***Vorsichtig klemmte sie sich sein Rasiermesser zwischen die Knie und durchtrennte die Bänder, die ihre Handgelenke umschlossen. Mary bewegte erleichtert ihre Hände und stöhnte sofort gepeinigt auf, als das Blut schmerzhaft zurück in ihre Finger schoss.
Gerade noch rechtzeitig verschluckte sie den herzhaften Fluch, der ihr auf der Zunge lag, sah erst auf die im Mondlicht glitzernde Klinge und warf dann einen rachsüchtigen Blick auf die, in dem zerwühlten Bett friedlich schlummernde Gestalt.
Das würde ihr der Kerl noch büßen, schwor sie sich und seufzte gleichzeitig leise. Wenn sie nicht jedes Aufsehen vermeiden wollte, würde sie ihm schnell und unbemerkt zumindest seine hübschen blonden Locken stutzen während er erschöpft schlief. Und natürlich, wenn er sie nicht so hervorragend gevögelt hätte.
Mary legte das Messer beiseite und schlich zu dem unordentlichen Haufen seiner Kleidung.
Geräuschlos durchsuchte sie seine Taschen und fand schließlich seine Geldbörse. Schwer lag sie in ihrer Hand und ein verschmitztes Grinsen zog über ihr Gesicht, als sie die Schnüre öffnete und mit spitzen Fingern ein Goldstück heraus fischte. Suchend sah sie sich um und schließlich schnitt sie mit Hilfe des Rasiermessers einen schmalen Streifen Stoff aus den Resten ihrer Bluse, wickelte das Goldstück sorgsam hinein und knotete es sich wie ein Halsband um den Nacken. Dann tappte sie auf nackten Sohlen zu dem großen Fenster im Heck der Kabine und öffnete es vorsichtig. Das Meer lag ruhig und der volle Mond glitzerte silbrig auf dem Wasser, als sie flink wie ein Äffchen am rauen Holz der Schiffswand hinabkletterte. Fast ohne ein Geräusch zu verursachen ließ sie sich ins Wasser gleiten und stieß sich von der Bordwand ab. Dann drehte sie sich auf den Rücken und blickte zu dem Fenster im Achterdeck hinauf, aus dem sie gerade geflohen war.
Bald, dachte sie, bald zeige ich dir, dass auch ich einige hübsche Spielchen kenne.
Noch einen Moment ließ sie sich treiben und hätte zufällig in diesem Moment einer der Seeleute in ihre Richtung geblickt, so wäre der Hafen am nächsten Morgen erfüllt gewesen von einer neuen Geschichte über die nackte Meerjungfrau, die im Mondlicht zwischen den Schiffen umher schwamm.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.