ziel zu sein. Sie hatte zur Zeit keine Lust auf Beziehungen und hatte es sich schon fast zum Hobby gemacht, die Männer immer nur für eine Nacht abzuschleppen. Der Kumpel von ihrem Fang kippte sich ein Bier nach dem anderen rein und kam sich dabei wohl ziemlich cool vor.

Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Torsten. Er hatte sich ein wenig gedreht und saß nun mit dem Gesicht in meine Richtung gewandt da. Noch immer scherzte er mit seinen Kumpels herum und lachte sehr viel. Sofort fielen mir wieder seine süßen Grübchen auf, die ich schon damals so sehr mochte. Und dann passierte es, er ließ seinen Blick durch die Bar schweifen und blieb an mir hängen! Ich versuchte mein Gesicht noch schnell abzuwenden, aber da war es schon zu spät, er hatte mich gesehen und erkannt. Seine Unterhaltung verstummte und wir schauten uns eine zeitlang einfach nur an, bevor sich sein Gesicht wieder zu einem Lächeln verzog. Etwas unsicher lächelte ich zurück und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Sollte ich herüber gehen und „Hallo“ sagen, oder sollte ich so tun, als würde ich mich meinem Tischnachbarn zum Gespräch zuwenden? Torsten nahm mir die Entscheidung ab und kam mit langsamen Schritten auf mich zu. Mein Puls schnellte in die Höhe und ich merkte, wie meine Hände feucht wurden. Seine Wirkung auf mich hatte also noch nicht nachgelassen. Als er mir dann gegenüber stand, brachte ich nur mühsam eine Begrüßung hervor und schaute nervös zu Boden.

Torsten lächelte noch immer und schien im Gegensatz zu mir sehr locker zu sein. Er kam um den Tisch herum und quetschte sich neben mich auf die Sitzbank. Er gab mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange und wir unterhielten uns ein wenig. Naja, Unterhaltung konnte man das eigentlich nicht nennen. Viel mehr erzählte Torsten und ich nickte nur und schaute ansonsten angestrengt auf einen Krümel, der auf dem Tisch lag. Er erzählte mir, dass er nur fürs Wochenende in der Stadt war und halt mit ein paar alten Bekannten einen drauf machen wollte. Sein neuer Job schien wohl gut zu laufen und sein Leben gefiel ihm. Er fragte dann auch, was ich so machte und ich ließ mir die Antworten förmlich aus der Nase ziehen. Die Bedienung brachte mir noch einen weiteren Cocktail, den ich ziemlich hastig trank. So langsam machte sich der Alkohol bemerkbar und meine Schüchternheit fiel von mir ab. Zum ersten Mal schaffte ich es, Torsten direkt in die Augen zu sehen und sofort war ich wieder von diesem Blick verzaubert. Meine Gedanken wanderten wieder zu den vielen schönen Erlebnissen mit ihm und die Erinnerungen an seinen Blick in gewissen Momenten machten sich breit. Plötzlich war sie dann wieder da, diese Sehnsucht nach ihm, nach seinen Händen und nach seinen Berührungen.

Ich versuchte mich innerlich noch gegen meine aufkeimenden Gefühle zu wehren, aber es war längst zu spät, meine Hormone tanzten schon Tango und warteten nur darauf, die Oberhand zu erlangen. Auch Torsten schien in die gleiche Richtung zu denken, denn plötzlich beugte er sich zu mir herüber, stupste mich erst sanft mit seiner Nasenspitze an und gab mir dann vorsichtig einen Kuss. Im ersten Augenblick wollte ich mich zurückziehen, doch ich schaffte es nicht und so erwiderte ich seinen Kuss. Diese paar Sekunden ließen die letzten 2 Jahre vollkommen aus meinem Gedächtnis verschwinden. Seine Lippen und sein Geschmack waren mir so vertraut, brachten die alten Gefühle der Nähe und Zusammengehörigkeit wieder mit sich. Der Kellner unterbrach unsere kleine Knutscherei und sagte uns, dass sie nun schließen würden. Tatsächlich waren außer uns nur noch 2 Kerle in der Bar, sogar Torstens Kumpels waren schon gegangen. Hastig tranken wir aus und gingen hinaus auf die Strasse. Ganz selbstverständlich ergriff Torsten meine Hand und hielt sie fest. Es war schon 4 Uhr Morgens und wir wussten wohl beide nicht so recht, was wir jetzt tun sollten. Doch auch hier ergriff Torsten wieder die Initiative. Er stellte sich vor mich, legte seine Arme um seine Hüften und sagte: „Mona, ich kann dich heute Nacht nicht einfach so gehen lassen, bitte bleib bei mir, nur heute. Lass uns die Vergangenheit vergessen und einfach nur zusammen sein. Ich hab hier um die Ecke ein Hotelzimmer, bitte komm mit!“ Bevor ich überhaupt antworten konnte, griff er wieder meine Hand und rannte wie ein kleiner Junge übermütig los. Ich hatte Mühe hinterher zu kommen und wusste auch nicht so recht, ob ich das überhaupt wollte, aber es war wohl zu spät darüber nachzudenken.

Im Hotelzimmer schloss er schnell die Tür hinter uns und drückte mich dann an die Wand, um mich erneut zu küssen. Der Kuss war nicht mehr so vorsichtig wie der erste. Ich schmeckte sein Verlangen und ließ mich mitreißen. Langsam schob Torsten die Träger meines Kleids herunter und küsste meinen Hals und meine Schultern. Er wusste anscheinend noch ganz genau, was ich mochte und verwöhnte mich nach allen Regeln der Kunst. Irgendwann war es dann aber im Stehen zu unbequem und er nahm mich auf seine Arme und trug mich zum Bett herüber. Gemeinsam sanken wir auf die Decke und küssten uns voller Hingabe. Torstens Hände ertasteten jeden Zentimeter meines Körpers und brachten mich fast um den Verstand. Seine Lippen glitten über meine Brüste und immer tiefer. Alles um mich herum verschwand, ich lag einfach nur da und genoss, was er mit mir tat. Es müssen Stunden vergangen sein, denn draußen war es schon hell, als er uns endlich erlöste und mit mir schlief. Ich hörte die Englein singen und fühlte mich wie im 7. Himmel. Anschließend schliefen wir eng aneinandergeschmiegt ein. Als ich aufwachte, schlief Torsten noch tief und fest. Ich realisierte nur schwer, was in dieser Nacht geschehen war, doch als ich es begriffen hatte wusste ich, dass es ein Fehler war. Zuviel war in der Zwischenzeit passiert, als das wir einfach da hätten weitermachen können, wo wir vor mehr als 2 Jahren aufgehört hatten. Ich stand vorsichtig auf und schlich mich aus dem Zimmer und somit auch aus seinem Leben. Die Wochen danach weinte ich mir immer wieder die Augen aus dem Kopf, ich wusste dass ich ihn wirklich liebte, aber es gibt Situationen, da reicht selbst die Liebe nicht aus um glücklich zu sein.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 12177

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben