Ulyss war mein Kindergartenfreund. Der beste Freund, den man sich nur vorstellen kann. Ulyss war mein erster realer Spielkumpel, sozusagen der Fleisch gewordene Fantasiefreund, den ich bis zu jenem Zeitpunkt hatte. Er trocknete meine Tränen. Schenkte mir eine Spielpuppe – zwischen Geburtstag und Weihnacht, damit mir die Zeit nicht zu lang wurde. Klaute für mich ein Gläschen Retsina, den ich mit 5 Jahren zum ersten Mal trank – und gleich wieder ausspuckte.
Wir wurden älter, der Ulyss und ich, trennten uns aber nie. Als logische Folge dieser innigen Kinder- und anschliessenden Jugendfreundschaft erkundeten wir auch unsere Körper – voreinander, gegenseitig. Wir versanken in Rollenspielen. Ich war die Nausikaa, Ulyss spielte den Odysseus. Noch heute spüre ich seine sinnlichen Berührungen, am Bauch, an meinen Brüsten, am Hals. Meine Brüste begannen eben erst zu knospen, und Ulyss betastete sie behutsam, so, als erkundete er einen Schatz oder ein seltenes Meertier. Desgleichen tat er mit meinem geheimen Plätzchen, das mir, nur mir ganz allein gehörte. „Arka“, flüsterte er auf türkisch, während er meinen Popo untersuchte. Ich tat desgleichen mit seinen Lenden, seinem Liebesstab, der mich sehr faszinierte. Besonders gross war er nicht. Aber Ulyss' Liebesstab war der Erste in meinem jungen Leben. Ich stellte damit nicht allzu viel an, spielte einfach daran herum – nach Lust und Laune.
Unsere Eltern waren beide Kneipenbesitzer, nicht wohlhabend, aber es fehlte uns an nichts – zwischen Feta, Souvlaki und Nero, frischem Quellwasser wuchsen wir glücklich auf, wir beide, und als wir zwölf waren, schliefen wir das erste Mal zusammen – im Pinienwald meines Vaters. Ulyss war sehr zärtlich zu mir an jenem Nachmittag – ich erinnere mich genau. Nackt waren wir beide nicht – wir wussten ja nie, wer des Wegs kommen würde. Ich behielt also mein Top an, und das Höschen auch. Ulyss öffnete lediglich seine Shorts, und sein Schwanz, den ich ja bereits im Detail kannte, suchte sich den Weg in meine Liebesöffnung. Wir hatten beide keinen Orgasmus, waren viel zu aufgeregt – aber es sollten noch viele, viele Male folgen – am Meer, am Hafen, auf der kleinen Jacht von Onkel Nikos, in der Einöde von Kephalonia. Ulyss war gleichsam mein Liebeslehrer, und mein Vertrauen in ihn war endlos.
Wir machten es auch vor Ulyss' bestem Freund Mirakis. Ulyss musste zahlreiche Überredungskünste anwenden, bis ich zu diesem Schritt bereit war. Bis zu jenem Moment hatte ich das „Liebe machen“ als etwas Intimes, Vertrautes betrachtet. „Er will ja nur zusehen“, erklärte Ulyss. „Mirakis ist vollkommen harmlos. Er hatte aber noch nie eine Frau und möchte einfach wissen, wie es geht.“ Also mieteten wir uns in einem Stundenhotel in Hafennähe ein – ich betete zu Zeus, dass mich keiner hier erkannte. Zakynthos ist klein. Der Raum hatte hässliches Neonlicht und liess uns blass aussehen. Das Bett stand in der Mitte des Zimmers, was ich ungewöhnlich fand. Wir redeten nicht viel. Mirakis sass auf dem einzigen Stuhl und fixierte mich mit riesigen Augen. Er wirkte auf mich wie ein kleiner Junge – und doch weckte er das exhibitionistische Teufelchen in mir – zum allerersten Mal. Wir küssten uns erst mal, der Ulyss und ich. Ich trug ein rotes Samtkleid; ich erinnere mich noch genau. Ulyss drückte an mir herum, aber irgendwie anders als sonst. „Showtime“, flüsterte er mir ins Ohr. Es ging rasch zur Sache. Mirakis starrte und starrte. Ich zog mir das Kleid über den Kopf und fühlte mich sogleich etwas nackt – nur mit einem Höschen bekleidet. Ulyss knetete meine Arschbacken, und es bereitete ihm sichtliches Vergnügen, dies vor seinem Kumpel zu tun. „Ich werde sie gleich ficken.“ Er redete über mich, als wäre ich eine Fremde, was mich seltsam erregte. Dann landeten wir auf dem Bett. Die Matratze war härter als erwartet. Ulyss küsste mich weich, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich merkte, dass Mirakis rund ums Bett herum tigerte. Er wollte einfach alles sehen – aus unterschiedlichen Perspektiven. Wir boten ihm ein Liebesschauspiel erster Güte.
Bald lag ich unter Ulyss, mit weit gespreizten Schenkeln, bald war ich über ihm – meine Lieblingsposition. Ich liebte es, ihn zu reiten, mit nahezu reglosem Oberkörper, aber mit rhythmischen Hüftbewegungen. So vögelte ich ihn und war die Herrin. Mirakis war hochgradig erregt, atmete hörbar. Ulyss knetete meine Brüste, und ich gab ihm die Sporen, zeigte Mirakis gleichsam meinen Hintern, meine Liebesöffnung, mein Poloch. Egal. Sollte er doch schauen, der Kleine. Das tat er auch ausgiebig – der Orgasmus machte Ulyss und mich nahezu bewusstlos.
„Danke“, stammelte Mirakis, und, noch einmal, „danke“. Wir verliessen den Raum, als wäre nichts gewesen, und nahmen den Hinterausgang. Ich fühlte mich wie ein Flittchen. Ich hatte aber zwei Männer gleichzeitig glücklich gemacht – das erste Mal in meinem Leben.
Dann, kurz nach meinem 17. Geburtstag, lud ich ihn zu mir nach Hause ein. Meine Eltern waren nicht da und ich wusste, dass sie erst tief in der Nacht zurückkehren würden. Auch meine Schwester Jana war abwesend, zurzeit in der Plaka, der Athener Altstadt, direkt unter der Akropolis, bei Verwandten. Ich spürte sogleich, dass Ulyss etwas vorhatte mit mir. Wir verspeisten Tomaten, Mozarella und tranken Ouzo. Ich mag ihn nicht, den Anisschnaps, aber er beduselt angenehm. Ulyss wollte gleich ins Schlafzimmer – und ich auch. Ich war fickrig wie nur was. Ich zog mich aus, wissend, dass Ulyss mich so am aller-allermeisten liebte. Splitternackt, frisch geduscht. Dann kam das Unerwartete. Ulyss zog aus einer Tasche vier Schnüre und eine Augenbinde. Ich konnte gar nicht erst reagieren, so weich waren meine Knie, und ehe ich mich versah, waren meine Handgelenke am Kopfteil des Betts fixiert.
Ulyss leckte meine Achselhöhlen, was mich wahnsinnig machte. „Du kriegst ja Gänsehaut“, sagte er unschuldig und berührte meine Nippel. Ulyss verband mir die Augen. Er massierte meinen Bauch, spielte an der Oberkante meines Haardreiecks. Dann vergrub er sein Gesicht in meiner Muschi. Ich öffnete mich, so weit ich konnte – und Ulyss war blitzschnell. Er band meine Knöchel fest und fixierte meine Beine an den Bettpfosten. Wenn jetzt bloss niemand reinkam! Die Tür war nicht abgeschlossen, meine Familie war zwar weg, aber wir hatten ein „offenes Haus“. Viele Angehörige hatten einen Hausschlüssel – etwa mein Onkel Nikos, der sich gelegentlich Geschirr borgte. Täuschte ich mich, oder waren da Schritte zu hören?
Nein – die vermeintlichen Schritte kamen aus dem Lautsprecher von Ulyss' Handy. Damals hatte noch kaum jemand ein Handy – Ulyss aber schon. Sein Vater war nicht nur Kneipenbesitzer, sondern hatte einen Nebenjob bei der lokalen Telefongesellschaft. Schritte als Klingelton – einer dieser typischen Gags von Ulyss. Er unterbrach das Liebesspiel, ging ran, und erblasste. „Ja, ich komme sofort.“ Und, zu mir „mein Grossvater!“ Er zog sich an, zitternd, und ging quer durchs Zimmer.
„Du kannst mich doch nicht... einfach so liegen lassen, gefesselt, verdammt...“
„Pepe ist tot, verdammt“, schrie Ulyss heiser, warf einen letzten traurigen Blick zwischen meine weit geöffneten Schenkel und verliess den Ort des Geschehens ohne ein weiteres Wort.
Meine Betroffenheit über Pepes Tod überlagerte eine Zeitlang die Wut, die ich empfand, weil Ulyss mich verlassen hatte – derart ausgeliefert. Pepe war ein lieber Kerl gewesen, erst 71 Jahre alt, und er hatte an jeder Hand nur noch drei Finger. Die andern hatten ihm Meertiere abgebissen, wie er immer erzählte. Vermutlich hatte er die Finger aber beim Einziehen der Netze verloren. Das war harte Arbeit; und das Schnurgewebe konnte ganz schön einschneiden, je nachdem, wie fett der Fang war. So oft hatte er uns mit hinaus aufs offene Meer genommen! Es würde nie mehr so sein, wie es war.
Dann kam Wut hoch – Wut auf den verantwortungslosen Ulyss. Grossvater hatte ihm viel bedeutet – klar! Aber wusste er denn nicht, dass wir ein offenes Haus hatten? Ein Haus, in dem nicht nur engste Familienmitglieder ein- und aus gingen? Was, wenn sich etwa Onkel Nikos hierher verirrte? Ich mochte ihn schon, und doch... war da etwas in seinen Augen, das mir nicht so gefiel. Ein lüsternes Glitzern, wenn er mich sah.
Ich versuchte mich zu befreien. Die Schnüre an den Handgelenken schnitten aber nur noch tiefer ein, und ich musste unmittelbar an Pepe denken. Pepe mit seinen Fischernetzen. Ich atmete tief durch. „Alles gut, Anita“, versuchte ich mir einzureden. Ulyss würde zur Besinnung kommen und mich bald befreien. Vorher aber würden wir noch Liebe machen, ich in gefesseltem Zustand, und ich würde das Ausgeliefertsein geniessen, geniessen...
Dann waren da Schritte. Diesmal handelte es sich nicht um Ulyss' Handy-Klingelton. Die Schritte wurden lauter. Das war er, bestimmt. Er kam zurück, um mich zu lieben. Like there's no tomorrow, wie John Lennon sagen würde. Dann hörte ich das Klacken der Türklinke. Mein Herz schlug bis zum Hals, oder noch weiter. „Ulyss?“, mümmelte ich, so gut vernehmbar wie möglich. Keine Antwort. „So sag doch was...“
Er kam näher. Leise, wie auf Katzenpfoten. Ich befand mich in einem Wechselbad der Gefühle – zwischen Erwartungsfreude und Furcht.
Das nächste, was ich spürte, war, dass dieser Er (eine Sie war es wohl kaum) sanft zwischen meine Beine blies. Ja, es mag absonderlich klingen – aber er berührte mich nicht. Blies mir einfach ans Fötzchen. Bis zu jenem Punkt hatte ich nicht gewusst, wie kitzlig ich da bin. „Iiiiih...“, schrie ich – und es hörte sich an wie „Mmmmpfh...“. Der unbekannte Er – bestimmt war es Ulyss – blies unbeirrt weiter. Offenbar machte es ihm Spass, mein Schamhaar einfach zur Seite zu blasen und so meine Labien frei zu legen.
Dann war da etwas, das mir schlagartig bewusst werden liess: DAS IST NICHT ULYSS. Der Geruch nach Kautabak. Ich kannte einen einzigen Menschen, der Kautabak in seinem Mund hin und her schob: Onkel Nikos! Als Nächstes berührte er meine Schamlippen. Sanft zwar, aber es waren die Finger meines Onkels, und die wollte ich da auf keinen Fall haben. Er murmelte etwas Unverständliches, schob mir einen Finger rein. Wenig später hörte ich ein Schmatzen. Er leckte ihn ab. Ich stellte mir vor, wie er da sass, unten, am Bettende, zusammengekauert und Finger leckend – wie ein Affe oder so. Wir waren doch alle mal Affen? Affen fesseln ihre Weibchen aber nicht, vögeln sie freudig und ganz natürlich, zwischen Agaven und Lianen. Nur Menschen brauchen Fetische, Accessoires...
Dann war Onkel Nikos wohl so weit. Er öffnete seinen Reissverschluss. Ich hörte ein Ratschen. Er legte seine Hände auf meinen Bauch. Mit dem Eindringen liess er sich Zeit. Onkel Nikos atmete schwer. Sekundenschnell rasten Erinnerungsbilder durch mein Gehirn. Onkel Nikos, Bruder meines Vaters. Seine Yacht, die wir so lange bewundert hatten bis wir herausfanden, dass er hoffnungslos verschuldet war. Spielernatur. Eine Frau, gelegentlich. Immer ein bisschen auch die tragische Figur in der Familie. Das Kautabakkauen hatte mich schon als Kind befremdet. Gelegentlich hatte ich darüber sinniert, ob er deshalb kaum je eine Frau fand? Wegen dem Kautabak-Geruch?
Zwischen meinen Labien spürte ich etwas. Ich hoffte inständig, dass das kein Onkel-Nikos-Penis war, sondern ein Onkel-Nikos-Finger. Sollte er mich doch befummeln, der alte Lustmolch. Seinen Schwanz wollte ich aber auf keinen Fall in mir. Noch immer spielte er – bedroht fühlte er sich anscheinend nicht.
Dann hörte ich abermals Schritte. Die Tür schwang auf. NIKOS! Die Stimme von Ulyss. Augenblicke später ein hässliches Geräusch. Brechende Knochen. Ein dumpfer, sich unendlich wiederholender Aufschlag. Noch einmal ein Knacken. Dann Stille.
Ulyss musste mich sehr lange lecken, bis ich mich entspannte. Er vögelte mich in den siebten Himmel, zu Zeus und Hera, während sich Nikos mittlerweile wohl bei Charon befand, dem Fährmann, der die Leute in den Hades bringt.
Zum Abschluss leckte mich Ulyss noch einmal unter den Armen. Ich verzweifelte fast vor Lust, für kurze Momente schaffte ich es sogar, die Geschehnisse um Onkel Nikos zu verdrängen.
Dann kamen sie. Rissen Ulyss von mir weg. Ich hörte die Stimme meiner Mutter. „Flittchen, verdammtes...“. Es war sie, die mich befreite. Ich sah nur noch Ulyss' Rücken. Seine Arme waren verdreht, sie führten ihn ab.
Onkel Nikos bekam ich nicht mehr zu Gesicht. Dafür sorgte mein Vater.
Ulyss war mein Kindergartenfreund. Der beste Freund, den man sich nur vorstellen kann. Ulyss war mein erster realer Spielkumpel, sozusagen der Fleisch gewordene Fantasiefreund, den ich bis zu jenem Zeitpunkt hatte. Er trocknete meine Tränen. Schenkte mir eine Spielpuppe – zwischen Geburtstag und Weihnacht, damit mir die Zeit nicht zu lang wurde. Klaute für mich ein Gläschen Retsina, den ich mit 5 Jahren zum ersten Mal trank – und gleich wieder ausspuckte.
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