Peace and Love

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Peace and Love

Peace and Love

Sven Solge

Wie jeden Morgen machte ich mich auf den Weg zum Bäcker auf der anderen Straßenseite, um mir mein Brötchen und die Tageszeitung zu holen.

Der Ladeninhaber wusste schon immer was ich wollte, hatte mein Brötchen schon in der Tüte, während ich mir die Zeitung aus dem Ständer holte. Zwei Euro legte ich auf den Tresen, passt.

„Schönen Tag noch!“, hörte ich ihn noch hinter mir her rufen. Ich hob nur die Hand, um ihm zu zeigen, dass ich ihm das Gleiche wünschte, weil es mir im Moment die Sprache verschlagen hatte.

Die junge Frau, die jetzt in den Laden kam, hatte ich schon öfter gesehen, aber noch nie so nah.

Was mich so fassungslos machte, war ihr Outfit.

Ich schätzte ihr Alter etwa auf Ende zwanzig, aber da war ich mir nicht so sicher, weil ihr Gesicht jugendlicher wirkte.

Sie war schlank, trug eine Jeans mit den obligatorischen Löchern über dem Knie, wie es heute Mode war. Dazu ausgelatschte Turnschuhe, die auch schon bessere Tage gesehen hatten. Das lilafarbene T-Shirt mit dem Peace Zeichen über dem Busen, bestand wohl nur noch aus Löchern, oder war das eventuell ein grobmaschiges Netz? Jedenfalls leuchtete überall ihre Haut durch und von der einen Titte sogar der untere Rand.

Doch das Krönchen war ihr Kopf. Über ihrem ausgesprochen hübschen Gesicht hatte sie ihre langen Haare so zottelig zusammengeknüllt und mit zwei bunten Holzstäben festgesteckt, dass ich unwillkürlich an einen Hubschrauber denken musste. Wenn sie draußen von einem Windstoß erfasst werden würde, hätte sie bestimmt Mühe am Boden zu bleiben. Aber das, was mich fast gegen den Zeitungsständer laufen ließ, waren ihre grasgrünen Haare.

Ich konnte nicht anders, also sagte ich zu ihr, als wir in etwa auf gleicher Höhe waren: „Du bist so eine schöne Frau, warum verschandelst du dich so?“

Sie blieb abrupt stehen und musterte mich von oben bis unten und meinte dann mit triefendem Hohn in der Stimme: „Damit ich von so alten, geilen Böcken wie dir, nicht angequatscht werde!“

Mir blieb bei dieser Ausdrucksweise die Spucke weg. Sie schlurfte an mir vorbei und ließ mich stehen.

Wie im Nebel ging ich über die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten. Erst das Hupen eines Autos brachte mich wieder zur Besinnung. Ich entschuldigte mich, bei dem Fahrer und machte, dass ich in meine Wohnung kam. Aber dieses Zusammentreffen beschäftigte mich noch den ganzen Tag und am meisten machte mir zu schaffen, dass sie mich „Alten, geilen Bock!“, genannt hatte.

Ok, ich war mit meinen 47 Jahren nicht mehr der Jüngste, aber immer noch im besten Mannesalter. In der Nacht träumte ich sogar von ihr und der Traum spiegelte das wider was ich in ihr gesehen hatte. Eine wunderschöne, junge Frau! Die in meinem Traum all diese hässlichen Details Stück für Stück ablegte und sich mir so nackt präsentierte, wie Gott sie geschaffen hatte.

Ich erwachte mit klopfenden Herzen und einer Latte, die schon leicht schmerzte.

Auch die nächsten Tage ging mir dieser Buntspecht nicht mehr aus dem Sinn. Was hatte ich schlimmes zu ihr gesagt, damit sie so ausrasten musste?

Jeden Morgen wenn ich den Laden betrat, befürchtete ich, dass sie mir wieder über den Weg laufen würde, doch ich sah sie nicht wieder.

Einige Monate vergingen und ich hatte diese Begegnung schon vergessen, doch wie sagt man immer so schön: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben! Ich war gerade im Baumarkt und suchte ein Spritzmittel für meinen kleinen Apfelbaum, den ich selbst gezogen hatte. Der zeigte an den Blättern braune Stellen und der Berater an der Info meinte das ist Rost und da hilft Netzschwefel. Hatte ich noch nie was von gehört. Also machte ich mich auf, in die Giftabteilung.

Auf dem Weg dorthin, sah ich, wie eine junge Frau sich abmühte einen Sack Zement auf ihren Plattenwagen zu hieven.

50 kg sind für einen Mann schon eine große Last, davon konnte ich als Handwerker ein Lied singen, aber eine zierliche Frau hatte da so ihre Probleme. Ich zögerte also nicht lange, tippte ihr auf die Schulter und sagte: „Kommen sie, ich helfe ihnen eben!“ Etwas erschrocken trat sie einen Schritt beiseite.

Ich packte den Sack und legte ihn auf den Wagen. Noch einen, fragte ich und schaute sie dabei an? Irgendwie kam mir dieses hübsche Gesicht bekannt vor, aber ich konnte nicht sagen, wo ich es schon Mal gesehen hatte.

„Oh ja, bitte noch einen, mein Vater braucht zwei, er will unsere Terrasse neu verlegen.“

Wieder schaute ich sie an und meinte dann: „Da hat ihr Vater aber sehr viel Vertrauen in die Kraft seiner Tochter gelegt.“

„Er hat mir gesagt ich sollte mir von den Angestellten helfen lassen, aber von denen hatte gerade keiner Zeit, deshalb habe ich es selber versucht. Hätte nicht gedacht, das 50 kg so schwer sind.“

Wieder blitzte bei mir ein Erkennen durch den Kopf, aber diese schöne Frau hatte ich noch nie gesehen, wahrscheinlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Bekannten von mir, ich wusste es nicht?

„Und wie wollen sie den Zement jetzt in den Kofferraum ihres Autos bekommen?“, fragte ich, weil ich genau wusste, wie schwierig gerade Kofferraumkannten zu überwinden waren.“

„Ich habe den Kombi meines Vaters dabei, aber sie haben recht, wenn ich den noch nicht Mal auf diesen Wagen bekomme, wird es am Auto noch schwerer.“

„Ok, ich hole mir eben noch mein Spritzmittel aus der Gartenabteilung und dann treffen wir uns an der Kasse.

Ich wandte mich zum Gehen und sah ihr erneut ins Gesicht und da bemerkte ich, dass sie mich sehr nachdenklich ansah, dachte mir aber nichts dabei und machte mich auf den Weg zum Gartencenter. Schnell fand ich das, was mir der Berater empfohlen hatte und ging zur Kasse. Als ich dort ankam war von mein Bekannten/Unbekannten nichts zu sehen. Sollte sie etwa schon zum Parkplatz gegangen sein?

Ich schaute mich um und da sah ich sie! Das Leichtgewicht hatte schon Mühe, den Plattenwagen zu schieben. Sie stemmte sich mit aller Kraft gegen die Holme des Wagens und brachte ihn trotzdem nur zentimeterweise voran. Ich eilte ihr entgegen und nahm ihr das schieben ab. Mein Spritzmittel deponierte ich so lange auf der Ladefläche des Wagens, um beide Hände frei zu haben.

Wir erreichten ihren Wagen und ich lud die beiden Zementsäcke auf die Ladefläche. „Ich bringe eben den Wagen weg!“, sagte ich zu ihr und als ich zurück kam bedankte sie sich bei mir mit Küsschen auf die Wangen. Ich winkte ihr noch hinterher und hing den Gefühlen nach, die sie bei mir hinterlassen hatte. Woher kannte ich die Frau? Erst als ich in meinem Wagen saß, bemerkte ich, dass mir etwas fehlte. Sie hatte mein Pflanzenmittel mitgenommen.

Egal, schnell lief ich noch mal in den Baumarkt holte das Spritzmittel erneut und fuhr nachhause.

Der nächste Tag war ein Samstag, ich schlief etwas länger, machte mich nach dem Duschen auf zum Bäcker, um mir mein Brötchen und die Zeitung zu holen.

Der Ladenbesitzer begrüßte mich außergewöhnlich freundlich: „Ich habe was für sie!“ Er bückte sich hinter den Tresen und holte ein Paket hervor und ich erkannte sofort mein Spritzmittel.

„Woher h…?“ Wollte ich fragen, doch er grinste mich nur an und nickte mehrmals in meine Richtung. Es dauerte etwas, bis ich begriff, dass ich mich umdrehen sollte.

Und da stand dieses zarte Geschöpf vom Vortag und dieses Mal wusste ich, woher ich sie kannte, das Hubschrauber-Mädchen, die mich einen alten, geilen Bock genannt hatte!

Sie sah so ganz anders aus! Hatte lange, blonde Haare, wunderschöne Augen und hatte dieses Mal keine löchrige Jeans an, sondern trug einen kurzen, grauen Rock und eine weiße Bluse. Was für eine Verwandlung!

Als sie jetzt auf mich zukam, wurde ich doch etwas unruhig, was hatte sie vor? Ich wollte zurückweichen, stieß aber sofort gegen den Tresen.

Und plötzlich hielt sie mir die Hand hin und sagte: „Ich möchte mich entschuldigen für das, was ich vor ein paar Monaten zu ihnen gesagt habe. Es tut mir sehr leid. Es ist mir leider erst eingefallen, woher wir uns kennen, als ich zuhause war.“

Ich nahm ihre Hand und spürte die Wärme, die ihre Worte bei mir auslösten auch in ihrer Hand.

„Ja, ich habe gestern auch gegrübelt, woher wir uns kennen. Aber an den Buntspecht hätte ich jetzt nicht gedacht. Du hast dich sehr zu deinem Vorteil verändert! Ich bin Gerd und wie heißt du?“

„Wieso Buntspecht?“, fragte die hübsche vor mir nach.

„Na weil du damals so bunt ausgesehen hast und einen frechen, spitzen Schnabel wie ein Specht hattest.“

Der Buntspecht gab jetzt so ein lustiges Lachen von sich, dass ich unwillkürlich mitlachen musste.

„Ich heiße Juliane, aber Buntspecht finde ich auch ganz passend!“, wieder gab sie dieses köstliche Lachen von sich.

„Sag mal, hast du schon Gefrühstückt? Ich würde dich sonst gerne zu mir einladen! Ich wohne gleich drüben auf der anderen Straßenseite. Natürlich nur wenn du keine Angst vor so einem alten, geilen Bock hast, wie mir! Ich würde dich gerne etwas näher kennen lernen und wie es zu dieser wunderbaren Verwandlung gekommen ist?“

Zu meiner großen Überraschung sagte sie spontan zu. „Vor so einem netten, etwas älteren, aber ausgesprochen hilfsbereiten und kräftigen Herrn, habe ich keine Angst. Ich würde gerne mit dir Frühstücken!“

Ich nahm noch zwei Brötchen mehr mit und wir schlenderten zu meiner Wohnung.

Der Buntspecht (Juliane), war eine ausgesprochen fröhliche Unterhalterin. Während ich das Frühstück vorbereitete, inspizierte sie meine kleine Wohnung. Immer wieder hörte ich erstaunte Ausrufe, um dann kurze Zeit später um die Ecke zu gucken, um mir zu erzählen was sie so beeindruckt hatte.

„Frühstück ist fertig!“, rief ich und Juliane kam sofort.

„Ich habe richtig Hunger!“, sagte sie und als sie das Rührei sah, das ich noch schnell gemacht hatte, meinte sie: „Ältere Herren haben doch ihre Qualitäten, die wissen was Frauen mögen!“

Ich konnte mir nicht verkneifen zu sagen: „Ältere Männer haben ja auch mehr Erfahrung und das nicht nur wenn es ums Essen geht!“

„Was meinst du damit?“, fragte sie mit vollem Mund, weil sie sich gerade eine Gabel voll Rührei in den Mund geschoben hatte.

Ich wollte das nicht vertiefen, weil mir meine Erinnerung von unserem ersten Treffen und meinem Traum von ihr, etwas zu schlüpfrig erschien.

Deshalb fragte ich sie: „Was hat dich veranlasst dein Aussehen wieder zu normalisieren?“ Dabei schaute ich sie an und entdeckte die süßen Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken.

„Du warst der Auslöser!“

„Ich? Wie das?“

„Nun als ich zuhause ankam und meinen Eltern erzählte, was ich gerade erlebt hatte, sagte mein Vater nur: >Er hat recht!<

Im ersten Moment war ich wie geplättet, mein Vater, der immer hinter mir stand, gab einem Fremden Mann recht! Das konnte ich nicht glauben. Ich war richtig empört und habe ihm einiges an den Kopf geworfen. Nicht so krass wie ich es dir gesagt habe, aber nicht minder verständlich für meinen Vater. Erst später hat meine Mutter mir den Kopf gewaschen und mir gesagt, dass du und mein Vater es nur gut gemeint haben. Sie hat fast die gleichen Worte gebraucht wie du:

>Du bist so eine hübsche und attraktive Frau, warum schaust du nicht mal in den Spiegel und schaust dich mal so an, wie ein Mann dich sehen würde?“

„Und hast du es gemacht?“, fragte ich sie.

„Ja aber nicht gleich, dazu war ich viel zu aufgewühlt. Du musst verstehen, ich hatte zu der Zeit eine Freundin. Nicht was du gleich wieder denkst, ich bin keine Lesbe sondern hetero! Aber Lizzy war, oder bessergesagt ist eine richtige Revoluzzerin und sie hat mir mit ihrer Art damals sehr imponiert. Wir beide waren immer auf Krawall gebürstet und sind so manches Mal an einer Anzeige wegen Sachbeschädigung oder Beleidigung vorbei geschlittert. Aber deine Anmache…“

„Das war keine Anmache!“, unterbrach ich sie. „Eher als ein Kompliment gedacht!“

„Ich weiß, im Nachhinein sehe ich es auch so und bin dir und meinem Vater auch sehr dankbar dafür. Aber zu dem Zeitpunkt hätte ich auf jeden noch so nett gemeinten Spruch aggressiv reagiert.“

„Aber was ist passiert, dass du deine Ansichten so schnell geändert hast?“

„Lizzy wurde verhaftet, weil sie einem Mann in der U-Bahn das Knie in den Unterleib gerammt hat, weil er sie angeblich unsittlich berührt hatte. In Wirklichkeit musste der Fahrer der U-Bahn eine Notbremsung einleiten, weil auf dem Bahnhof etwas auf die Gleise gefallen war. Zeugen haben das Bestätigt und Lizzy ging in U-Haft weil sie sich auch noch gegen die Polizisten aufgelehnt hatte. Das alles und Lizzys Unbelehrbarkeit hat mir die Augen geöffnet und ich habe mich vor den Spiegel gestellt und mich mit deinen Augen und denen meines Vaters angesehen und musste euch zustimmen.

Noch am selben Tag bin ich zum Friseur und habe mir meine Naturfarbe einfärben lassen.“

Juliane trank einen Schluck Kaffee und schwärmte sofort los: „Oh was für ein leckerer Kaffee, der ist ja köstlich!“

„Ja, für meine Gäste ist mir nichts zu teuer!“, prahlte ich etwas und strahlte sie an.

„Du bist schon etwas Besonderes!“, sagte sie mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Dein Spruch von damals hat mir sehr zu schaffen gemacht!“, sagte ich, um etwas von mir abzulenken.

„Wieso?“

Ich trank auch erst mal etwas Kaffee, bevor ich antworten konnte.

„Ich habe sogar in der Nacht von dir geträumt!“

„Wirklich? Was hast du denn geträumt, dass dir eine grüne Hexe die Augen auskratzt?“ Juliane fand das sehr lustig und kicherte vor sich hin.

„Nein, in meinem Traum habe ich dich so gesehen, wie du wirklich aussiehst!“

„Und, stimmt dein Traum mit der Wirklichkeit überein?“

„Was ich jetzt so sehen kann, schon!“

„Wieso, was siehst du denn jetzt nicht?“

Ich zögerte etwas, bevor ich antworten konnte: „Ich habe dich so gesehen, wie Gott dich erschaffen hat!“

„Nackt?“, kam es etwas überrascht über ihre Lippen.

„Ja, und du hast wirklich sehr erregend ausgesehen!“

„Und, hatten wir Sex?“, fragte sie sehr direkt.

„Nein, dazu ist es nicht gekommen, ich bin vorher aufgewacht!“

„Hättest du gerne Sex mit mir gehabt? Hattest du eine Erektion?“, fragte Juliane unverblümt weiter.

„Wow, du willst es aber genau wissen!“, antwortete ich ausweichend, weil es mir langsam zu heiß wurde.

„Und, hattest du?“, ließ sie nicht locker.

„Ja!“

„Was, ja? Hättest du gerne Sex mit mir gehabt oder hattest du einen Steifen?“

Ich fühlte mich total in die Enge getrieben und konnte gar nicht mehr klar denken. Diese junge Frau hatte eine Art an sich, die meine Selbstsicherheit erschütterte.

„Magst du nicht antworten? Ist es dir zu peinlich, dass du geil auf mich warst?“

 

 

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