Nur ein Hauch im Abendwind

3 8-14 Minuten 0 Kommentare
Nur ein Hauch im Abendwind

Nur ein Hauch im Abendwind

Gunter Arentzen

Die Dunkelheit hatte sich über die Stadt gelegt wie ein tiefblaues Tuch aus feinem Samt. Nur vereinzelt glitzerten Sterne. Irgendwo über unseren Köpfen, unerreichbar fern und doch Gegenstand ewiger Träume und Sehnsüchte.
Ein Wind strich über die Dächer hinweg, kroch durch die Straßen und ließ jene erschauern, die noch immer verschwitzt von der Hitze des Tages vor den Schaufenstern standen, die Auslagen betrachteten oder auch auf den Stühlen und Hockern der Eiskaffees saßen, sich einen kleinen Ausklang gönnten.
Es war September, und bald würde der Sommer endgültig zu Ende gehen. Es waren
die letzten, wirklich warmen Tage. Bevor der Herbst kam, mit seinen Stürmen das
Laub von den Bäumen fegte und die Welt in Tristes stürzte. Bevor im Oktober ein
Heer von Nikoläusen die Supermärkte erstürmte, Kinderherzen höher schlagen ließ
und die Eltern bei jedem Einkauf an den Rand des Nervenzusammenbruchs trieb.
Bevor der November kam, mit seinen Laternen und Lichtern, dünnen Stimmchen und
einem lodernden Feuer. Und bevor der Dezember nahte, mit seinen heiligen Tagen.
Erst die Stiefel, artig gefüllt von dem Mann mit der roten Mütze und dem langen,
weißen Rauschebart. Später dann das Christkind mit Nintendo, Chemiekasten und all
den Geschenken, welches es gerade noch tragen konnte und jene, welche Amazon,
Otto und all die anderen Versender offerierten.
Mir ging das alles auf die Nerven. Die verliebten Pärchen auf den Straßen und in den
Restaurants, die scheinheilige Glückseligkeit des Fernsehprogramms und auch Arbeit,
welche mich täglich band.
Es war eine Sinnkrise, welche ich in dieser Zeit durchlief. Von meiner Freundin hatte
ich mich vor Wochen getrennt. Zuckersüß und klebrig wie alter Honig war sie mir
zunehmend lästig geworden. So lange, bis der Punkt kam, die Sache zu beenden
oder in Lethargie zu verfallen. Ich hatte es beendet und war in Lethargie verfallen.
Flucht in eine Arbeit, welche auch keine Erfüllung bot. Roboten, wie es eine
Punkband in den Achtzigern nannte.
Die Dunkelheit hatte sich an jenem Abend über die Stadt gelegt, doch dies sagte ich

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 2691

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben